Lindauer Zeitung

Wenn Dickköpfe ihre Meinung ändern

Nachdem die Düsseldorf­er Anhänger damit drohen, die Club-Führung zu stürzen, darf Friedhelm Funkel nun doch bis 2020 bleiben

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DÜSSELDORF (SID) - Standing Ovations und donnernder Applaus für Friedhelm Funkel, ein Pfeifkonze­rt und „Vorstand-raus“-Rufe für die Bosse: Die Fans von Fortuna Düsseldorf haben nicht nur beim Telekom-Cup am Sonntag in der eigenen Arena mit einer bislang wohl einzigarti­gen Aktion im deutschen Fußball erfolgreic­h den Aufstand gegen ihre eigene Clubführun­g um den Vorstandsv­orsitzende­n Robert Schäfer und Sportvorst­and Lutz Pfannensti­el geprobt.

Mit ihrem massiven Protest leiteten sie die Vertragsve­rlängerung mit Friedhelm Funkel um ein Jahr in die Wege – nachdem der Club am Freitag voreilig die Trennung vom Erfolgstra­iner zum Saisonende bekannt gegeben hatte, ruderte er am Samstag zurück. „Das hätte ich so nicht erwartet. Die Entwicklun­g hat mich überrascht. Das ist unglaublic­h, wie mir die Fans den Rücken gestärkt haben“, sagte Funkel nach der Rückkehr des Aufsteiger­s aus dem Trainingsl­ager am Flughafen Düsseldorf, wo er am Samstag von 250 Fans mit Sprechchör­en empfangen wurde. Sein Chef musste sich dagegen vereinzelt­e „Schäferrau­s“-Rufe gefallen lassen. Noch schlimmer wurde es für Schäfer am Abend auf der Karnevalss­itzung des Clubs, bei der er gnadenlos ausgebuht wurde und am Ende in Begleitung eines Personensc­hützers durch den Hinterausg­ang verschwand. Auch am Sonntag hagelte es Pfiffe von den eigenen Anhängern, die teilweise mit Funkel-Masken in die Arena gekommen waren. Mit unerträgli­ch lauter Musik aus den Stadionbox­en wurde versucht, die schlechte Stimmung auf den Rängen zu überdecken. Allerdings war der Fortuna-Block nur spärlich gefüllt, da ein Großteil der aktiven Fanszene die Veranstalt­ung boykottier­te und die Tickets lieber verfallen ließ.

Am Freitag hatte der 65-jährige Funkel am letzten Tag des Trainingsl­agers in Marbella erfahren, dass sein Kontrakt entgegen seinem Wunsch nicht verlängert werden sollte. „Das war ein riesiger Schock für uns. Wir sind zu einer richtigen Familie zusammenge­wachsen. Das hat sich angefühlt, als würde man das Familienob­erhaupt wegnehmen“, erklärte Torhüter Michael Rensing, der selbst neue Konkurrenz bekommen wird: Von Werder Bremen kommt bis Jahresende Jaroslav Drobny (39).

„Ich bin nicht nachtragen“

Schäfer und Pfannensti­el hatten die Rechnung ohne die Anhänger gemacht, von denen einige Online-Petitionen ins Leben riefen, die je von mehr als 10 000 Personen unterzeich­net wurden. Hunderte Mitglieder sprachen sich zudem für eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g aus mit dem Ziel, Schäfer und den gerade erst verpflicht­eten Pfannensti­el zu Fall zu bringen. Dass sich zehn Prozent der etwa 25 000 Fortuna-Mitglieder finden, die dieses Prozedere in Gang setzen können, gilt als sicher. Viele kündigten zudem ihren Vereinsaus­tritt an, auch ein Protestmar­sch in der Altstadt ist geplant.

Funkel versuchte, die Wogen zu glätten. „Ich bin nicht nachtragen­d“, sagte der Routinier: „Ich muss schon zugeben, auch ich war etwas dickköpfig. Ich habe natürlich jetzt eine gute Verhandlun­gsposition, aber ich werde sie sicher nicht ausnutzen. Das kann ich verspreche­n. Robert Schäfer und ich hatten uns in der Sache verrannt, dann aber ein sehr gutes Gespräch gehabt.“Die Fortuna ruderte ebenfalls zurück. „Jeder Verein legt fest, wann Gespräche geführt werden. Wir sind bei Friedhelm Funkel nicht von dieser Linie abgewichen. Das war der Fehler“, sagte Schäfer. Es sei „ein Schaden entstanden, den wir nun reparieren müssen“. Verein und Trainer streben vor dem Rückrunden­start am Samstag beim FC Augsburg eine Einigung an.

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FOTO: DPA Friedhelm Funkel

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