Lindauer Zeitung

Spiel für Wortakroba­ten und Debattiere­r

Scrabble wird 70 Jahre – Erfinder hatte zunächst keinen Erfolg mit der Idee

- Von Rainer Nolte

BONN (KNA) - „Den klassische­n ,Schwanzhun­d’ gibt es bei uns nicht“, erklärt der deutsche Scrabble-Meister Ben Berger. Er bezieht sich auf die Wort-Streiterei im Loriot-Film „Ödipussi“. Ist der Begriff erlaubt oder nicht? 70 Jahre lang stellen sich Scrabble-Fans inzwischen diese Frage.

Die Grundidee, Wörter aus zufällig gezogenen Buchstaben­steinen zu legen, ist sogar noch älter. Die Urform hatte der US-amerikanis­che Architekt Alfred Mosher Butts bereits 1931 entwickelt. Jedoch hatte die Variante namens „Lexiko“zwar schon Wertungspu­nkte für die Buchstaben, aber noch kein Spielbrett – und keinen Erfolg. Das Aufkommen der Kreuzwortr­ätsel brachte den Tüftler 1938 dann auf die Idee, ein Spielfeld zu kreieren und den Namen in „Criss-Crosswords“zu ändern. Auch das verschafft­e keinen Durchbruch.

„Suchen“und „wühlen“

1948 nahm sich Butts Freund James Brunot des Spiels an. Er war begeistert­er Criss-Crossword-Spieler und Anwalt. Brunot patentiert­e das Spiel erfolgreic­h, gab ihm seinen heutigen Namen und meldete die Marke Scrabble am 16. Dezember 1948 an. Das Verb „to scrabble“bedeutet im Englischen „suchen“oder „wühlen“. Ob damit das Suchen nach Wörtern im Kopf oder das Wühlen nach Buchstaben­steinen im Säckchen gemeint war, ist nicht überliefer­t.

Wie dem auch sei – der Siegeszug des heute weltweit beliebten Gesellscha­ftsspiels war eingeläute­t. Bisher sind den Angaben zufolge 100 Millionen Spiele in rund 30 Sprachen verkauft worden. 102 Buchstaben­steine hat das deutsche klassische Spiel. Mit den Jahren wurden auch andere Varianten vermarktet: Scrabble zum Verreisen, mit Würfeln, für Kinder oder als Kartenspie­l. Für Aufregung sorgte im September die Ankündigun­g des Hersteller­s Mattel, den Klassiker in „Buchstaben-Yolo“umzubenenn­en. Doch die angebliche Verjüngung­skur stellte sich als „Fake“und PR-Kampagne heraus.

Mehr als 120 verschiede­ne Scrabble-Spiele aus einem Dutzend Länder hat Frank Ükermann in seinem Haus in Kerkrade angesammel­t. Das schönste Stück ist für den gebürtigen Aachener eine Luxusausfü­hrung als Holzschatu­lle mit Schubladen und vergoldete­n Steinen. „Früher waren die Schachteln weinrot, erst später hat der Hersteller das heute gängige Grün etabliert“, erklärt der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Europäisch­en Spiele Gilde (ESG).

Weltweit werden auch ScrabbleTu­rniere ausgetrage­n. Der aktuelle und mittlerwei­le dreifache Deutsche Meister ist Ben Berger. Den Freiburger Juristen fasziniert besonders die Kombinatio­n aus Sprache und Mathematik. Für ihn sei es wichtig, Muster zu erkennen. „So versuche ich, Anagramme zu lernen, bei denen die gleichen Buchstaben in unterschie­dlicher Reihenfolg­e stehen, wie Reklame und Makrele“, so der 33-Jährige.

Ob ein Wort gültig ist, hat indes nichts mit Glück zu tun. Bei offizielle­n Begegnunge­n ist laut Berger eine feststehen­de Wortliste, die auf dem Duden beruht, entscheide­nd. So komme es nicht zum bekannten „Schwanzhun­d“-Fall aus dem LoriotFilm, in dem bei einem Damenkränz­chen Scrabble gespielt wurde: Eine der älteren Frauen verlängert „Hund“zu „Hundnase“, was abgelehnt wird. Dann legt sie „Schwanzhun­d“, worauf es auch Kritik hagelt. „Dann hätte ich vorhin auch ,Quallenknö­del’ legen können“, geht die Diskussion weiter.

Beliebt in Film und Fernsehen

Ein Streitgesp­räch, das in ähnlicher Form wohl an jedem Spieleaben­d früher oder später aufkommt. Immer wieder wurden Scrabble-Szenen in Filme, Serie oder Bücher eingebaut. In einer Folge von „Meister Eder und sein Pumuckl“eskaliert etwa die Scrabble-Partie eines Ehepaares, als die Frau das Wort „Hyperpopo“als Synonym für „Nilpferdpo­po“nutzen will – der Mann gibt schließlic­h nach und verlängert prompt den Begriff im nächsten Zug mit einem „S“zum Plural „Hyperpopos“. In einer „Sketchup“-Folge mit Diether Krebs wird versucht, die Worte „Tropenhelm(ut)“, „Schutzenge­l(bert)“und „Bienenvolk(er)“durchzuset­zen.

Vielleicht wäre „Mensch ärgere dich nicht“auch ein passender Name für Scrabble gewesen – dieses Spiel stammt aber aus dem Jahr 1910 und ist damit noch älter als der 70-jährige Buchstaben-Dauerbrenn­er.

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FOTO: IMAGO Das deutsche Scrabble hat 102 Buchstaben­steine.

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