Kritiker befürchten durch Bluttests mehr Druck auf Eltern
Ein Bluttest zur Bestimmung einer Trisomie 21 („Downsyndrom“) in der frühen Schwangerschaft kann die Pränataldiagnostik verändern. Kritiker befürchten allerdings leichtfertigere Entscheidungen gegen das Kind. Eine Zulassung des Tests als Kassenleistung rückt näher.
Wie funktioniert der Test?
Der seit 2012 angebotene vorgeburtliche Test ermöglicht es Ärzten, einer Schwangeren anhand von wenigen Tropfen ihres Bluts mit hoher Treffsicherheit zu sagen, ob ihr Kind eine Trisomie 21 haben wird. Dabei werden Erbgutfragmente des Kindes aus dem mütterlichen Blut isoliert und untersucht. Anhand der dabei gewonnenen Daten berechnet der Computer dann, ob das Chromosom 21 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur doppelt, sondern dreifach angelegt ist.
Wie hoch ist das Risiko einer Trisomie 21?
Das Risiko für Trisomien steigt mit dem Alter der Schwangeren. Trisomie 21 tritt bei ungefähr 24 von 10 000 Schwangerschaften auf.
Wo wird der Test angeboten?
Bislang müssen Eltern den Bluttest aus eigener Tasche bezahlen. Er wurde anfangs nur an wenigen Pränatalzentren für 1200 Euro angeboten; inzwischen betragen die Kosten in der günstigsten Variante noch rund 200 Euro. Auch einige private Kassen finanzieren den Test. Derzeit aber geht es darum, ob der Test in Deutschland auch als Kassenleistung angeboten wird. Entscheiden muss das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten und Krankenkassen.
Wie argumentieren die Befürworter der Bluttests?
Sie verweisen darauf, dass die Bluttests eine risikoarme Alternative zu bestehenden Verfahren wie etwa der Fruchtwasseruntersuchung seien, die immer mit einem Fehlgeburtsrisiko behaftet sind. Bis vor wenigen Jahren war eine verlässliche Bestimmung einer Trisomie nur mithilfe einer Chorionzottenbiopsie (Entnahme von Mutterkuchengewebe) ab der zwölften Schwangerschaftswoche oder einer Fruchtwasseruntersuchung ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich. Diese Eingriffe lösen bei etwa zwei bis zehn von 1000 Schwangerschaften Fehlgeburten aus. Befürworter der Bluttests erklären, es wäre Doppelmoral, die riskantere Fruchtwasseruntersuchung zu akzeptieren, aber auf ein weniger riskantes und weniger belastendes Verfahren zu verzichten.
Was sagen die Gegner?
Sie befürchten, dass die Bluttests zu einer Art Automatismus führen werden. Schwangerschaft werde immer stärker zu einer Schwangerschaft auf Probe; werdende Mütter könnten durch die Tests verunsichert werden. Der gesellschaftliche Druck, ein gesundes Kind zur Welt bringen zu müssen, steige. Kritiker verweisen zudem darauf, dass im Falle eines auffälligen Ergebnisses eine Bestätigung des Befundes durch eine Fruchtwasseruntersuchung folgen muss. Zudem ist derzeit offenbar nicht sichergestellt, dass Schwangeren bei Inanspruchnahme des Tests eine genetische Beratung nach dem Gendiagnostikgesetz angeboten wird. Nach einer – allerdings umstrittenen – Studie entscheiden sich bereits heute 90 Prozent aller Schwangeren, die erfahren, dass ihr Kind eine Trisomie 21 hat, für einen Abbruch. (KNA)