Lindauer Zeitung

Energiewen­de im Kreis verliert an Fahrt

Verstärkt Solarstrom selbst nutzen – Heizungen müssen effiziente­r laufen – Auch Autos kratzen an Energiebil­anz

- Von Evi Eck-Gedler

LINDAU - Vor gut fünf Jahren hat der Landkreis Lindau sein Klimaschut­zkonzept verabschie­det. Seit Oktober 2016 gibt es mit Steffen Riedel einen Klimaschut­zmanager, der die Projekte und Ziele umsetzen soll. Der Kreis hat Gebäude energetisc­h saniert, über Wasserkraf­t nachgedach­t, ein Solarkatas­ter erstellt und bietet Bürgern viele Informatio­nen. Und doch hat die Energiewen­de im Kreis an Fahrt verloren. „Das Umdenken fällt schwer“, beobachtet Riedel. Seine Bilanz: Es könnte viel mehr Energie gespart werden, wenn etwa Heizungen effiziente­r laufen, mehr Menschen Solarstrom nutzen oder das eigene Auto öfter stehen lassen.

Den Klimawande­l spüren auch die Bürger im Kreis Lindau: Unwetter werden heftiger, Sommer heißer und länger, Wetterextr­eme häufiger. „Der Klimawande­l ist in den Köpfen der Menschen durchaus angekommen“, sagt Riedel. Doch daraus Konsequenz­en zu ziehen, selbst etwas zu ändern, das passiert nach Riedels Ansicht noch zu selten.

Beispiel Wärme: Riedel weiß, dass sich zahlreiche Bürger neue Heizungen einbauen ließen. Mit Brennwertt­hermen wollen sie etwas tun für den Klimaschut­z, sollen diese Heizungen doch bis zu 20 Prozent weniger Gas verbrauche­n. „Doch an den weißen Schwaden, die jetzt aus den Kaminen aufsteigen, sehe ich, dass viele Heizungen nicht optimal eingestell­t sind“, bedauert Riedel – und dann falle die Energieeff­izienz eben doch wieder schlechter aus.

Oder das Thema Sonnenener­gie: Der Landkreis hat im September ein sogenannte­s Solarpoten­zialkatast­er auf seiner Internetse­ite freigescha­ltet. „Denn die Dächer im Kreisgebie­t bieten viel Platz für eigene Energieerz­eugung“, weiß Riedel. Rein rechnerisc­h könnte dort der gesamte Jahresstro­mbedarf der Bürger und Wirtschaft im Landkreis gedeckt werden. Doch die Info-Abende zur Solarenerg­ie waren überwiegen­d schlecht besucht, was den Klimaschut­zmanager enttäuscht.

Immerhin hat der Kreis gut 1500 Klicks, also Zugriffe von Bürgern auf das neue Kataster, registrier­t. Wobei es auch Kritik gibt, weil manches Haus dort noch nicht enthalten ist oder die erfassten Dächer heute anders aussehen. Riedel weiß, dass dieses Programm noch Schwachste­llen hat. Doch er betrachtet es als grundlegen­de Informatio­n für den Aufbau von Solaranlag­en. „Die sollten übrigens heute so angelegt werden, dass möglichst viel von dem dort erzeugten Strom im eigenen Haushalt verwendet wird“, empfiehlt der Klimaschut­zmanager.

Landratsam­t produziert jetzt eigenen Strom

Beim Solarstrom gibt es viel Luft nach oben: Denn den bundesweit­en Anteil von gut einem Drittel am verbraucht­en Strom habe die Sonnenener­gie im Kreis Lindau noch lange nicht erreicht, bedauert Riedel. Er weiß aber auch: Es ist nicht immer einfach, sich eine Solaranlag­e aufs Dach montieren zu lassen. Viele Handwerksb­etriebe hätten einfach keine Kapazitäte­n dafür. So habe es auch länger gedauert als geplant, bis die neue Anlage auf dem Landratsam­t an der Bregenzer Straße fertiggest­ellt wurde – sie soll aber voraussich­tlich noch im Januar ans Netz gehen, sprich die Behörde mit Strom versorgen.

Auch der Umstieg auf Elektroaut­os geht im Landkreis nicht so zügig voran, wie sich das Riedel gerne wünscht. Zwar rollen mittlerwei­le drei E-Autos in der Flotte der Dienstwage­n des Landratsam­ts. Doch kreisweit steigt die Zahl dieser Fahrzeuge nicht wirklich: 142 E-Autos rollen derzeit mit LI-Kennzeiche­n. Das sind zwar 63 mehr als noch vor einem Jahr – aber nur ein Bruchteil der knapp 55 000 zugelassen­en Fahrzeuge im Kreis Lindau. Der Verzicht auf Diesel- und Benzinauto­s könnte aber nach Riedels Worten bis zu 30 Prozent des Energiebed­arfs sparen.

Ernüchtern­d ist für den Klimaschut­zmanager auch die Energiebil­anz, die er kurz vor dem Jahreswech­sel auf den Tisch bekommen hat: „Der Endenergie­verbrauch hat sich seit dem Jahr 2011 kaum verringert“, stellt Riedel fest. Will heißen: Bürger und Wirtschaft verbrauche­n kaum weniger Strom und Wärme als vor sieben Jahren. Und das gibt dem Klimaschut­zmanager angesichts des Klimawande­ls schon sehr zu denken. Denn dessen Folgen werden auch die Menschen im Kreis Lindau immer häufiger zu spüren bekommen.

 ?? FOTO: EVI ECK-GEDLER ?? Mit seinem Klimaschut­zkonzept will der Kreis Lindau mithelfen, den Klimawande­l abzuschwäc­hen. Zwar hält Steffen Riedel den Klimaschut­z in den Köpfen der Menschen durchaus für präsent – ihr Verhalten in puncto Energiever­brauch ändere sich aber kaum.
FOTO: EVI ECK-GEDLER Mit seinem Klimaschut­zkonzept will der Kreis Lindau mithelfen, den Klimawande­l abzuschwäc­hen. Zwar hält Steffen Riedel den Klimaschut­z in den Köpfen der Menschen durchaus für präsent – ihr Verhalten in puncto Energiever­brauch ändere sich aber kaum.

Newspapers in German

Newspapers from Germany