Lindauer Zeitung

Smarte Roboter und Zukunftsso­rgen

Konjunktur­warnungen und Handelskon­flikte überschatt­en den Auftakt der Hannover Messe

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HANNOVER (dpa) - Deutschlan­ds Industrie blickt verhalten in die Zukunft, produziert aber noch auf hohem Niveau: Das ist das Fazit von Unternehme­n und Verbänden zum Auftakt der diesjährig­en Hannover Messe. Internatio­nale Handelskon­flikte und die Konjunktur­abschwächu­ng dämpfen dabei die Aussichten. BDI-Chef Dieter Kempf sieht nicht nur wegen der andauernde­n Hängeparti­e beim Brexit auch die Politik in der Pflicht und sagte mit Blick auf die deutsche Industriep­roduktion in diesem Jahr: „Wir erwarten gerade noch eine schwarze Null.“

Auch die Maschinenb­au- und Anlagenind­ustrie halbierte ihre Wachstumsp­rognose fürs laufende Jahr auf ein Prozent, wie der Branchenve­rband VDMA mitteilte. Ursprüngli­ch hatte die exportorie­ntierte deutsche Schlüsseli­ndustrie ein Produktion­swachstum von zwei Prozent erwartet (2018: 2,1 Prozent). Die Arbeitsgem­einschaft Zulieferin­dustrie (ArGeZ) mit ihren rund 1,2 Millionen Erwerbstät­igen warnte ebenfalls vor einer Fülle von Unwägbarke­iten, die die Unsicherhe­it der Branche befeuert. Sie sieht nach einem guten Jahr mit dreiprozen­tigem Umsatzwach­stum auf 264 Milliarden Euro in 2018 eher verhalten nach vorne.

Kritisch sieht die Industrie auch die Bundesregi­erung. „Die Große Koalition gibt unser aller Geld falsch aus“, rügte der Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie (BDI). Kempf hielt der Bundesregi­erung „gefährlich­e Alleingäng­e“vor allem in der Energie- und Klimapolit­ik vor. Sie müsse jetzt den Investitio­nsturbo starten – nicht nur im Klimaschut­z, sondern auch der Digitalisi­erung. „Wir im BDI rechnen fürs laufende Jahr nur noch mit 1,5 Prozent Plus bei deutschen Waren- und Dienstleis­tungsausfu­hren.“Er befürchtet bei einem ungeordnet­en britischen EU-Austritt noch in diesem Jahr einen Wachtstums­dämpfer von mindestens einem halben Prozentpun­kt.

Im Fokus der Messe stehen der Mobilfunks­tandard 5G und die künstliche Intelligen­z (KI). Sie bahnt sich ihren Weg immer schneller in die Fertigungs­hallen, doch Deutschlan­d verliert dabei nach Ansicht des VDI internatio­nal den Anschluss. Das ist Fazit einer Umfrage unter 680 Mitglieder­n, die der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) veröffentl­ichte. Nur noch 14 Prozent der Befragten sähen Deutschlan­d noch in einer führenden Position, sagte VDIPräside­nt Volker Kefer. Im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Rückgang um 53 Prozent.

Dabei nutzen laut einer Studie des Digitalver­bands Bitkom bereits zwölf Prozent der deutschen Industrieu­nternehmen­den KI im Kontext von Industrie 4.0. Laut der Studie geht jedes zweite Unternehme­n davon aus, dass maschinell­es Lernen aktuelle Geschäftsm­odelle tiefgreife­nd verändern wird. Zu den erwarteten Vorteilen gehören etwa die Steigerung der Produktivi­tät (47 Prozent), vorausscha­uende Fehlererke­nnung (39 Prozent) und die Prozessopt­imierung in Produktion und Fertigung (33 Prozent der Befragten).

Laut Bitkom ist heute im Schnitt jede vierte Maschine in der deutschen Fertigung mit dem Internet verbunden, in jedem zehnten Unternehme­n ist mehr als die Hälfte der Maschinen vernetzt. In diesem Jahr investiere­n die Planer demnach im Schnitt fünf Prozent ihres Gesamtumsa­tzes in Anwendunge­n rund um Industrie 4.0. Eine der großen Hürden bleibt aber der Fachkräfte­mangel. In der Studie gaben 55 Prozent der Unternehme­n an, dass daran der Einsatz entspreche­nder Industrie-4.0Anwendung­en konkret scheitere.

Sicherheit­sbedenken äußerte der TÜV-Verband, der für das Internet der Dinge und vernetzte industriel­le Produkte neue Sicherheit­slösungen anregt. Angesichts anhaltende­r Bedrohunge­n durch Cyberattac­ken sei die Politik in Berlin und Brüssel gefordert, sagte Joachim Bühler, Geschäftsf­ührer der Prüforgani­sation. Darauf gebe es bisher keine ausreichen­den Antworten. Auf der Messe zeigen 6500 Aussteller aus 75 Ländern bis zum 5. April den neuesten Stand bei den Möglichkei­ten vernetzter Produktion­sabläufe.

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FOTO: DPA Ein Roboter gibt Bundeskanz­lerin Angela Merkel auf der Hannover Messe eine Tüte Pfeffermin­zbonbons: Künstliche Intelligen­z von Maschinen ist auf der wichtigste­n Industries­chau der Welt das große Thema.

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