Airbnb muss Daten herausgeben
Online-Unterkunftsvermittler unterliegt der Stadt München
MÜNCHEN (AFP) - Der Wohnungsvermittler Airbnb muss der Stadt München mitteilen, wer als Gastgeber seine Wohnungen mehr als acht Wochen im Jahr über das Internetportal in München an Gäste vermietet hat. Nach einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts kann Airbnb auch durch seinen Firmensitz Irland nicht dem bayerischen Zweckentfremdungsrecht entgehen. Die Stadt München habe Anspruch auf die Daten. Damit soll vermieden werden, dass Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen wird. Airbnb hatte gegen die Forderung nach Herausgabe der Daten geklagt.
MÜNCHEN - Im Kampf gegen illegal vermietete Wohnungen legt sich die Stadt München mit Airbnb an – und entscheidet die erste Runde für sich. So hat ein Gericht geurteilt, dass der Tech-Riese bestimmte Nutzerdaten an die Kommune herausgeben muss.
Wer in der Vorweihnachtszeit spontan nach München will, der findet bei Airbnb noch Hunderte Unterkünfte. Die Palette reicht vom kleinen Zimmer in einer Privatwohnung über das „super zentrale Apartment“bis hin zur großzügigen Wohnung mit neun Schlafplätzen. Der Preis: 52, 134 oder 292 Euro. Pro Nacht.
Wer die Summen hochrechnet, erkennt schnell, dass die Vermietung von Ferienunterkünften in München ein lukratives Geschäft ist. In manchen Fällen ist es aber auch ein illegales Geschäft. Denn ohne gesonderte Genehmigung dürfen Wohnungen in der Landeshauptstadt entweder nur bis zur Hälfte ihrer Fläche oder maximal acht Wochen im Kalenderjahr an Touristen vermietet werden. Andernfalls handelt es sich um eine sogenannte Zweckentfremdung.
Geldbußen bis zu 500 000 Euro
Die Stadt München, wo Wohnraum so knapp und teuer ist wie nirgendwo sonst in Deutschland, hat eine Zweckentfremdungssatzung erlassen, die mit Geldbußen von bis zu 500 000 Euro droht. Überdies richtete die Stadt 2015 ein achtköpfiges Sonderermittlungsteam ein, und seit Anfang dieses Jahres gibt es ein Internetportal, über das Bürger Verdachtsfälle melden können.
Im Kampf gegen Zweckentfremdung schreckt die Landeshauptstadt auch vor Airbnb nicht zurück. Die US-Firma vermittelt eigenen Angaben zufolge in 191 Ländern mehr als fünf Millionen Unterkünfte. Der Unternehmenswert wurde unlängst mit 27 Milliarden Euro bewertet. Dieser Tech-Gigant ist von der Kommune aufgefordert worden, die Namen und Adressen jener Nutzer herauszugeben, die eine Ferienwohnung in München länger als acht Wochen im Jahr vermieten. Diese Daten würden es den städtischen Ermittlern erheblich erleichtern, zweckentfremdete Wohnungen ausfindig zu machen. Ihren Bescheid richtete die Stadt dabei an Airbnb in Irland. Denn gemäß eines Urteils des Berliner Verwaltungsgerichts ist nur diese Konzernmutter für die Herausgabe von Nutzerdaten verantwortlich – nicht die deutsche Niederlassung.
Gegen den städtischen Bescheid, der mit einem Zwangsgeld von 300 000 Euro droht, hatte die Airbnb Ireland UC Klage eingereicht. Diese ist nun vom Verwaltungsgericht München abgewiesen worden, was in zweierlei Hinsicht beachtlich ist. Zum einen betonte das Gericht, dass Airbnb die Nutzerdaten herausgeben müsse, obgleich der Konzern bloß als Vermittler von Wohnungen auftrete. Zum anderen habe sich die Firma trotz ihres Sitzes in Irland wegen ihrer Geschäftstätigkeit in Deutschland an nationale Vorschriften zu halten, so das Gericht.
Hiergegen hatten sich die Anwälte von Airbnb in der Verhandlung vehement gewehrt. Sie beriefen sich dabei auf das sogenannte Herkunftslandprinzip in der EU, wonach deutsches Recht nicht für einen Telemedienanbieter gelte, der im Ausland sitze. „Sonst müssten sich solche Angebote einer Vielzahl von Rechtssystemen unterwerfen, und das würde zum Ersticken des Angebots führen“, argumentierte der Airbnb-Anwalt. Richterin Cornelia Dürig-Friedl dagegen betonte: „Wenn das Herkunftsprinzip hier gilt, dann haben wir ein bisschen Wild West. Dann setzt sich jede Firma dorthin, wo es ihr gerade passt.“
Airbnb kündigte nach der Urteilsverkündung an, man werde „weitere Schritte sorgfältig prüfen“; dass der Konzern in Berufung geht, gilt als wahrscheinlich. Bei der Stadt München herrschte Zufriedenheit ob des Urteils. „Es zeigt, dass sich Airbnb nicht aus der Verantwortung ziehen kann“, kommentierte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). „Wir brauchen jede bezahlbare Wohnung für die Münchnerinnen und Münchner. Darum tun wir alles, um Zweckentfremdung zu verhindern.“
Im vergangenen Jahr hat die Stadt im Zusammenhang mit Zweckentfremdung Bußgelder in Höhe von 891 000 Euro verhängt. Darüber hinaus wurden 298 zweckentfremdete Wohnungen dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt. Um diese Zahl im geförderten Wohnungsbau zu errichten, hätte die Stadt 69 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen, rechnet das Rathaus vor.
Insgesamt geht das Sozialreferat von 1000 zweckentfremdeten Wohnungen in München aus, von denen wohl etliche auf Internetportalen wie Airbnb angeboten werden. Sie zu ermitteln, könnte infolge des Gerichtsurteils nun bald deutlich leichter werden.