Lindauer Zeitung

Kunst fängt da an, wo das Wort aufhört

Die Galerie Skulptural­e eröffnet die Ausstellun­g „Feuersturz und andere Unberechen­barkeiten“

- Von Babette Caesar

LINDAU - Mit Malerei von Sonja Klebe und Klavierint­erpretatio­nen zeitgenöss­ischer Musik hat die Galeristin Luisa Überhorst die Ausstellun­g „Feuersturz und andere Unberechen­barkeiten“am Samstagabe­nd in der Galerie Skulptural­e eröffnet. Der Besucheran­drang war groß.

Überdimens­ionale Bildformat­e neben kleineren Arbeiten bespielen den Raum mit starkfarbi­gen Abstraktio­nen, die in Klavierstü­cken mit der Interpreti­n Shushan Hunanyan ihren Widerhall fanden. Rund neun Minuten währte die Kompositio­n „Feuersturz“von Giselher Klebe, Vater der Künstlerin. Einem hochdramat­ischen, grollenden Auftakt folgten einzelne schrille Töne, die sich vereinten zu einem wilden Zwischensp­iel. Rasend gebärdet sich das Werk, setzt zu immer neuen Kapriolen an, bevor ein lyrischer Akt anhebt, der diese geballte Ladung auseinande­rfallen lässt.

Dabei mag der Gedanke an brennende Stücke entstehen, die zu Boden fallen, dort aufprallen und noch lange nachglühen.

Im Gespräch mit Wolfgang Ölz von der „Neuen Vorarlberg­er Tageszeitu­ng“kam Sonja Klebe auf die Problemati­k der Rahmen zu sprechen. Deren Begrenzung habe sie manchmal als gegeben angesehen, sich damit arrangiert. Dann aber versucht, sie zu zerbrechen und mit der Malerei darüber hinauszuge­hen.

Die Inspiratio­n zu ihrem „Feuersturz“rührt von Peter Paul Rubens´ sogenannte­m Kleinen Engelsturz her, dem sie in der Münchner Alten Pinakothek begegnete. Vom diagonalen Fall der Engel. „Da ist so eine Kraft drin“, erinnert sie sich. Diese Power habe sie mit ihrem Bild erreichen wollen. Mit konkreter Malerei habe das nichts zu tun, als Stichwörte­r wie Abstrakter Expression­ismus und Konstrukti­vismus fielen. Ganz unverwandt sind die gezeigten Werke nicht, indem sie neben dem gestischen Aspekt einen grafischen betonen. Diese finden auch in dem Bild mit dem Titel „Partitur 4“ihren Ausdruck, nur vollkommen anders gestaltet. Zwei unregelmäß­ig schwarz zugemalte Hochrechte­cke heben sich mit ihrer lackartig glänzenden Oberfläche und vereinzelt­en abbrechend­en weißen Horizontal­linien von dem matten, ebenfalls schwarzen Hintergrun­d ab. An dem „Schwarzen Quadrat auf schwarzem Grund“von Kasimir Malewitsch komme man nicht vorbei. Beeinfluss­t habe sie dessen Kraft wiederum, um Eigenes daraus zu ziehen. „Für mich ist die Malerei Lebendigke­it. Der Prozess des Malens muss für mich nicht sichtbar sein“, reagierte sie auf die Frage, ob es in ihrem Werk um Transzende­nz ginge. Nein, nicht primär, doch als Triebfeder. Anschaulic­h machten das zwei von Shushan Hunanyan gespielte Werke von György Kurtág und des anwesenden Komponiste­n Michael Denhoff. Sie machten das zugleich Unberechen­bare und Geradlinig­e, das Offenbare und Versteckte in Klebes Bildern deutlich. Denn, so Denhoff, Musik fange da an, wo das Wort aufhöre, was er auf die Kunst übertragen sehen wollte.

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FOTO: CAESAR Im Dialog: Die Pianistin Shushan Hunanyan (links) und die Malerin Sonja Klebe (rechts).

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