Stimmen, die direkt aus dem Himmel kommen
Lindauer Vokalensemble beschert zusammen mit Wort-Duo einem begeisterten Publikum einen unterhaltsamen Abend
LINDAU - Einen musikalischen und gleichsam literarischen Abend haben das Lindauer Vokalensemble unter der Leitung von Jörg Heide und das Wort-Duo Sabine Lorenz und Jürgen Widmer einem begeisterten Publikum in der fast voll besetzten katholischen Kirche St. Ludwig beschert. Unter dem Titel „Und es begab sich zu der Zeit“harmonierten die anspruchsvollen Chorstücke und ausgewählten Texte derart wunderbar miteinander, dass feierliche eineinhalb Stunden auf höchstem Niveau zum Ausklang des zweiten Advents garantiert waren.
„Wann fängt dieses Weihnachten eigentlich an?“Diese Frage sollte das Wort-Duo Sabine Lorenz und Jürgen Widmer an diesem Abend zwar mehrfach und anhand verschiedener Gedichte, wie dem gleichnamigen von Rolf Krenzer oder „Dezember“von Erich Kästner, beantworten, doch dem Leser sei die Antwort bereits an dieser Stelle gegeben: Die Weihnachtszeit beginnt mit einem Abend wie diesem. Dann nämlich, wenn Musik und Literatur die Menschen in diese ganz besondere Zeit und in eine Stimmung versetzen, die alle Gefühle, die Weihnachten je hervorgerufen haben mag, miteinander vereint. Mal feierlich und besinnlich, mal heiter und fröhlich, mal nachdenklich und melancholisch. Und das ist es, was das Lindauer Vokalensemble mit seinem musikalischen Programm und das Wort-Duo mit seinen Texten auf höchstem Niveau geschafft haben. Von daher war es denn auch kein Wunder, dass sich das hellauf begeisterte Publikum am Ende mit einem lang anhaltenden Applaus bedankte.
Aber erst einmal von vorn. Der Lindauer Jörg Heide und sein gut 20köpfiges Vokalensemble hatten ein Programm einstudiert, das sowohl weltliche als auch geistliche Chorwerke aus dem 20. und 21. Jahrhundert wie auch Chormusik aus der Romantik umfasste. So begann der Abend mit dem höchst anspruchsvollen Stück „Lux aurumque“des modernen Komponisten Eric Whitacre. Ein leises und überaus harmonisches und melodisches Lied, das mit ungewöhnlichen Rhythmen und Klangkombinationen beeindruckte.
„Es gibt so wunderweiße Nächte“
Die literarische Antwort auf dieses von dem englischen Gedicht „Light and Gold“inspirierte Stück gaben Jürgen Widmer und Sabine Lorenz mit dem Gedicht „Es gibt so wunderweiße Nächte“, in dem Rainer Maria Rilke jene schneeklaren Winternächte beschreibt, in denen die vom Mond beschienenen Landschaften silbern glitzern. Ein Gedicht, das nicht nur zum Lied, sondern auch zum Veranstaltungsort passte. Spricht Rilke doch auch davon, dass der Glaube Wunder tut. Gedichte von Theodor Storm, Axel Hacke und Joachim Ringelnatz entführten das Publikum in diesem ersten Textblock in die weihnachtlichen Gefilde dieser bekannten Poeten, bevor der Vokalchor wieder den musikalischen Reigen aufnahm. Mit Stücken von Josef Gabriel Rheinberger, Zoltán Kodály, Johannes Brahms, Javier Busto, Elizabeth Poston und David Cashmore allesamt Lieder, die den Glauben und die christliche Bedeutung der Weihnacht besingen. Und allesamt Stücke, bei denen der Chor mit seiner ganzen Bandbreite an wunderbar ausgebildeten Singstimmen brillierte und auf eindrucksvolle Art und Weise das Publikum in seinen Bann zog.
In diesem Sinne präsentierte auch das Wort-Duo die weihnachtlichen Texte von Mascha Kaléko, Hermann Hesse, Erich Kästner, Ludwig Thoma bis hin zu Joseph von Eichendorff und Anne Frank. Einer der Höhepunkte war dabei sicherlich die Weihnachtsgeschichte in der Übersetzung von Martin Luther. Hatten die Schauspieler die weihnachtlichen Gedichte und Geschichten bis dahin vom Eingang des Hauptschiffes der Kirche aus vorgetragen, so waren sie am Ende zum Chor, in den Altarraum, geschritten. Dort wiederum stimmte das Vokalensemble das ungewöhnliche Stück „Angel Song II“an, von dem sich der Komponist Will Todd wünschte, die durch die Stimmen erzeugte Musik würde sich anhören, als käme sie direkt aus dem Himmel.