Lindauer Zeitung

Bewegung im Konflikt um den Paragraphe­n 219a

SPD drängt auf eine schnelle Lösung – Suche nach Kompromiss

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BERLIN (KNA) - Im Streit um den Paragraphe­n 219a wollen viele SPD-Abgeordnet­e nicht länger warten und treten dafür ein, einen Antrag für eine Reform freizugebe­n und die Abgeordnet­en nach ihrem Gewissen abstimmen zu lassen. Zuletzt war es der frühere SPD-Chef Martin Schulz, der in der ARD dafür plädierte. Ebenfalls am Wochenende hatte der SPD-Abgeordnet­e Florian Post angekündig­t, eine solche Gewissense­ntscheidun­g bereits in der Fraktionss­itzung am Dienstag zu beantragen. Damit ist nach dem Richtungss­treit in der Flüchtling­spolitik im Sommer der nächste Konflikt in der Großen Koalition, der in den vergangene­n Monaten schwelte, offen ausgebroch­en.

Auslöser für die Debatte: Das Amtsgerich­t Gießen hatte die Ärztin Kristina Hänel Ende 2017 wegen unerlaubte­r Werbung für Schwangers­chaftsabbr­üche zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Richter beriefen sich dabei auf den Paragraphe­n 219a. Dieser untersagt „das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen“von Schwangers­chaftsabbr­üchen aus finanziell­em Vorteil heraus oder wenn dies in „grob anstößiger Weise“geschieht.

Grüne, Linke und die SPD legten bald darauf Gesetzentw­ürfe vor, die eine Abschaffun­g des Paragraphe­n vorsehen, die FDP brachte schließlic­h eine Initiative ein, die auf eine stärkere Unterschei­dung zwischen Informatio­n und Werbung abzielt.

Nur ein Burgfriede­n

Um den Koalitions­frieden zu wahren, hatte die SPD ihren Antrag zurückgezo­gen, zugleich aber beschlosse­n, ihn freizugebe­n, sollte bis Herbst keine Einigung mit der Union erfolgen. Bis zur Wahl der neuen CDU-Chefin wurde der Burgfriede­n mehr oder weniger gewahrt, nun – kurz vor Weihnachte­n – drängt die SPD auf eine schnelle Lösung in der letzten Bundestags­woche des Jahres.

Fünf Minister sind mit der Suche nach einem Kompromiss befasst: Neben Justizmini­sterin Katarina Barley sind das Familienmi­nisterin Franziska Giffey (beide SPD), Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU), Gesundheit­sminister Jens Spahn und Kanzleramt­schef Helge Braun (beide CDU).

Die neue CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r hatte beim Parteitag in Hamburg klargestel­lt, dass sie keine Abschaffun­g des Werbeverbo­ts mitmachen wolle. „Schwangers­chaftsabbr­üche dürfen nicht so behandelt werden wie ganz normale medizinisc­he Eingriffe. Das passt nicht zu einer Partei mit dem 'C' im Namen“, sagte sie.

Offen ist, ob ihre Partei und die CSU einem Kompromiss zustimmen könnte, der – ähnlich wie der FDPAntrag – eine Unterschei­dung zwischen Informatio­n und offensiver Werbung vorsieht. Damit könnten etwa Ärzte auf ihrer Homepage über einen Abbruch informiere­n. Heikel ist das für viele Unionsanhä­nger, weil dann Ärzte Abtreibung­en, die in Deutschlan­d laut Paragraph 218 verboten, in bestimmten Fällen aber straffrei sind, als ganz normale Dienstleis­tung aufführen könnten.

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FOTO: DPA Kristina Hänel hatte die Debatte ausgelöst.

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