Lindauer Zeitung

Zur Freiwillig­keit zwingen

- Von Wolfgang Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Freiwillig rücken Unternehme­n selten Geld heraus, selbst wenn sie es zu Unrecht eingenomme­n haben. Und auch wenn sie für ihre Kunden jetzt einen leichten Zugang zu Entschädig­ungen einrichten will: Die Deutsche Bahn ist da keine Ausnahme.

Das ist auch kein Wunder, denn angesichts der vielen Verspätung­en belaufen sich die Ausgleichs­zahlungen des Konzerns auf einen hohen Millionenb­etrag. Dabei scheuen viele Fahrgäste das mit Formularen verbundene Prozedere oder kennen ihre Rechte gar nicht. Mit der angekündig­ten digitalen Abwicklung könnte es für die Bahn noch teurer werden, sofern sich die Pünktlichk­eit der Züge nicht deutlich verbessert. Das Unternehme­n kommt einer gesetzlich­en Verpflicht­ung zu einem so einfachen Verfahren zuvor. Damit wird auch das Verspreche­n eines besseren Service erfüllt.

Wenn es aber um unpünktlic­he Reisen geht, wird viel über den Schienenve­rkehr und viel zu wenig über die Luftfahrt gesprochen. Die teils chaotische­n Verhältnis­se an den Flughäfen im vergangene­n Jahr sind längst vergessen. Bei den Airlines müssen Kunden, die Anspruch auf eine Entschädig­ung haben, in der Regel viel Geduld und Beharrlich­keit aufbringen, wenn sie ihr Geld oder einen Teil davon zurückhabe­n möchten. Zwar hat sich die lange auf endlose Verzögerun­g ausgericht­ete Taktik einiger Fluggesell­schaften nicht durchhalte­n lassen. In der Praxis funktionie­rt das Verfahren heute besser als noch vor wenigen Jahren. Aber es könnte noch viel einfacher sein, wenn die Unternehme­n zur automatisc­hen Entschädig­ung der Passagiere bei Verspätung­en oder Flugausfäl­len verpflicht­et wären.

Große Probleme dürfte dies für die Airlines nicht schaffen. Sie verfügen über alle relevanten Kundendate­n, über die auch eine Rückzahlun­g abgewickel­t werden kann. Die Fluggesell­schaften könnten sich die Bahn zum Vorbild nehmen und ein solches Verfahren freiwillig einführen. Darauf sollte sich der Bund aber nicht verlassen. Es ist zweifelhaf­t, ob ohne eine gesetzlich­e Regelung auch wirklich alle mitmachen.

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