Großbritannien will neue Zugeständnisse
May verschiebt Brexit-Abstimmung – EU lehnt Gespräche ab – Britisches Pfund stürzt ab
LONDON - Nach wochenlanger Kampagne für den EU-Austrittsvertrag hat Premierministerin Theresa May die für Dienstag geplante Abstimmung im Unterhaus vertagt. „Ich habe den Einwänden genau zugehört“, teilte die Konservative am Montagnachmittag mit. Sie werde nun bei den EU-Regierungschefs für weitere Zugeständnisse werben. May gab sich gleichzeitig überzeugt, dass der vorliegende Vertrag die richtige Lösung für das Dilemma der inneririschen Grenze darstelle. „Diese Herausforderung bedarf keiner Rhetorik, sondern einer echten Lösung.“
EU-Ratspräsident Donald Tusk berief für Donnerstag einen Gipfel der 27 bleibenden EU-Staaten ein. Man werde den Deal nicht neu verhandeln, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. „Aber wir sind bereit zu diskutieren, wie die Ratifikation in Großbritannien bewerkstelligt werden kann.“Auch eine Kommissionssprecherin in Brüssel bekräftigte: „Dieser Deal ist der beste Deal und der einzige mögliche Deal.“
Der Widerstand in der konservativen Regierungspartei war zuletzt so gewachsen, dass eine vernichtende Niederlage für das Brexit-Paket sicher schien. May nannte als Grund für die Verschiebung der Abstimmung den Widerstand gegen den sogenannten Backstop. Durch den Verbleib in der Zollunion und die Auffanglösung für Nordirland bliebe britischen Unternehmen die enge Verzahnung mit dem Kontinent erhalten sowie Nordirland die harte Grenze zur Republik Irland erspart.
Die Rücksichtnahme auf die Situation in der früheren Bürgerkriegsregion empörte viele Abgeordnete, denn der Backstop kann nur im Einvernehmen zwischen Brüssel und London gekündigt werden.
Von der Opposition kam harsche Kritik. „Der Deal ist so verheerend, dass die Regierung ihre eigene Abstimmung absagt“, sagte Labour-Chef Jeremy Corbyn. „Wir haben gar keine funktionierende Regierung mehr.“Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon sprach von „erbärmlicher Feigheit“. An der Börse sank das britische Pfund auf den tiefsten Stand seit achtzehn Monaten. Das Land stehe vor einer nationalen Krise, warnte Carolyn Fairbairn vom Unternehmerverband CBI.