Die Not am Lebensende
Alarmierende Studie zu Altersrenten zeigt, dass die Hälfte der Deutschen nicht vorsorgt
FRANKFURT - Das Problem ist nicht neu, es ist allgemein bekannt – und vor allem verschärft es sich seit Jahren immer mehr: Die Zahl der älteren Menschen nimmt zu, immer weniger Junge müssen die Rente ihrer Eltern und Großeltern zahlen. Die gesetzlichen Altersbezüge sinken – und für für viele Menschen werden sie nicht reichen, um den gewohnten Lebensstandard zu halten, wenn sie in Ruhestand gehen. Das Problem: Trotz dieser Besorgnis erregenden Entwicklung unternehmen die meisten Menschen zu wenig oder nichts.
Wie dramatisch die Situation ist, zeigt eine Studie, für die das Zinsportal „Weltsparen“gut 2016 Deutsche befragt hat, ob und wie sie zusätzlich für ihr Alter vorsorgen. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) sorgt nicht vor, um im Alter die Bezüge der gesetzlichen Rente zu ergänzen. Anlass für die repräsentative Umfrage, die das Unternehmen beim britischen Meinungsforschungsinstitut Yougov in Auftrag gegeben hat, ist der „Tag der älteren Generation“, der seit 1968 an jedem ersten Mittwoch im April begangen wird. Nur 37 Prozent der befragten Frauen und 43 Prozent der befragten Männer kümmern sich um eine zusätzliche Altersvorsorge.
Dabei müssten gerade Frauen stärker vorsorgen – wenn sie denn könnten. Doch die Hälfte der weiblichen Befragten gab an, dass ihnen zum Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge schlicht die finanziellen Mittel fehlten. Das geht allerdings auch zwei Fünftel der Männer so. Zehn Prozent der Männer und sieben Prozent der Frauen gaben an, im Alter weiterzuarbeiten.
Auch wenn die Hälfte der Menschen nicht fürs Alter vorsorgt, die Gefahren, die damit einhergehen, sind der Mehrheit bewusst: Nur ein Viertel der Menschen geht davon aus, dass ihre gesetzliche Rente später ausreicht. Große Unterschiede gibt es je nach Alter der Befragten: Fast zwei Fünftel derjenigen, die älter als 55 Jahre sind, gaben an, mit der gesetzlichen Rente auszukommen. Bei den jüngeren zwischen 18 und 24 Jahren war das nur jeder Zehnte, bei der mittleren Altersgruppe zwischen 44 und 54 Jahren 13 Prozent. Wer zusätzlich investiert, nutzt dazu vor allem die Riester-Rente, die betriebliche Altersvorsorge und die eigene selbst bewohnte Immobilie. Männer halten stärker als Frauen Wertpapiere wie Aktien, Anleihen und Fonds, beide halten aber auch festverzinsliche Guthaben in Tagesoder Festgeld.
Komplizierte drei Säulen
Hinzu kommt das Problem, dass es für viele Menschen sehr schwierig ist, sich einen Überblick über ihre tatsächlichen Altersbezüge zu verschaffen, denn in der Regel besteht die Altersvorsorge aus drei Versicherungen, die getrennt und oft kompliziert nebeneinander herlaufen: Da ist die gesetzliche Rente, die betriebliche und die private Altersvorsorge. Dieses Wirrwarr will die Bundesregierung nun entwirren. Jetzt liegt ein Forschungsbericht vor, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium beauftragt hat.
Die Bürger sollen online auf säulenübergreifende Informationen zugreifen können. Bisher erhalten sie jedes Jahr Informationsschreiben der Deutschen Rentenversicherung über die Höhe der zu erwartenden gesetzlichen Rente. Hinzu kommen die Mitteilungen der betrieblichen wie privaten Altersvorsorge, die ebenfalls jährlich separat informieren – etwa in Standmitteilungen der Lebensversicherung. Die Versorgungseinrichtungen, die solche Informationen regelmäßig ihren Kunden zukommen lassen, sollte man als erste in die säulenübergreifende Renteninformation einbeziehen, schlagen die Gutachter vor. Schwieriger werde es jedoch mit der Einbindung der Beamtenversorgung, denn dafür seien „umfangreiche Vorarbeiten“nötig. In der dritten, privaten Säule sollten schließlich dann die Produkte mit berücksichtigt werden, die vertragsgemäß einen Sparprozess vorsähen, heißt es in dem Gutachten. Die Angaben sollen dann so aufbereitet werden, dass der Nutzer dann die „geschätzte, ungefähre Höhe seiner gesamten Altersrente“überprüfen könne. Dann können die Bürger auch erkennen, ob sie noch mehr für das Alter vorsorgen sollten.
Noch ist es jedoch nicht soweit. Die Ministerien versprechen aber, die nötigen Schritte zur Umsetzung des „ambitionierten Projektes“nun zügig in Angriff zu nehmen. Ein Gesetzgebungsverfahren dazu soll angeblich im Herbst beginnen.