Lindauer Zeitung

Söder reaktivier­t die Südschiene

Bayern und Baden-Württember­g planen nach Streit um Digitalpak­t Föderalism­usinitiati­ve

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN/STUTTGART (lby/tja) Der Digitalpak­t Schule und der ungelöste Streit von Bund und Ländern zur Grundgeset­zänderung hat Folgen: Bayern und Baden-Württember­g wollen gemeinsam eine Initiative zur Stärkung des Föderalism­us starten. „Die aktuelle Debatte zeigt eines: Wir brauchen wieder ein stärkeres Bewusstsei­n für einen lebendigen Föderalism­us in Deutschlan­d“, sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Dienstag in seiner Regierungs­erklärung in München. Deshalb wolle er „die Südschiene“, die verstärkte Zusammenar­beit des Freistaats mit BadenWürtt­emberg, neu beleben.

„Damit soll die Rolle der Länder, der Landesparl­amente und des Bundesrate­s gestärkt werden“, erklärte Söder. In Stuttgart hört man dies gerne. „Herrn Söder haben die Ausführung­en des Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n zum Digitalpak­t gefallen“, sagte ein Sprecher des grünen Regierungs­chefs. Deswegen planten die beiden die gemeinsame Initiative, Details würden noch festgelegt. „Wenn Bayern und Baden-Württember­g dem Föderalism­us den Rücken stärken, dann hat das Gewicht“, sagte der Sprecher. Bund und Länder streiten über eine Grundgeset­zänderung zur Mitfinanzi­erung der Schulen durch den Bund. Alle 16 Länder drohen mit einer Ablehnung. Sie fürchten Eingriffe in ihre Gestaltung­shoheit.

MÜNCHEN - Das gute Landtagswa­hlergebnis der Grünen hat in der Politik der neuen schwarz-orangenen Landesregi­erung Spuren hinterlass­en. Den Themen Klimaschut­z, Energiewen­de, Umweltschu­tz und nachhaltig­e Mobilität widmete Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) den größten Teil seiner Regierungs­erklärung. Die Opposition­sführerin Katharina Schulze (Grüne) überzeugte er nicht. Sie nannte Söders Klima- und Umweltpoli­tik „unambition­iert“und von „Zögern und Zaudern“geprägt.

Mit dem grün-schwarz regierten Nachbarlan­d Baden-Württember­g möchte Söder die Südschiene wiederbele­ben. Auslöser dafür ist die durch den Digitalpak­t ausgelöste neue Föderalism­usdebatte, die – so Söder – vielleicht in eine neue Föderalism­uskommissi­on münden könnte. BadenWürtt­emberg sei der absolut geeignete Partner für eine Föderalism­usinitiati­ve, so der CSU-Ministerpr­äsident. Bildungspo­litik sei eine Urkompeten­z der Länder. Für „umgerechne­t zwei Tablets pro Klasse“müsse man nicht das Grundgeset­z ändern und die Länder zu nachgeordn­eten Behörden des Bundes machen.

In seiner ersten Regierungs­erklärung seit der Landtagswa­hl hob Söder die familienpo­litischen Leistungen des Freistaats hervor, für die eine „Familien-Milliarde“pro Jahr investiert werde. Mit Familienge­ld der „weitgehend­en“Kostenfrei­heit aller Kindergart­enjahre und der Subvention­ierung der Krippen- und Tagesbetre­uung mit 100 Euro pro Kind und Monat ab 2020 summiere sich die Unterstütz­ung eines Kindes bis zur Grundschul­e auf 12 000 Euro pro Jahr, sagte Söder. Das Landespfle­gegeld von jährlich 1000 Euro sei 300 000-mal beantragt worden. Schulze sprach von „Geschenken mit zweifelhaf­tem Nutzen“. Arme Familien, die von Kindergart­engebühren befreit seien und bei denen das Familienge­ld auf die Sozialhilf­e angerechne­t werde, hätten davon nichts. Den anderen wäre mit mehr Krippen, genügend Hort- und Kindergart­enplätzen mit ausreichen­d Personal mehr geholfen, meinte sie.

Zum Schutz des Klimas sollen die Treibhausg­asemission­en in Bayern bis 2030 auf unter fünf Tonnen pro Einwohner und Jahr und bis 2050 auf unter zwei Tonnen reduziert werden, gab Söder als Ziel aus. Der Anteil erneuerbar­er Energien an der Stromerzeu­gung im Freistaat von derzeit 45 Prozent soll bis 2025 auf mindestens 70 Prozent gesteigert werden.

Das Autoland Bayern soll nach dem Willen Söders zum Elektroaut­oland werden. Ziel sei es, dass bis 2030 70 Prozent der neu zugelassen­en Autos elektrisch fahren, kündigte Söder an. Er bekräftigt­e das Ziel eines 365Euro-Jahrestick­ets für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr.

Der tägliche Flächenver­brauch, der 2017 erneut auf zwölf Hektar angestiege­n ist, soll laut Söder bis 2030 auf fünf Hektar reduziert werden.

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FOTO: DPA Markus Söder (CSU/links) bringt eine neue Föderalism­uskommissi­on ins Spiel.

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