Lindauer Zeitung

Es war einmal in Amerika

Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum bietet einen Streifzug durch 300 Jahre US-Kunst

- Von Sabine Kleyboldt

„In Zeiten eines angespannt­en transatlan­tischen Verhältnis­ses ist die Ausstellun­g eine wichtige Brücke.“Armin von Falkenhayn, Vertreter des Hauptspons­ors Bank of America

(KNA) - USA-Reisende haben ihn ständig in der Hand. In Köln besteht jetzt die Möglichkei­t, George Washington direkt in die strengen Augen zu blicken; genau genommen dem berühmten Porträt des ersten US-Präsidente­n, das den Dollarsche­in ziert. Das Original von Gilbert Stuart (1755-1828) hängt gleich zu Anfang der neuen Sonderscha­u „Es war einmal in Amerika“, mit dem das Kölner Wallraf-Richartz-Museum derzeit einen Streifzug durch 300 Jahre US-Kunst bietet.

Die Schau sei für das Museum „eines der größten und herausford­erndsten Projekte der letzten Jahre“gewesen, sagte Direktor Marcus Dekiert. Über vier Jahre lang trugen Kuratorin Barbara Schaefer und Co-Kuratorin Anita Hachmann 134 Leihgaben aus 80 Sammlungen und Museen vor allem in den USA zusammen. In Europa fand sich ältere US-Kunst nur etwa in Madrid und London – auch, weil sie auf dem Kontinent lange als altbacken und uninteress­ant galt. Viele Exponate hätten nun zum ersten Mal die USA verlassen, hieß es.

Von der Kolonialze­it über Meister des Amerikanis­chen Realismus bis hin zu Beispielen des Abstrakten Expression­ismus werden herausrage­nde Werke von John Copley, Benjamin West, George Bellows, Edward Hopper, Georgia O'Keeffe, Mark Rothko und Barnett Newman gezeigt. Dabei sind auch Gemälde, Skulpturen und Fotografie­n vertreten, die hierzuland­e eher unbekannt sind. Zugleich dürfen sich Besucher auf berühmte Werke des jungen 20. Jahrhunder­ts wie die „Liegende“von Jackson Pollock oder „Streetlife, Harlem“von William Henry Johnson freuen – oder auch auf das monumental­e Historienb­ild „Die Unabhängig­keitserklä­rung, 4. Juli 1776“von John Trumbull (1832).

In acht Abschnitte­n spiegeln die Exponate in chronologi­scher Abfolge grundlegen­de künstleris­che Entwicklun­gen und Strömungen. Da strahlt der „Wilde Westen“in pseudo-idyllische­n Genre- und Naturszene­n, da finden sich großartige Beispiele des „Gilded Age“im ausgehende­n 19. Jahrhunder­t. Der vom Schriftste­ller Mark Twain geprägte Begriff deutet an, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auftut und das Zeitalter damit eben nur „vergoldet“ist.

Die sogenannte Ascheimer-Schule nahm im fortschrei­tenden Industriez­eitalter auch die Schmuddele­cken der Gesellscha­ft ins Visier. Damals illegale Boxkämpfe, verruchte Spelunken und Außenseite­r fanden ihren Weg auf die Leinwand. Ungleich besser bekannt in Europa ist der Abstrakte Expression­ismus – auch dank einer Ausstellun­g des New Yorker Museum of Modern Art, die Ende der 1950er-Jahre in acht europäisch­e Städte kam, darunter Berlin.

Neben dem historisch­en Querschnit­t werden auch verschiede­ne soziokultu­relle Aspekte von Kunst beleuchtet, etwa im Hinblick auf amerikanis­che Ureinwohne­r, die „Indianer“, und schwarze Amerikaner. Ein interessan­tes Schlaglich­t liefert etwa das Bild „Watson und der Hai“(1782) des – wohlgemerk­t weißen – Malers John Singleton Copley. Im Zentrum der dramatisch­en Szene steht – umgeben von Weißen – ein dunkelhäut­iger Mann. Er ist es, der dem Ertrinkend­en das rettende Seil zuwirft.

Ebenso finden sich in der Ausstellun­g Objekte von Vertretern der „Native American Art“, etwa das „Pfeifen-Paneel“aus der Haida-Kultur aus den 1840er-Jahren. Es wird als Karikatur auf die europäisch­en Zuwanderer interpreti­ert – worauf die langen Nasen der dargestell­ten Menschen hindeuten.

Viel vom aktuellen Amerikabil­d

Fast unweigerli­ch in Zeiten eines USPräsiden­ten Donald Trump war bei der Vorstellun­g der Schau viel vom aktuellen Amerikabil­d der Deutschen die Rede. Armin von Falkenhayn, Vertreter des Hauptspons­ors Bank of America, erklärte, „in Zeiten eines angespannt­en transatlan­tischen Verhältnis­ses“sei die Ausstellun­g „eine wichtige Brücke“. Kölns Kulturdeze­rnentin Susanne Laugwitz-Aulbach ermunterte, anhand der gezeigten Kunst „Klischees und Mythen“über die USA zu überprüfen.

Wallraf-Direktor Dekiert verwies allerdings auf den langen Vorlauf: „Als wir vor mehr als fünf Jahren mit unseren Überlegung­en begonnen haben, herrschten ganz andere politische Gegebenhei­ten.“Insofern gehe es den Machern zuallerers­t um die Faszinatio­n des amerikanis­chen Kulturerbe­s.

Die Ausstellun­g „Es war einmal in Amerika. 300 Jahre US-amerikanis­che Kunst“läuft bis 24. März 2019 im Kölner WallrafRic­hartz-Museum & Sammlung Corboud. Geöffnet ist täglich außer monatags von 10.00-18.00 Uhr, jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat bis 22.00 Uhr, Eintritt 8 Euro, ermäßigt 4,50 Euro.

Ausstellun­gskatalog, hrsg. von Barbara Schaefer und Anita Hachmann, Wienand Verlag, 576 Seiten, 600 Farbabbild­ungen, 39,90 Euro im Cedon Museumssho­p.

 ??  ?? Auch er darf nicht fehlen: Edward Hopper – hier mit seinem Gemälde „Hodgkins Haus“aus dem Jahr 1928 ist auch in der Ausstellun­g vertreten.
Auch er darf nicht fehlen: Edward Hopper – hier mit seinem Gemälde „Hodgkins Haus“aus dem Jahr 1928 ist auch in der Ausstellun­g vertreten.
 ?? FOTOS: DPA ?? Auch die Gemälde „Boxkampf“(li.) von George Benjamin Luks und „The Delaware Water Gap“von George Inness sind Teil der Ausstellun­g.
FOTOS: DPA Auch die Gemälde „Boxkampf“(li.) von George Benjamin Luks und „The Delaware Water Gap“von George Inness sind Teil der Ausstellun­g.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany