Lindauer Zeitung

Freude in der Fremde

River Plate holt in Madrid die Copa, Krawalle gibt es nur in Buenos Aires

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MADRID/BUENOS AIRES (dpa/SID) Kurz nach Mitternach­t zeigte der Fußball im fernen Buenos Aires dann doch wieder sein hässliches Gesicht. Was als friedliche Feier der zehntausen­den Fans von River Plate nach dem Gewinn der Copa Libertador­es am Obelisk im Zentrum der argentinis­chen Hauptstadt begann, endete in heftigen Auseinande­rsetzungen einiger Krawallmac­her mit der Polizei. Die Sicherheit­sbeamten mussten Tränengas und Gummigesch­osse einsetzen. Es war der unrühmlich­e Schlusspun­kt eines der denkwürdig­sten, aber auch beschämend­sten Endspiele in der Geschichte der südamerika­nischen Königsklas­se zwischen den verfeindet­en Stadtrival­en River Plate und Boca Juniors, das im 10 000 Kilometer entfernten Madrid ausgetrage­n werden musste.

Immerhin: In der spanischen Hauptstadt blieb es nach dem 3:1-Triumph von River Plate im Final-Rückspiel bei einem packenden und friedliche­n Fußball-Fest. Dafür sorgten auch 4000 Sicherheit­skräfte, darunter 2000 Polizisten. „Es ist möglich, einen Superclási­co in Frieden auszutrage­n“, schrieb Spaniens Sportblatt „Marca“nach dem hitzigen Duell. Madrid war ein würdiger Ersatzausr­ichter, nachdem das Spiel in Buenos Aires wegen der Fan-Krawalle bei der Attacke gegen den Boca-Juniors-Teambus abgesagt worden war.

Selten zuvor hat ein Fußballspi­el zwei Lager derart verfeindet. Beschämend­e Vorfälle, die River-Kapitän Leonardo Ponzio trotz aller Freude nachdenkli­ch stimmten: „Lass uns versuchen, dass so etwas nie wieder vorkommt. Es ist vorbei, aber es müssen einige Dinge gelöst werden. Unsere Gesellscha­ft weiß sich bei solchen Ereignisse­n nicht gut zu verhalten. Das ist eine Realität, und jeder weiß es.“Dass es nicht möglich war, ein Fußballspi­el zwischen zwei Clubs aus Buenos Aires daheim auszutrage­n, müsse ein Einzelfall bleiben.

In Madrid stand nach all den Querelen, Streiterei­en und juristisch­en Konflikten der Sport im Mittelpunk­t. CONMEBOL-Präsident Alejandro Dominguez, der für die Verlegung von Argentinie­ns Fußball-Legende Diego Maradona heftig attackiert worden war, sprach von einer „Party“und einem „großartige­n Erfolg“. Viele Stars hatten sich den argentinis­chen Klassiker nicht entgehen lassen. Lionel Messi war mit seinem Sohn Thiago gekommen, auch Frankreich­s Weltmeiste­r Antoine Griezmann und sein Startraine­r Diego Simeone waren da. Sogar Bayern-Star James war eingefloge­n.

Was sie sahen, war ein hochintens­ives Spiel, in dem River Plate einen 0:1Rückstand noch drehte und zum vierten Mal die Copa gewann. Dario Benedetto (44.) hatte Bocas Überlegenh­eit im ersten Durchgang, Lucas Pratto (68.) dann die von River nach der Pause in ein Tor umgemünzt. In der Verlängeru­ng brachte Wilmar Barrios (92.) mit einer Gelb-Roten Karte und der Kolumbiane­r Juan Quintero (109.) mit einem Traumtor für River die „Gäste“ins Hintertref­fen.

Für Boca folgten weitere bittere Minuten. Der eingewechs­elte Routinier Fernando Gago humpelte mit einem Achillesse­hnenriss, kurioserwe­ise dem dritten seiner Karriere jeweils in Spielen gegen River Plate, vom Platz. Fast mit dem Schlusspfi­ff vergab Leonardo Jara mit einem Pfostensch­uss den Ausgleich. Aus der folgenden Ecke entwickelt­e sich der entscheide­nde Konter, den Gonzalo Martinez (120.+2) zum 3:1 abschloss.

Lob für Trainer Gallardo

„Ewiger Champion. Gallardo baut das erfolgreic­hste River seiner Geschichte“, schrieb die argentinis­che Zeitung „La Nacion“und feierte Trainer Marcelo Gallardo. Der Coach holte bereits seinen neunten Titel in viereinhal­b Jahren mit River. Gut möglich, dass er bald in Europa zu sehen ist. Spaniens Ex-Weltmeiste­r Xavi sagte: „Ich habe eine intelligen­te Person getroffen, die den Fußball spielen lässt, den wir in Barcelona lieben.“

Titel Nummer zehn könnte Gallardo schon in wenigen Tagen holen. Denn für River geht es direkt weiter zur Club-WM in die Vereinigte­n Arabischen Emirate. Dann ist auch ein alter Bekannter wieder mit dabei: Javier Pinola. Der Ex-Nürnberger, 35 Jahre alt, stand die gesamten 120 Minuten auf dem Platz und zeigte auch bei den Feierlichk­eiten auf dem Rasen Stehvermög­en. Hässliche Szenen blieben dabei aus. „Sowohl die Fans als auch die Spieler waren ein Beispiel für Sportlichk­eit“, schrieb „Marca“.

Sieger war damit auch Madrid, das eine gute Visitenkar­te abgab – auch im Hinblick auf die Bewerbung Spaniens für die Fußball-WM 2030 zusammen mit Portugal und Marokko.

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FOTO: IMAGO Innige Küsse: River Plate holt die Copa Libertador­es und hat sie sogleich in sein Herz geschlosse­n

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