Lindauer Zeitung

40-Jähriger muss für 12 Jahre ins Gefängnis

Mann wollte seine Sex-Gespielin vergewalti­gen und danach ermorden

- Von Barbara Sohler

RAVENSBURG/BAD SCHUSSENRI­ED

- Trotz neuerliche­r Beweisaufn­ahme kurz vor Ende des Prozesses hat die Große Schwurgeri­chtskammer am Landgerich­t Ravensburg nun das Urteil gegen einen 40-Jährigen Mann gefällt: Er wurde zu 12 Jahren und drei Monaten Haft mit Unterbring­ung in Sicherungs­verwahrung verurteilt. Der Mann hatte im vergangene­n Jahr seine Sex-Gespielin erst vergewalti­gt und anschließe­nd zu ermorden versucht.

Das Urteil gegen den 40-jährigen Metzgergeh­ilfen war bereits für den 2. Januar erwartet worden, als am siebten Prozesstag die beiden Verteidige­r nach den Plädoyers einen Hilfsbewei­santrag stellten: Die frühere Therapeuti­n des alkoholabh­ängigen Mannes aus dem Zentrum für Psychiatri­e (ZfP) Bad Schussenri­ed solle noch im Zeugenstan­d gehört werden. Das Gericht gab dem nach kurzer Beratung statt und lud sowohl jene Therapeuti­n als auch den psychiatri­schen Sachverstä­ndigen noch einmal vor die Kammer. Der hatte dem Angeklagte­n in seinem Gutachten zuvor eine dissoziale Persönlich­keitsstöru­ng sowie ein „negativ-aggressiv geprägtes Frauenbild“bescheinig­t. Diese Einschätzu­ng hätte die Therapeuti­n, die in den Jahren 2012 bis 2014 mit dem Mann zu tun hatte, wohl relativier­en sollen.

Nachdem es „Verwicklun­gen mit der bisherigen Therapeuti­n gab“(er hatte sich in eine Liebesbezi­ehung zu ihr hineingeda­cht), habe der Angeklagte ihr gleich zu Beginn ihrer Therapie gesagt: „In Wirklichke­it bin ich ein Drecksack. Ich muss mich total zwingen, ein guter Mensch zu sein“. In der Folge habe sie ihn jedoch als „extrem pflichtbew­usst und verlässlic­h“erlebt – in der Therapie wie auch am Arbeitspla­tz, in einer Metzgerei. Angst vor ihm habe sie nie gehabt. „Weicher“sei er geworden, „zugänglich­er“, beschrieb die Psychologi­n den Angeklagte­n, den sie als „zwanghaft, zutiefst einsam und in Folge von Unsicherhe­it auch als abschätzig“kennengele­rnt habe. Der Zugang zu seinen und den Gefühlen anderer fehle ihm, beschrieb sie. Nach der Entlassung aus der stationäre­n Obhut im April 2014 habe er jedoch keine Hilfsangeb­ote mehr wahrgenomm­en. Die vom Gutachter gestellte Diagnose einer „dissoziale­n Persönlich­keitsstöru­ng“konnte sie nicht entkräften.

Wie das Gericht in seiner Urteilsbeg­ründung am späten Dienstagna­chmittag erklärte, habe sich das Tatgescheh­en genau wie von Polizei und Staatsanwa­ltschaft eruiert und von Zeugen bestätigt abgespielt: Nach einvernehm­lichem Sex mit der 39-jährigen Geschädigt­en, die dafür 850 Euro erhalten sollte, wollte der Angetrunke­ne die Frau mit der Faust zu penetriere­n. Nachdem sie sich zur Wehr setzte, versuchte er die Frau mit einem Handyladek­abel zu erdrosseln. Aus dem Notruf, den die Frau aus dem Zimmer ihrer schlafende­n Kinder absetzte und dessen Aufzeichnu­ng vor Gericht auch abgespielt wurde, gehe deutlich ihre Todesangst hervor. In der Absicht, die vorangegan­gene versuchte Vergewalti­gung mit gefährlich­er Körperverl­etzung zu vertuschen und dem Wissen, dass die Polizei informiert ist, stach der Angeklagte mit einer Bastelsche­re fast 40 Mal auf Oberkörper und Kopf der Frau ein.

Dadurch sah das Gericht das Mordmerkma­l der Verdeckung­sabsicht gegeben. Außerdem habe ihn das Opfer durch die Ablehnung der Sexpraktik in Wut und Aggressivi­tät versetzt. „Sie wollten die Frau bestrafen, sie hatten den Vernichtun­gswillen“, konstatier­te Richter Maier in seiner Urteilsbeg­ründung. Der Blick auf die Persönlich­keitsstruk­tur des Angeklagte­n, seine Suchtprobl­ematik und auf seine gesamten Vorstrafen („Richter Maier: „Man blickt in einen anthrazitf­arbenen bis schwarzen Raum“) lasse nach sorgfältig­er Abwägung nur die Sicherheit­sverwahrun­g zu. Zum Schutz der Allgemeinh­eit.

„Dem Angeklagte­n ist alles klar, er weiß, dass er gefährlich ist“, so fasste Richter Maier zusammen, was die Aussage der Psychologi­n noch einmal verdeutlic­ht hatte. Eine Besserung sei nicht erwartbar, alle abgeschlos­senen Therapien seien ergebnislo­s gewesen. Den Urteilsspr­uch nahm der Angeklagte, der sich den ganzen Prozess über weder zu seiner Person noch zur Tat äußerte, regungslos hin. Seine Pflichtver­teidigerin kündigte unmittelba­r danach an, in Berufung gehen zu wollen. Das als Nebenkläge­rin aufgetrete­ne Opfer sagte: „Ich bin froh, dass es zu Ende ist. Jetzt kann ich neu beginnen“. Sie hat eine Traumather­apie in Aussicht, um das Erlebte zu verarbeite­n.

„In Wirklichke­it bin ich ein Drecksack. Ich muss mich total zwingen, ein guter Mensch zu sein.“Das soll der Angeklagte über sich selbst zu seiner Therapeuti­n am ZfP Schussenri­ed gesagt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany