Ein Europa-Projekt
Das Cern – die Abkürzung steht für Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire, Europäische Organisation für Kernforschung – wurde 1954 von zwölf europäischen Staaten gegründet. Nach dem „brain drain“, dem Abwandern unzähliger Wissenschaftler und kluger Köpfe in die USA während des Zweiten Weltkriegs, wollten die Europäer Forschungskapazitäten bündeln. „Es ging darum, etwas zu finden, was den Kontinent wieder zusammenführt“, erklärt Michael Benedikt, Projektleiter des geplanten Teilchenbeschleunigers Future Circular Collider (FCC). Heute hat das Cern 23 Mitgliedsstaaten. Weitere Länder wie die USA sind als Beobachter, assoziierte Mitglieder oder über Kooperationen beteiligt. Die festen Mitgliedsstaaten tragen den größten Teil des Budgets, das 2018 rund eine Milliarde Euro betrug. Hauptgeldgeber ist Deutschland mit einem jährlichen Beitrag von 20,5 Prozent. Generaldirektorin ist die italienische Experimentalphysikerin Fabiola Gianotti. Die 58-Jährige, die das Cern seit 2016 leitet, ist auch im wissenschaftlichen Beratungsgremium von UN-Generalsekretär António Guterres tätig. Am Cern sind 2600 Angestellte tätig. Dazu kommen nochmal 1800 Mitarbeiter, die in Fremdfirmen arbeiten, vom Reinigungsdienst über das Kantinenpersonal bis hin zum technischen Service. 14 000 Wissenschaftler aus 73 Ländern nutzen über Kooperationen mit Universitäten und Hochschulen die Forschungseinrichtungen am Cern. In Genf versteht man sich als friedensstiftendes Netzwerk über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg. Zu den Grundsätzen gehört, keine Arbeit für militärische Belange zu machen. Zudem sollen Forschungsergebnisse der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Das Forschungszentrum an der schweizerisch-französischen Grenze ist im Grunde eine Stadt in der Stadt, nicht nur, was die Ausdehnung der Anlagen und Gebäude angeht. Es gibt eigene Geldautomaten, einen großen Kantinenbereich, Shops, Sportgruppen und mehr. Im Schnitt sind die meisten Menschen, die am Cern forschen, 27 Jahre alt. „Vornehmlich PHDs“, sagt Benedikt, also Doktoranden, 3000 an der Zahl. Die Liebe zur Physik scheint ein Leben lang zu halten: Manche widmen sich hier sogar noch im hohen Alter der Forschung – der älteste Wissenschaftler ist 82 Jahre alt. (dre)