„Auch kleine Frauen können hauen“
Augsburger Box-Weltmeisterin Tina Rupprecht vor Titelverteidigung im Minimumgewicht
Als Tina Rupprecht am 7. Dezember 2013 zu ihrem ersten Boxkampf als Profi in den Ring stieg, konnte sie nach 50 Sekunden schon wieder duschen gehen – ihre Gegnerin hatte bereits das Handtuch geworfen. Auch die zwei folgenden Kämpfe gewann die Augsburgerin jeweils in der ersten Runde durch Technischen K.o. Es scheint gar nicht so einfach, adäquate Gegner zu finden für die 1,52 Meter große Boxerin mit abgeschlossenem Lehramtsstudium. Die 26-Jährige boxt im Minimumgewicht, das auch als Halbfliegen- oder Strohgewicht bekannt ist, der leichtesten Gewichtsklasse. Maximal 47,63 Kilogramm darf Tina Rupprecht, passender Kampfname „Tiny-Tina“auf die Waage bringen, wenn sie am Samstag ihren im Juni errungenen Weltmeisterschaftstitel nach Version der WBC zum ersten Mal verteidigt. Rupprecht, deren Promoter schon Vergleiche zur weiblichen Boxlegende Regina Halmich (von 1995 bis 2007 ungeschlagene Weltmeisterin im Fliegengewicht nach Version der WIBF) ziehen, bestreitet am Samstag in der Stockschützenhalle von Kühbach (Landkreis Aichach-Friedberg) gegen die Venezolanerin Niorkis Carreno den Hauptkampf von Petko’s Fightnight. ran.de überträgt ab 18 Uhr live. Felix Alex hat sich mit Tina Rupprecht unterhalten.
Frau Rupprecht, wie hat Ihre Boxlaufbahn begonnen? Haben sich Ihre Eltern gefreut, dass sich die Tochter gerne schlägt?
Ich habe mit 12 Jahren ganz zufällig ein Kickbox-Training besucht und der Sport hat mir unheimlich gefallen. Ich habe dann aber schnell gemerkt, dass mir das Boxen besser liegt und mehr Spaß macht. Was meine Eltern angeht, so haben sie mich von Anfang an unterstützt.
Sie sind 1,52 m groß, mit Ihrer Reichweite kann es nicht so weit her sein. Wie lange haben Sie auf einen Wachstumsschub gehofft?
Da hatte ich schon früh keine Hoffnung mehr. Ich glaube, ich war mit 16 bereits 1,52 Meter und bin es immer noch. Meine Gegnerinnen sind meist auch etwas größer – ich bin relativ klein für mein Gewicht, aber das war ich schon immer.
Da ist es sicherlich auch nicht einfach, immer entsprechende Gegner zu finden ...
Am Anfang war es ziemlich schwierig. Vor allem als Amateur bin ich oft zu Turnieren gefahren, bei denen dann gar keine Gegner für mich dabei waren. Bei den Profis ist das anders. Es gibt weltweit 120 Profi-Boxerinnen in meiner Gewichtsklasse in der Weltrangliste. Zwar nicht so viele Europäerinnen, aber aus Mexiko, Japan, China oder Südamerika. Im Vergleich zu den Frauen im Mittelgewicht sind wir gut besetzt – da gibt es nur etwa 20 Profis weltweit.
Ihr Lehramtsstudium haben Sie abgeschlossen, setzen statt eines Referendariats aber aufs Profiboxen. Ihr Promoter-Team spricht bereits von Titelvereinigungen, auch der Vergleich mit Regina Halmich fiel schon. Nerven diese Vergleiche?
Überhaupt nicht, es ist eher eine Ehre. Denn sie war es, die das Frauenboxen in Deutschland berühmt gemacht hat. Eine Titelvereinigung wäre natürlich das Nonplusultra, aber das ist ein langjähriger Prozess. Aber ich bin bereit, diesen Weg zu gehen. Ich bin aktuell auf Platz sieben der Welt und WBC-Weltmeisterin und möchte in der Weltrangliste natürlich auch noch nach oben. Und klar: Ich will auch das Frauenboxen populärer machen und den Leuten zeigen, dass Frauen genauso gut boxen können wie Männer.
Ihre Gegnerin am Samstag, Niorkis Carreno, ist eine Unbekannte – auch für Sie. Es gibt kein Videomaterial von ihr, Sie konnten sich nicht auf sie vorbereiten. Wie kann das sein bei einem WM-Kampf?
Es werden nicht bei jeder Veranstaltung öffentliche Aufzeichnungen gemacht. Wir wissen schon, welche Auslage sie boxt, aber wie ihr Stil wirklich ist, sehe ich dann eben in der ersten Runde und dann muss man sich eben schnell darauf einstellen.
Sie haben kürzlich einer Sparringspartnerin die Nase gebrochen. Haben Sie trotz Ihrer Leichtigkeit auch genug Schlagkraft, um eine Gegnerin k.o. zu schlagen?
Boxen ist ein harter Sport. Da muss man in Kauf nehmen, dass mal etwas bricht oder platzt. Wer in den Ring steigt und Angst hat, dass etwas im Gesicht kaputtgeht, der ist im falschen Sport. Dass man jemanden k.o schlägt, kommt in den leichten Gewichtsklassen seltener vor. Ich habe das im Kampf schon mal geschafft, aber da muss man dazu sagen, dass es keine Weltklasseboxerinnen waren.
Die Zuschauer daheim können bei Ihrem Kampf (etwa ab 22.45 Uhr auf ran.de und ranFIGHTING.de), wenn Sie eine VR-Brille (VirtualReality-Brille, die Red.) haben, den Einmarsch und den Kampf aus der Perspektive der Boxerinnen miterleben. Haben Sie eine Kamera am Körper?
Diese 3-D-Aufnahmen entstehen durch eine 360-Grad-Kamera, die mich von der Kabine aus begleitet, mein Walk-in kann somit aus meiner Sicht erlebt werden. Im Ring wird die Kamera am Ringrichter sein, die Zuschauer können den Kampf also aus seiner Sicht verfolgen. So kann man sicher sehr gut zeigen, dass in den leichten Gewichtsklassen mit großer Dynamik geboxt wird und es sehr schnell zugeht – und beweisen, dass auch Frauen, selbst wenn sie klein und leicht sind, trotzdem hauen können.