Initiative hat bisher 300 Unterschriften zusammen
Befürworter eines Bürgerentscheids gegen geplante Umgestaltung des Bahnhofs Memmingen erläutern Gründe
MEMMINGEN - Die Unterschriftenaktion für das Bürgerbegehren zur Umgestaltung des Bahnhofareals in Memmingen ist angelaufen. „Etwa 300 Unterschriften haben wir bereits gesammelt. Rund 2500 weitere Stimmen braucht es noch für die Durchführung des Bürgerentscheids“, sagte Franziska Mamitzsch von der Initiative „Zukunft Bf/4 Zukunftsfähiges Bahnhofareal – Wir fordern Mitbestimmung!“. Ziel der Initiative ist, dass das laufende Verfahren für die Neugestaltung des 7600 Quadratmeter großen Bahnhofareals, das vom privaten Investor Ten Brinke umgesetzt werden soll, nicht weiter verfolgt wird. Sie fordert mehr Bürgerbeteiligung. Dies machte Mamitzsch, die zudem Vorsitzende des Soziokulturellen Vereins Memmingen ist, bei einem Stadtspaziergang durch das Areal vor rund 40 Besuchern deutlich. Auch Architekt Frank G. Schröck und Heimatpfleger Günther Bayer nahmen daran teil.
Bayer grenzte sich jedoch klar von der Bürgerinitiative ab, in dem er zum Ausdruck brachte, dass seiner Meinung nach der Plan des Investors konform mit dem historischen Stadtbild gehe. Wobei Verbesserungen im Detail durchaus zur Diskussion stünden. Allerdings dulde die langjährige Planung des Projekts keinen weiteren Aufschub mehr.
Ausgangspunkt für den Stadtspaziergang war die ehemalige Gaststätte „Goldenes Rad“in der Kalchstraße, Ecke Heidengasse. Das Giebelhaus aus dem 16. Jahrhundert wird im Zuge der Großsanierung verändert – im Gegensatz zu anderen historischen Gebäuden, die abgerissen werden sollen. Zwei Häuser weiter plant der Investor ein Wohnhaus. Wie Schröck erläuterte, sei dies jedoch nicht realistisch, da hier die Belichtungsmöglichkeiten eine Nutzbarkeit als Wohnraum ausschließen würden. Der Architekt aus Kempten, der auch Mitglied des Architekturforums ist, führte die Gruppe zu vier signifikanten Punkten in der Kalch-, Bahnhof- und Maximilianstraße sowie in der Heidengasse. Dabei verglich er die aktuelle Situation mit den vorgestellten Plänen und Bildern des Immobilieninvestors aus den Niederlanden. Schröck und Mamitzsch kritisieren etwa, dass einzelne Gebäude zu hoch werden. Die Teilnehmer am Spaziergang stellten auch einige Fragen. Sie wollten etwa wissen, warum die Stadt die Mitsprache aus der Hand gebe, die beiden örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften sich dem Projekt nicht annehmen und warum der Vorschlag des Architektenwettbewerbs aus den 1990erJahren nicht weiter verfolgt werde. Eine Antwort darauf konnte die Initiative nicht geben.
Durchlässige Fronten
Weiter erfuhren die Teilnehmer, dass die Bahnhofstraße um die Jahrhundertwende ein Boulevard war, dessen Häuserensemble durchlässige Fronten zur Altstadt bildeten. Im neuen Plan seien keine durchbrochenen Zugänge mehr in die Altstadt gegeben. Gegenüber dem neoklassizistischen Bau, in dem sich die Kunsthalle heute befindet, werde ein Hotelkomplex entstehen, dessen Fläche rund 2800 Quadratmeter einnehme. Das Problem stellten hier die geplanten Zu- und Abfahrten für den Lieferverkehr des Hotels sowie des weiter angedachten Supermarkts dar. „Auf der Grafik sieht das wie eine gefällige Fensterfront aus, was nicht der Tatsache entsprechen kann“, wie Schröck betonte. Rolf Diefenthaler aus Memmingen, der am Rundgang teilnahm, äußerte dazu weitere Bedenken: „Die große Parzellierung kann zu einem Problem werden, wenn das Areal in die Jahre kommt und saniert werden muss.“
Der Handel nimmt laut Planung eine Fläche von 4500 Quadratmetern ein. Dem gegenüber stehen 39 Wohnungen auf rund 3700 Quadratmetern. „Geschäfte gibt es mehr als genug, bezahlbaren Wohnraum aber nicht“, sagte dazu der Memminger Bernd Hopke. Und Jakob Brauchle aus Legau fügte an: „Eine Stadt muss für die Menschen da sein. Es braucht nicht nur Konsum, sondern auch öffentliche Plätze, die Möglichkeiten für alle Generationen bieten.“