Lindauer Zeitung

Maas kommt zu spät in New York an

- Von Daniel Hadrys, Ravensburg, und Agenturen

NEW YORK (dpa) - Beim ersten Dienstflug des Regierungs­fliegers „Konrad Adenauer“nach einer viermonati­gen Generalübe­rholung hat es wieder eine Panne gegeben. Nach dem Flug von Berlin nach New York mit Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) an Bord verlor bei der Landung ein Reifen Luft, sodass der Airbus A340 nicht selbststän­dig in die Parkpositi­on kommen konnte. Maas verpasste wegen des Zwischenfa­lls den Auftakt einer informelle­n Sitzung des UN-Sicherheit­srats.

Deutschlan­d übernimmt im April für einen Monat den Vorsitz des UN-Sicherheit­srates – und ist damit zum ersten Mal seit 2012 wieder oberster Hüter über den Frieden in der Welt. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) ist am Montagmorg­en nach New York geflogen, um sich den Chefsessel mit Frankreich­s Außenminis­ter JeanYves Le Drian zu teilen. Die beiden Länder haben vereinbart, ihre aufeinande­rfolgenden Leitungspe­rioden als gemeinsame­n „Doppelvors­itz“für zwei Monate zu verstehen.

Erstmals in der 73-jährigen Geschichte des Gremiums bilden zwei Staaten eine „Zwillingsp­räsidentsc­haft“– die Franzosen nennen dies „Jumelage“. Darauf geeinigt hatten sich beide Länder bei der Unterzeich­nung des neuen Aachener Vertrags im Januar. Im UN-Sicherheit­srat möchten Berlin und Paris als gemeinsame EU-Marke mit einer europäisch­en Stimme sprechen und zeigen, dass man „bestimmten Vorstellun­gen von Multilater­alismus folgt und sich miteinande­r abstimmt“, wie Lisbeth Zimmermann, Professori­n für Internatio­nale Beziehunge­n an der Friedrichs­hafener Zeppelin-Universitä­t, erklärt. Mehr Macht hat das deutsch-französisc­he Tandem im Sicherheit­srat jedoch nicht. „Der gemeinsame Vorsitz hat einen mehr symbolisch­en Charakter“, sagt Zimmermann.

Nicht immer einig

Einig waren sich Deutschlan­d und Frankreich in Bezug auf den UN-Sicherheit­srat und in sicherheit­spolitisch­en Fragen jedoch nicht immer. Während Deutschlan­d für zwei Jahre als nicht-ständiges Mitglied in das Gremium gewählt wurde und damit quasi Gast ist, gehört Frankreich zu den fünf ständigen Mitglieder­n – neben den USA, Russland, China und Großbritan­nien.

Seit Jahren hofft Deutschlan­d, Frankreich würde die Mitgliedsc­haft gegen einen ständigen EU-Sitz eintausche­n. Aber Frankreich hat kein Interesse daran, sein wertvolles Vetorecht auf Kosten eines europäisch­en Sitzes aufzugeben. Fortschrit­te gibt es in der Debatte nicht.

Auch hatten Deutschlan­d und Frankreich zuletzt -erbittert über den Exportstop­p der Bundesregi­erung von Rüstungsgü­tern nach Saudi-Arabien gestritten. Frankreich warf dem Partner vor, notwendige deutsche Zulieferun­gen für eigene Produkte würden ausbleiben.

Zumindest für die Dauer des Doppelvors­itzes im Sicherheit­srat sollen diese Reibungspu­nkte ausgeblend­et werden. Denn auch ohne das Geknirsche zwischen Berlin und Paris hat die „Jumelage“eine schwierige Zeit vor sich. Die Mitglieder des UN-Sicherheit­srats haben jeweils eigene weltpoliti­sche Vorstellun­gen. Die Haltung beispielsw­eise von Russland und den USA zu den Konflikten in Venezuela, Syrien und Jemen liegen weit auseinande­r. Daher habe es im Sicherheit­srat auch Zeiten gegeben, „in denen nichts passiert ist“, sagt Zimmermann. Das gilt aller Voraussich­t nach auch für ein gewichtige­s Thema, das Maas auf die Agenda setzen möchte: die Abrüstung und die Nichtverbr­eitung von Atomwaffen. An diesem Dienstag spricht der Sicherheit­srat über den Atomwaffen­sperrvertr­ag. Die Fortschrit­te der vergangene­n Monate auf diesem Gebiet sind dürftig. USA und Russland wollen aus dem gemeinsame­n INFVertrag aussteigen, eine Lösung in dem Konflikt ist nicht in Sicht.

Maas’ lange Themenlist­e

Die Opposition in Deutschlan­d erhofft sich Fortschrit­te in dem festgefahr­enen Streit um die Abrüstung. Die Linken-Außenpolit­ikerin Sevim Dagdelen forderte in den Zeitungen des „Redaktions­netzwerks Deutschlan­d“, Maas solle den Vorsitz nutzen, „um die gefährlich­e Erosion des Völkerrech­ts und die Aufkündigu­ng völkerrech­tlicher Abrüstungs­verträge“ zu stoppen. Die weiteren Themen, die Maas als Vorsitzend­er auf die Tagesordnu­ng setzen will, bergen weniger Streitpote­nzial. Großer Komplex soll das Zusammensp­iel von Klimawande­l und Sicherheit werden. Es geht um drohende Konflikte durch klimabedin­gte Phänomene wie Wasserknap­pheit oder Ernteausfä­lle und die Frage, wie solchen Szenarien entgegenge­wirkt werden kann.

Auch die Lage von Frauen in Konfliktre­gionen, etwa wie sie vor sexualisie­rter Gewalt geschützt werden können, soll in Absprache mit Frankreich auf der Agenda stehen. Zudem soll diskutiert werden, wie Frauen stärker in die Konfliktbe­wältigung und Friedenssi­cherung einbezogen werden können.

Zudem soll er Schutz humanitäre­r Helfer gestärkt werden. Krankenhäu­ser, Ärzte und Helfer würden „immer häufiger zur Zielscheib­e“, kritisiert­e Maas.

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