Zwei Seelenverwandte im Weißen Haus
US-Präsident Trump empfängt den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro – Er will wirtschaftlich und militärisch profitieren
WASHINGTON - Wenn Donald Trump am Dienstag den roten Teppich für Jair Bolsonaro ausrollt, trifft er einen Seelenverwandten. Beide verstehen sich als Rebellen, die der politischen Elite den Kampf angesagt haben. Beide haben Wahlen gewonnen mit dem populistischen Versprechen, den Sumpf trockenzulegen, was immer das konkret heißen mag. Ob es die Lust an der Provokation auf Twitter ist, die Verachtung für Klimawissenschaftler oder die Art, über sogenannte Mainstream-Medien herzuziehen: Der brasilianische Präsident, der Trump der Tropen, wie manche ihn nennen, hat sich den US-amerikanischen offensichtlich zum Vorbild genommen.
Mit Trumps Spielart des Nationalismus, lobt dessen Außenminister Ernesto Araújo, verbinde sich die letzte Hoffnung, um den christlichen Westen vor dem „kulturellen Marxismus“zu retten. Auch Steve Bannon, einst Chefstratege im Weißen Haus, nach ein paar Monaten entlassen, aber in Trumps Orbit noch immer präsent, scheint auf die Karte Jair Bolsonaro zu setzen. Dessen Sohn Eduardo, einen Parlamentsabgeordneten, ernannte er unlängst zum Südamerika-Repräsentanten seines rechtspopulistischen Netzwerks „The Movement“. Der Hardliner John Bolton wiederum, seit knapp einem Jahr Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus, spricht fast schon überschwänglich von der enormen Energie, mit der Bolsonaro am Ausbau der Beziehungen arbeite.
Es ist, abgesehen von einem Trip zum Weltwirtschaftsforum in Davos, Bolsonaros erste Auslandsreise. Und bei so viel ideologischer Nähe rückt ein wenig in den Hintergrund, worum es in den Details gehen wird. Die USA, erwarten Diplomaten, dürften Brasilien symbolisch aufwerten. Fortan soll es als Nicht-Nato-Verbündeter gelten, als zweites südamerikanisches Land nach Argentinien, das den Status bereits 1998 erhielt. In der Praxis läuft es darauf hinaus, militärisch intensiver zu kooperieren. Vor allem bedeutet es, dass die Brasilia- ner US-amerikanische Militärtechnik künftig zu ähnlichen Bedingungen erwerben können wie die Verbündeten der Nato.
Trump, der aktiv Waffengeschäfte einfädelt, um den eigenen Konzernen im Wettlauf mit der Konkurrenz aus China oder Russland einen Vorteil zu verschaffen, erhofft sich davon ein deutliches Plus bei den Exporten nach Brasilien. Im Finanzjahr 2017 hatten US-Unternehmen dort nur für 39 Millionen Dollar Rüstungsgüter verkauft – in seinen Augen eine lächerlich niedrige Summe.
Außerdem will es Bolsonaro den US-Amerikanern gestatten, einen Luftwaffenstützpunkt im Nordosten seines Landes für Satellitenstarts zu nutzen. Einen Kommunikationsoder Wettersatelliten in der Nähe des Äquators ins All zu befördern, das ist effizienter, als würde man ihn von einer Startrampe in Florida aus auf eine Umlaufbahn bringen. Konfliktpotenzial bietet dagegen das Verhältnis zu China.
Trump will möglichst viele Staaten der westlichen Hemisphäre auf einen harten, im Zweifelsfall protektionistischen Kurs gegenüber Peking einschwören. Brasilien aber ist in hohem Maße angewiesen auf chinesische Importe. Auch beim Umgang mit Venezuela sind Differenzen nicht zu übersehen. Zwar haben sowohl Washington als auch Brasilia den Oppositionsführer Juan Guaidó als Interimspräsidenten anerkannt. Doch wie der De-facto-Staatschef Nicolás Maduro von der Macht verdrängt werden soll, dazu gehen die Meinungen auseinander. Trump, nach dessen Worten alle Optionen auf dem Tisch liegen, schließt ein bewaffnetes Eingreifen nicht aus, während Bolsonaro eine Intervention einstweilen nicht unterstützt.