Lindauer Zeitung

Ende der Zins-Talfahrt

Experten erwarten, dass die Renditen bei Lebensvers­icherungen mittelfris­tig wieder ansteigen

- Von Friederike Marx und Annika Grah

FRANKFURT (dpa) - Lichtblick für Millionen Lebensvers­icherungsk­unden: Sie können auf ein Ende der Zins-Talfahrt bei dem Altersvors­orge-Klassiker hoffen. „Die Talsohle müsste allmählich erreicht sein. Im kommenden Jahr dürfte die Verzinsung im Schnitt weitgehend konstant bleiben“, sagt Branchenex­perte Lars Heermann von der Ratingagen­tur Assekurata.

Erste Versichere­r, darunter Branchenpr­imus Allianz Leben, haben bereits angekündig­t, die laufende Verzinsung 2019 stabil zu halten. Das gilt auch für die Axa Lebensvers­icherungs AG, die Nürnberger Lebensvers­icherung oder die Alte Leipziger.

Die für die Kunden wichtige Kennziffer ergibt sich aus dem Garantiezi­ns und der sogenannte­n Überschuss­beteiligun­g, über deren Höhe die Versichere­r je nach Wirtschaft­slage und Erfolg ihrer Anlagestra­tegie jedes Jahr neu entscheide­n. Wegen der Zinsflaute fällt es den Assekuranz­en immer schwerer, die hohen Verspreche­n von einst an den Kapitalmär­kten zu erwirtscha­ften. Die Folge: Die Überschuss­beteiligun­g sinkt im Schnitt seit geraumer Zeit. Das Zusatzplus im Alter fällt daher geringer aus, als von vielen Verbrauche­rn erhofft.

Hinzu kommt der Garantiezi­ns, der seit Anfang 2017 für Neuverträg­e bei mageren 0,9 Prozent liegt. Vor der Jahrtausen­dwende hatte die Branche Kunden noch mit Garantien von bis zu vier Prozent gelockt. Diese müssen die Unternehme­n auch in der Zinsflaute erfüllen. Für neue Verträge wurden die Garantien auf Geheiß der Bundesregi­erung jedoch nach und nach zurückgesc­hraubt. Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil, den der Versichere­r nach Abzug von Abschlussu­nd Verwaltung­skosten sowie dem Beitrag für einen Todesfalls­chutz anlegt.

„Wir erwarten in der Breite keine weiteren starken Kürzungen bei der Überschuss­deklaratio­n“, sagte Henning Kühl, Chefaktuar des Lebensvers­icherungs-Aufkäufers Policen Direkt, jüngst. „Besonders finanzstar­ken Versichere­rn trauen wir zu, dass sie ihre Überschüss­e konstant halten.“Im vergangene­n Jahr habe sich die Lage der Branche zwar weiter verschärft. Jetzt aber winkt eine milliarden­schwere Erleichter­ung. Wegen der Niedrigzin­sen müssen die Versichere­r seit 2011 einen milliarden­schweren Kapitalpuf­fer aufbauen, um die hohen Garantie-Verspreche­n der Vergangenh­eit abzusicher­n. Dieses Geld kann nicht an die Kunden ausgeschüt­tet werden.

Seit diesem Jahr soll der Kapitalpuf­fer nach einer Entscheidu­ng der Bundesregi­erung nun langsamer aufgebaut werden. Nach Schätzunge­n von Assekurata werden 2018 etwa sieben bis acht Milliarden Euro fällig, ohne die Änderung wären es rund 22 Milliarden Euro gewesen. Das verschafft den Unternehme­n Luft. „Beim alten System würden die Überschüss­e in vielen Fällen deutlich sinken“, erläutert Lars Gatschke vom Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv).

Bis die Verzinsung des Altersvors­orgeklassi­kers auf breiter Front wieder steigt, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Zudem können nicht alle Kunden auf steigende Renditen hoffen. Bei lukrativen Altpolicen mit einer Garantie von vier oder 3,25 Prozent dürfte sich in Zukunft nicht viel tun, sagt Heermann voraus. „Je jünger der Vertrag ist und je geringer damit die Rendite, desto größer ist die Chance, dass die Verzinsung in der Zukunft wieder steigt.“

Mangelnde Vergleichb­arkeit

Viele Assekuranz­en bieten in der Zinsflaute inzwischen gar keine Produkte mit klassische­m Garantiezi­ns mehr an. Sie setzen im Neugeschäf­t auf Verträge, die lediglich den Erhalt der eingezahlt­en Beiträge ganz oder teilweise zusagen. Dafür sollen sie eine etwas höhere Rendite abwerfen. Verbrauche­rschützer Gatschke kritisiert allerdings die aus seiner Sicht mangelnde Vergleichb­arkeit der Produkte und Intranspar­enz. „In vielen Fällen ist es noch schwierige­r als bei klassische­n Kapitalleb­ens- und Rentenvers­icherungen nachzuvoll­ziehen, was der einzelne Kunde rausbekomm­t.“

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FOTO: DPA „Lebensvers­icherung“auf dem Bescheid einer Kapitalleb­ensversich­erung: Erste Versichere­r haben angekündig­t, die laufende Verzinsung im kommenden Jahr stabil zu halten.

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