Söder reaktiviert die Südschiene
Bayern und Baden-Württemberg planen nach Streit um Digitalpakt Föderalismusinitiative
MÜNCHEN/STUTTGART (lby/tja) Der Digitalpakt Schule und der ungelöste Streit von Bund und Ländern zur Grundgesetzänderung hat Folgen: Bayern und Baden-Württemberg wollen gemeinsam eine Initiative zur Stärkung des Föderalismus starten. „Die aktuelle Debatte zeigt eines: Wir brauchen wieder ein stärkeres Bewusstsein für einen lebendigen Föderalismus in Deutschland“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag in seiner Regierungserklärung in München. Deshalb wolle er „die Südschiene“, die verstärkte Zusammenarbeit des Freistaats mit BadenWürttemberg, neu beleben.
„Damit soll die Rolle der Länder, der Landesparlamente und des Bundesrates gestärkt werden“, erklärte Söder. In Stuttgart hört man dies gerne. „Herrn Söder haben die Ausführungen des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zum Digitalpakt gefallen“, sagte ein Sprecher des grünen Regierungschefs. Deswegen planten die beiden die gemeinsame Initiative, Details würden noch festgelegt. „Wenn Bayern und Baden-Württemberg dem Föderalismus den Rücken stärken, dann hat das Gewicht“, sagte der Sprecher. Bund und Länder streiten über eine Grundgesetzänderung zur Mitfinanzierung der Schulen durch den Bund. Alle 16 Länder drohen mit einer Ablehnung. Sie fürchten Eingriffe in ihre Gestaltungshoheit.
MÜNCHEN - Das gute Landtagswahlergebnis der Grünen hat in der Politik der neuen schwarz-orangenen Landesregierung Spuren hinterlassen. Den Themen Klimaschutz, Energiewende, Umweltschutz und nachhaltige Mobilität widmete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den größten Teil seiner Regierungserklärung. Die Oppositionsführerin Katharina Schulze (Grüne) überzeugte er nicht. Sie nannte Söders Klima- und Umweltpolitik „unambitioniert“und von „Zögern und Zaudern“geprägt.
Mit dem grün-schwarz regierten Nachbarland Baden-Württemberg möchte Söder die Südschiene wiederbeleben. Auslöser dafür ist die durch den Digitalpakt ausgelöste neue Föderalismusdebatte, die – so Söder – vielleicht in eine neue Föderalismuskommission münden könnte. BadenWürttemberg sei der absolut geeignete Partner für eine Föderalismusinitiative, so der CSU-Ministerpräsident. Bildungspolitik sei eine Urkompetenz der Länder. Für „umgerechnet zwei Tablets pro Klasse“müsse man nicht das Grundgesetz ändern und die Länder zu nachgeordneten Behörden des Bundes machen.
In seiner ersten Regierungserklärung seit der Landtagswahl hob Söder die familienpolitischen Leistungen des Freistaats hervor, für die eine „Familien-Milliarde“pro Jahr investiert werde. Mit Familiengeld der „weitgehenden“Kostenfreiheit aller Kindergartenjahre und der Subventionierung der Krippen- und Tagesbetreuung mit 100 Euro pro Kind und Monat ab 2020 summiere sich die Unterstützung eines Kindes bis zur Grundschule auf 12 000 Euro pro Jahr, sagte Söder. Das Landespflegegeld von jährlich 1000 Euro sei 300 000-mal beantragt worden. Schulze sprach von „Geschenken mit zweifelhaftem Nutzen“. Arme Familien, die von Kindergartengebühren befreit seien und bei denen das Familiengeld auf die Sozialhilfe angerechnet werde, hätten davon nichts. Den anderen wäre mit mehr Krippen, genügend Hort- und Kindergartenplätzen mit ausreichend Personal mehr geholfen, meinte sie.
Zum Schutz des Klimas sollen die Treibhausgasemissionen in Bayern bis 2030 auf unter fünf Tonnen pro Einwohner und Jahr und bis 2050 auf unter zwei Tonnen reduziert werden, gab Söder als Ziel aus. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung im Freistaat von derzeit 45 Prozent soll bis 2025 auf mindestens 70 Prozent gesteigert werden.
Das Autoland Bayern soll nach dem Willen Söders zum Elektroautoland werden. Ziel sei es, dass bis 2030 70 Prozent der neu zugelassenen Autos elektrisch fahren, kündigte Söder an. Er bekräftigte das Ziel eines 365Euro-Jahrestickets für den Öffentlichen Personennahverkehr.
Der tägliche Flächenverbrauch, der 2017 erneut auf zwölf Hektar angestiegen ist, soll laut Söder bis 2030 auf fünf Hektar reduziert werden.