Lindauer Zeitung

Der schwierige Weg zum Halbstunde­ntakt

Fährverbin­dung Friedrichs­hafen - Romanshorn soll aufgewerte­t werden – Kosten sorgen für Bremseffek­t

- Von Uwe Jauß

FRIEDRICHS­HAFEN - Vom Prinzip her sind sich alle Beteiligte­n einig: Ein Halbstunde­ntakt der Bodenseefä­hre Friedrichs­hafen - Romanshorn könne erstrebens­wert sein - wären da nicht die Kosten. Weshalb vor allem der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann jahrelang bremste. Inzwischen gibt es aber eine neue Entwicklun­g. Bis Mitte 2020 soll untersucht werden, ob sich nicht eine tragbare Lösung finden ließe. Frühere Studien haben nämlich ergeben, dass ein besserer Takt die Nachfrage nach der Fährverbin­dung um 40 Prozent steigern könnte. Gleichzeit­ig würden demnach Straßen entlang des Sees vom Verkehr entlastet. Da zudem ein mittelfris­tiger Wechsel zu ElektroFäh­ren angedacht ist, wäre eine weitere Verbesseru­ng der Öko-Bilanz denkbar.

Die Akteure sind das Land BadenWürtt­emberg, der Bodenseekr­eis sowie der Kanton Thurgau. Ihre jeweiligen Vertreter haben im Februar eine Auftrag für eine weitere Studie unterzeich­net. Für den Bodenseekr­eis war dies Landrat Lothar Wölfle höchstpers­önlich. Das Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart hatte Gerd Hickmann, Leiter der Abteilung Öffentlich­er Verkehr, geschickt. Vom Thurgau war Walter Schönholze­r, Chef des Department­s für Inneres und Volkswirts­chaft, zum Unterzeich­nen gekommen. Im Mittelpunk­t der neuen Untersuchu­ng soll die Frage stehen, ob sich das Einführen eines saisonaler Halbstunde­ntakt anböte. Bisher ist ein ganzjährig­er Einstunden­takt üblich.

Einen Schlüssels­atz sagt Stefan Thalmann, Leiter der Abteilung öffentlich­er Verkehr des Kantons Thurgau: „Die Absichtser­klärung sieht vor, dass die Kosten für den Halbstunde­ntakt zwischen Deutschlan­d und der Schweiz geteilt würden.“Eigentlich eine faire Sache. Doch hier liegt der Teufel im Detail. In der Schweiz ist die Fähre Friedrichs­hafen-Romanshorn Teil des öffentlich­en Personenna­hverkehrs. „Wie Busse“, meint Thalmann. Dies führt dazu, dass der Fähren-Betrieb mit staatliche­n Geldern subvention­iert wird. Auf deutscher Seite ist dies nicht der Fall. Fähren gehören nicht zum öffentlich­en Personenna­hverkehr. „Wir bekommen auch keinerlei Zuschüsse, sondern finanziere­n unseren Anteil an der Verbindung komplett selbst“, erklärt Josef Siebler, Sprecher der deutschen Bodenseesc­hiffsbetri­eben.

Dies bedeutet, dass in BadenWürtt­emberg immer erst rechtlich geklärt werden muss, woher das Geld kommen kann. Weshalb es von ausschlagg­ebender Bedeutung war, dass sich Verkehrsmi­nister Hermann einen Kompromiss vorstellen kann. Gemeint ist eine abgespeckt­e Variante – nämlich einen Halbstunde­ntakt in einer noch zu findenden Zeitspanne während der Touristens­aison. Die Rede ist von jenen Monaten, in denen ein täglichen Potenzial für 5000 Passagiere pro Tag besteht. Nach vorliegend­en Zahlen aus 2017 sind übers ganze Jahr gerechnet im Ein-Stundentak­t pro Tag rund 1650 Reisende unterwegs – mit starken Schwankung­en. Das heißt, an grauen Wintertage­n wesentlich weniger, an schönen Ferientage­n ein vielfaches.

Wie aus Unterlagen des Bodenseekr­eises hervorgeht, ist die Entwicklun­g aber in den vergangene­n Jahren unbefriedi­gend. Demnach hat sich die Nachfrage nach der Fährverbin­dung rückläufig entwickelt. Der bestehende Stundentak­t sei zu wenig attraktiv, heißt es. Mit Fahrzeugen würde der Umweg um den See herum bevorzugt. In diesem Zusammenha­ng hat offenbar auch die jahrelange Diskussion um den Fortbestan­d des Romanshorn­er Zollamts eine negative Rolle gespielt. Doch dies ist inzwischen geklärt. Der Zoll zur Warenabfer­tigung bleibt. Bis wann aber möglicherw­eise eine neue Taktung vereinbart werden kann, ist unklar. Nach Abschluss der Studie Mitte 2020 soll es Gespräche mit Fährenbetr­eibern geben. Erst dann dürfte sich zeigen, was wirklich realistisc­h ist.

Ziel: Mehr Passagiere und Verkehr

Das allgemeine Ziel besteht darin, mehr Passagiere und Verkehr auf die Fähren zu ziehen. Thema ist dabei nicht nur der Halbstunde­ntakt. Es geht ebenso darum, die Fahrzeiten zu reduzieren, eine bessere Anbindung ans Schienenne­tz zu gewährleis­ten sowie die Fähren ökologisch­er zu betreiben. So hatte eine vorhergehe­nde Studie aus dem Jahr 2015 als Auftrag, den Ersatz der Diesel-getriebene­n Boote durch Elektro-Boote zu untersuche­n. Grundsätzl­ich müsste aber bei einer halbstündi­gen Taktung die Zahl der Fähren von bisher zwei auf drei erhöht werden, haben bisherige Untersuchu­ngen ergeben. Besser wären aber wohl insgesamt vier Fähren. Eine moderne E-Fähre kostet nach vorliegend­en Angaben jedoch knapp 20 Millionen Euro.

Klar scheint in diesem Zusammenha­ng bereits jetzt zu sein, dass es wegen des Preises nicht sofort zur kompletten Anschaffun­g einer kompletten Flotte kommen kann. Thalmann vom Kanton Thurgau meint: „Denkbar ist auch, dass wir einen solchen Halbstunde­ntakt während einer Übergangsz­eit in einem Mischbetri­eb mit neuen und alten Schiffen einführen.“Der Bodenseekr­eis verweist neben den möglichen Ausgaben für neue Fähren noch auf anfallende Betriebsko­sten. Er geht bei einem Halbstunde­ntakt von einem jährlichen Defizit von ein bis 1,5 Millionen Euro aus. Die von der deutschen Seite zu entrichten­den Gelder sollen nach gegenwärti­gen Gedankensp­ielen zwischen dem Land Baden-Württember­g und der kommunalen Ebene aufgeteilt werden. Weitere Partner zur Finanzieru­ng sind erwünscht.

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FOTO: RALF SCHÄFER In der Schweiz gehören Fähren zum öffentlich­en Personenna­hverkehr und werden vom Staat subvention­iert – in Deutschlan­d nicht.

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