Fischexperte warnt: Hitzesommer 2018 war nur ein Vorgeschmack
Wie sich die steigenden Temperaturen auf unsere Fließgewässer auswirken – Fische rotten sich in Restwasser zusammen
LANGENARGEN (sig) - „Wir haben nur eine Erde, und die richten wir gerade zugrunde“: Timo Basen von der Fischereiforschungsstelle hat in der Kolloquiums-Reihe des Instituts für Seenforschung in Langenargen jüngst ein düsteres Bild von der Zukunft unserer Fließgewässer im Zusammenhang mit immer höheren Temperaturen gezeichnet. Der Hitzesommer 2018 sei nur ein Vorgeschmack gewesen.
So viele Zuhörer waren noch nie zu einem Vortrag in der Reihe gekommen. Sie bewiesen ein gutes Gespür für die Aktualität des Themas. Denn: Ein Großteil der Menschheit rennt gerade blind gegen eine Wand, befürchtet Basen. Proppenvoll war der Institutssaal, als er das Extremjahr 2018 beleuchtete, das nach Statistiken des Deutschen Wetterdienstes das viertwärmste Jahr überhaupt mit dem zweittrockensten Sommer in Deutschland war. „Es wird einfach zu warm in Deutschland“, berichtete er über die Situation in den Fließgewässern (nicht dem Bodensee) in 2018.
Über das Jahr verteilt gab es 24 Prozent weniger Niederschläge. Diese waren heftig und flossen schnell ab. „Es war komplett knochentrocken“, zeigte Timo Basen anhand von Bildern. Folge für die Fische: Sie rotteten sich in Restwasserständen zusammen, und hatten Glück, wenn sie bei Rettungsaktionen herausgeholt und in bessere Bedingungen verlegt wurden. Die Klimakonferenz 2018 sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine von Menschen verursachte Katastrophe von globaler Dimension bevorsteht. Für die Fische befürchtet Basen ein Aussterben von Arten und einen Rückgang der Lebensräume. Erwärme sich die Erde weiter, werde es keine Chance mehr geben, die Situation einzufangen.
Der Experte erwartet eine Zunahme der Sommertage, steigende Temperaturen mit Tropennächten, zunehmende Niederschläge im Winter, allerdings abnehmenden Schneefall. Weil in den Fließgewässern das Wasser länger stehe, gerieten Fische in Stresssituationen mit einem Fischund Populationssterben als Folge. Durch den Anstieg der Wassertemperatur würden Fische in einem begrenzten Lebensraum bleiben, was ihren Lebenszyklus beeinflusse und Auswirkungen auf ihren Energiehaushalt wie auch ihr Immunsystem habe. Laut Basen werden sie neuen Krankheiten und Parasiten ausgesetzt, es kommt zu einer zeitlichen Entkopplung von biologischen Prozessen. 2018, so Timo Basen, wurden auch in Fließgewässern weniger Fische gefangen. Die Hitze habe sich auf die Fischbestände ausgewirkt. Für die Bachforelle hat sich die Situation verschärft, die Brachse profitiert, so der Fachmann. Reduziert hätten sich die Schutzgebiete. Ein klares Indiz dafür, dass sich etwas verändere. Basen fordert, Schutzgebiete neu auszurichten und vor Ort Notfallmaßnahmen zu ergreifen. So habe man aus den Flüssen und Bächen die letzten, nicht geschädigten Fische herausgenommen und sie in nicht geschädigte Gewässer eingesetzt.
Basen appelliert, für einen Eigenschutz der Gewässer zu sorgen, um sie resistenter zu machen. „Wir brauchen mehr Beschattung in den Uferlandstreifen“, eine Sicherung der Abflüsse, Rückzugshabitate (Kaltwasserbereiche), eine Reduktion von stofflichen Belastungen und eine Neuausrichtung der Schutzgebiete. „Wir leben in einer Warm-Zeit“, die es seit drei Millionen Jahren nicht gab, wir steuern auf neue Klimabedingungen zu, und das in weniger als 100 Jahren“, widersprach Basen Meinungen, solche Temperatur-Phasen habe es immer schon gegeben.
Es könne kurzfristige Eiszeiten geben, die Tendenz aber sei eine andere: Es werde wärmer, es werde zu schnell zu warm, und diese Situation werde sich weltweit dramatisieren. Was auch das schwedische Mädchen Greta Thumberg wisse, die sagt: „Ich will, dass ihr in Panik geratet, das ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“In der Diskussion wurde der Ausspruch eines Indianers im 18. Jahrhundert zitiert, wonach die Menschen die Erde aufessen. Der Mensch sei ein Parasit und müsse in seinem Wachstum eingeschränkt werden.
Auf die Frage, was man tun kann, um die Katastrophe aufzuhalten, nannte Basen die Themen Wohnraum (Dämmung), Mobilität und hier vor allem Flugreisen sowie politische Einmischung (den Entscheidern auf die Füße zu treten und sie aufzufordern, etwas zu tun).