Maas kommt zu spät in New York an
NEW YORK (dpa) - Beim ersten Dienstflug des Regierungsfliegers „Konrad Adenauer“nach einer viermonatigen Generalüberholung hat es wieder eine Panne gegeben. Nach dem Flug von Berlin nach New York mit Außenminister Heiko Maas (SPD) an Bord verlor bei der Landung ein Reifen Luft, sodass der Airbus A340 nicht selbstständig in die Parkposition kommen konnte. Maas verpasste wegen des Zwischenfalls den Auftakt einer informellen Sitzung des UN-Sicherheitsrats.
Deutschland übernimmt im April für einen Monat den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates – und ist damit zum ersten Mal seit 2012 wieder oberster Hüter über den Frieden in der Welt. Außenminister Heiko Maas (SPD) ist am Montagmorgen nach New York geflogen, um sich den Chefsessel mit Frankreichs Außenminister JeanYves Le Drian zu teilen. Die beiden Länder haben vereinbart, ihre aufeinanderfolgenden Leitungsperioden als gemeinsamen „Doppelvorsitz“für zwei Monate zu verstehen.
Erstmals in der 73-jährigen Geschichte des Gremiums bilden zwei Staaten eine „Zwillingspräsidentschaft“– die Franzosen nennen dies „Jumelage“. Darauf geeinigt hatten sich beide Länder bei der Unterzeichnung des neuen Aachener Vertrags im Januar. Im UN-Sicherheitsrat möchten Berlin und Paris als gemeinsame EU-Marke mit einer europäischen Stimme sprechen und zeigen, dass man „bestimmten Vorstellungen von Multilateralismus folgt und sich miteinander abstimmt“, wie Lisbeth Zimmermann, Professorin für Internationale Beziehungen an der Friedrichshafener Zeppelin-Universität, erklärt. Mehr Macht hat das deutsch-französische Tandem im Sicherheitsrat jedoch nicht. „Der gemeinsame Vorsitz hat einen mehr symbolischen Charakter“, sagt Zimmermann.
Nicht immer einig
Einig waren sich Deutschland und Frankreich in Bezug auf den UN-Sicherheitsrat und in sicherheitspolitischen Fragen jedoch nicht immer. Während Deutschland für zwei Jahre als nicht-ständiges Mitglied in das Gremium gewählt wurde und damit quasi Gast ist, gehört Frankreich zu den fünf ständigen Mitgliedern – neben den USA, Russland, China und Großbritannien.
Seit Jahren hofft Deutschland, Frankreich würde die Mitgliedschaft gegen einen ständigen EU-Sitz eintauschen. Aber Frankreich hat kein Interesse daran, sein wertvolles Vetorecht auf Kosten eines europäischen Sitzes aufzugeben. Fortschritte gibt es in der Debatte nicht.
Auch hatten Deutschland und Frankreich zuletzt -erbittert über den Exportstopp der Bundesregierung von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien gestritten. Frankreich warf dem Partner vor, notwendige deutsche Zulieferungen für eigene Produkte würden ausbleiben.
Zumindest für die Dauer des Doppelvorsitzes im Sicherheitsrat sollen diese Reibungspunkte ausgeblendet werden. Denn auch ohne das Geknirsche zwischen Berlin und Paris hat die „Jumelage“eine schwierige Zeit vor sich. Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats haben jeweils eigene weltpolitische Vorstellungen. Die Haltung beispielsweise von Russland und den USA zu den Konflikten in Venezuela, Syrien und Jemen liegen weit auseinander. Daher habe es im Sicherheitsrat auch Zeiten gegeben, „in denen nichts passiert ist“, sagt Zimmermann. Das gilt aller Voraussicht nach auch für ein gewichtiges Thema, das Maas auf die Agenda setzen möchte: die Abrüstung und die Nichtverbreitung von Atomwaffen. An diesem Dienstag spricht der Sicherheitsrat über den Atomwaffensperrvertrag. Die Fortschritte der vergangenen Monate auf diesem Gebiet sind dürftig. USA und Russland wollen aus dem gemeinsamen INFVertrag aussteigen, eine Lösung in dem Konflikt ist nicht in Sicht.
Maas’ lange Themenliste
Die Opposition in Deutschland erhofft sich Fortschritte in dem festgefahrenen Streit um die Abrüstung. Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen forderte in den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“, Maas solle den Vorsitz nutzen, „um die gefährliche Erosion des Völkerrechts und die Aufkündigung völkerrechtlicher Abrüstungsverträge“ zu stoppen. Die weiteren Themen, die Maas als Vorsitzender auf die Tagesordnung setzen will, bergen weniger Streitpotenzial. Großer Komplex soll das Zusammenspiel von Klimawandel und Sicherheit werden. Es geht um drohende Konflikte durch klimabedingte Phänomene wie Wasserknappheit oder Ernteausfälle und die Frage, wie solchen Szenarien entgegengewirkt werden kann.
Auch die Lage von Frauen in Konfliktregionen, etwa wie sie vor sexualisierter Gewalt geschützt werden können, soll in Absprache mit Frankreich auf der Agenda stehen. Zudem soll diskutiert werden, wie Frauen stärker in die Konfliktbewältigung und Friedenssicherung einbezogen werden können.
Zudem soll er Schutz humanitärer Helfer gestärkt werden. Krankenhäuser, Ärzte und Helfer würden „immer häufiger zur Zielscheibe“, kritisierte Maas.