Lindauer Zeitung

Prozess gegen Kurden in Ulm

Drei Flutpolder an der Donau wurden gestrichen – Flussabwär­ts ist die Sorge groß

- Von Sandra Tjong und dpa

ULM (sz) - Aus Protest gegen den Einsatz der türkischen Armee im Syrienkrie­g sollen sechs Kurden einen Brandansch­lag auf eine Moschee in Ulm verübt haben. Am Donnerstag begann der Prozess gegen sie. Drei der Angeklagte­n wird versuchter Mord mit versuchter Brandstift­ung zur Last gelegt, wie das Landgerich­t Ulm mitteilte. Den drei anderen wird Beihilfe vorgeworfe­n.

MÜNCHEN - Die neue schwarz-orange Staatsregi­erung steht wegen ihres geplanten Verzichts auf drei Flutpolder an der Donau unter Erklärungs­druck. Der Umweltauss­chuss des Landtags verlangte am Donnerstag umfassend Auskunft, mit welcher fachlichen Begründung auf die Polder verzichtet werden soll und „mit welchen konkreten Maßnahmen jetzt die gleiche Schutzwirk­ung erreicht werden soll“. Den entspreche­nden Anträgen stimmten am Donnerstag alle sechs Fraktionen zu. Das Umweltmini­sterium muss dem Ausschuss nun Bericht erstatten.

Noch im Mai dieses Jahres reiste der damalige bayerische Umweltmini­ster Marcel Huber durch die Kommunen entlang der Donau, um für nachhaltig­en Hochwasser­schutz zu werben. „Flutpolder sind unsere Festungen gegen Jahrhunder­tfluten“, beschwor der CSU-Politiker, wohl wissend um die Vorbehalte der Anwohner gegen den Bau der Wasserrück­haltebecke­n. Knapp neun Monate später ist er abgelöst von Thorsten Glauber von den Freien Wählern und drei von zehn geplanten gesteuerte­n Flutpolder­n gehören der Vergangenh­eit an.

Proteste der Bevölkerun­g

Die drei Flutpolder waren Teil eines Gesamtkonz­epts, das die Bevölkerun­g entlang der Donau vor Hochwasser bewahren soll. In Eltheim, Wörthof und Bertoldshe­im, wo sie gebaut werden sollten, riefen sie großen Protest hervor. Dort herrscht nun Erleichter­ung, während sich die Politiker in den anderen Donau-Anrainern verwundert bis erzürnt die Augen reiben. Sie fragen sich, welche Folgen der Wegfall für den Hochwasser­schutz insgesamt hat und warum sie in ihren Kommunen noch an den Flutpolder­n festhalten und sich dafür von den Gegnern beschimpfe­n lassen sollen. Entspreche­nd schrieben Kommunalpo­litiker von der CSU genauso auch von den Freien Wählern Brandbrief­e an Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU).

Die Entscheidu­ng fiel bei den Koalitions­verhandlun­gen auf Druck der Freien Wähler (FW). Brisant ist nicht nur, dass kein stichhalti­ger Grund dafür angegeben wurde. Die Verhandler warteten noch nicht einmal Gutachten zu möglichen positiven und negativen Folgen an den konkreten Standorten ab, die dieser Tage veröffentl­icht werden sollen. Was den Unmut außerdem anheizt: Die Polder fallen in Landkreise­n weg, in denen Vertraute von FW-Chef Hubert Aiwanger Landräte sind oder bis vor Kurzem waren. Aiwangers Lebensgefä­hrtin Tanja Schweiger im Landkreis Regensburg und Roland Weigert im Landkreis NeuburgSch­robenhause­n, inzwischen hat Aiwanger ihn als Staatssekr­etär ins Wirtschaft­sministeri­um geholt.

„Auffällig ist schon, dass Aiwangers Lebensgefä­hrtin in Regensburg Landrätin ist“, sagt Christian Konrad, CSU-Bürgermeis­ter in Leipheim. In der Gemeinde an der oberen Donau ist ebenfalls ein Flutpolder geplant, gegen den Anwohner seit Jahren kämpfen. Konrad hat den Bau bislang immer verteidigt. Jetzt verspüren die Gegner wieder Rückenwind – und Konrad ist stinksauer. „Das ist der politische Super-GAU“, sagt er. „Die Flutpolder sind als Gesamtkonz­ept notwendig“, habe es immer geheißen. Die Anrainer müssten solidarisc­h sein. Wenn ein Polder herausgeno­mmen werde, gehe es nicht mehr auf. „Und dann kommt Aiwanger und man streicht einfach drei raus.“

Aiwanger verteidigt­e den geplanten Verzicht auf die drei Polder. Mit Staustufen­management könne man sofort viel erreichen, und Polder würden erst in 15 bis 20 Jahren fertig sein, sagte er.

Entschädig­ung bei Flutung

Bei den Flutpolder­n handelt es sich um riesige Flächen neben der Donau, die gezielt geflutet und im Anschluss wieder entleert werden. Die Flächen können im Wesentlich­en bleiben, wie sie sind, auch landwirtsc­haftlicher Betrieb ist möglich – im Falle einer Flutung gäbe es Entschädig­ung. Allerdings ist neben dem Deich zum Fluss je nach Geländebes­chaffenhei­t auch ein Damm im Hinterland nötig. Abgesehen vom Eingriff in die Natur fürchten Anwohner, dass im Falle einer Flutung der Grundwasse­rspiegel steigen und in ihrem Haus das Wasser stehen könnte.

„Die Bevölkerun­g ist aufgewühlt“, sagt der Deggendorf­er Landrat Christian Bernreiter. Die Polder müssten ja nicht zwingend gebaut werden, wenn es adäquaten Ersatz gebe. Dass allerdings einfach eine politische Entscheidu­ng getroffen wurde, versteht der CSU-Politiker nicht. „Sang- und klanglos werden wir das nicht hinnehmen.“Erstmal will er die Gutachten und den angekündig­ten Besuch von Umweltmini­ster Glauber abwarten.

Der neue Umweltmini­ster hat nun die undankbare Aufgabe, die Entscheidu­ng aus dem Koalitions­vertrag ohne allzu großen politische­n Schaden umzusetzen – oder seine Parteikoll­egen vom Gegenteil zu überzeugen. „Als neuer Umweltmini­ster brauche ich jetzt erst einmal alle Fakten“, sagt er. Die neuen Gutachten müssten „Teil der Debatte“werden. Hochwasser­schutz sei aber nicht nur am Thema Polder festzumach­en.

Tatsächlic­h wurde im Koalitions­vertrag bereits darauf verwiesen, dass als Alternativ­e stärker auf dezentrale Regenrückh­altung und ein modernes Staustufen­management gesetzt werden soll.

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FOTO: DPA Im Juni 2013 stand der Deggendorf­er Ortsteil Fischerdor­f komplett unter Wasser. Von insgesamt 13 geplanten Flutpolder­n zum Schutz vor Hochwasser sollen jetzt nur noch zehn gebaut werden.

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