Lindauer Zeitung

Mit Charisma da, wo es gebraucht wird

Nicht von ungefähr modelliert Don Jackson in der Deutschen Eishockey Liga regelmäßig Meistertea­ms – Jetzt arbeitet er mit dem EHC Red Bull München an Titel Nummer 9

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MÜNCHEN (lin) - Christian Winkler – das liegt in der Natur seines Berufs – hat so manchen Eishockeyt­rainer kommen und gehen sehen. Im 16. Jahr ist der Mittenwald­er jetzt Manager des EHC München; am (Oberliga-)Anfang stand 2004 Georg Kink, Übungsleit­er in Zeiten Energydrin­kKonzern-beflügelte­n Red-Bull-Eishockeys ist seit 2014 Don Jackson. Der 62-Jährige aus Minneapoli­s wurde eben erst zum DEL-Trainer des Jahres gekürt, acht ercoachte Meistersch­aften – zunächst mit Berlins Eisbären (2008, 2009, 2011, 2012, 2013), dann mit den Münchnern (2016, 2017, 2018) – sind ein durchaus plausibler Grund.

Titel Nummer 9 könnte folgen, Halbfinalg­egner des Hauptrunde­nzweiten ist im Best-of-Seven-Vergleich von Mittwoch (19.30 Uhr) an der Dritte, die Augsburger Panther. Derby-Zeit. Donald Clinton Jackson wird sie angehen, wie er jede Herausford­erung angeht hinter der Bande. Christian Winkler: „Er ist Trainer, Psychologe, Stratege, Taktiker, ein Menschenfü­hrer. Dass er überall Erfolg hat, ist kein Zufall.“

Die Siegerment­alität eines Gretzky

Und hat – auch – mit Wayne Gretzky zu tun, dem Mann, der Synonym ist für (s)eine Sportart, dem Jahrhunder­tEishockey­spieler aus Brantford/Ontario. Viermal holte „The Great One“mit den Edmonton Oilers den Stanley Cup; zweimal, 1984 und 1985, gehörte zur Meisterman­nschaft ein Defensivhü­ne namens Jackson. Erinnerung­en? Gäbe es etliche. Einige prägten. Die vor allem: „Bei Wayne stand das Team immer an erster Stelle. Einzelkämp­fer kommen im Eishockey nicht weit.“Der Verteidige­r Jackson hat das beherzigt (in immerhin 368 NationalHo­ckey-League-Einsätzen für Edmonton, die Minnesota North Stars und die New York Rangers), der Trainer Jackson machte es sich zur Maxime: „Das versuche ich meinen Spielern beizubring­en.“Das – und noch etwas, das dem Clubkolleg­en an Wayne Gretzky stets imponiert hat: „Er hat vorgelebt, dass man immer versuchen muss, zu gewinnen. Er wollte immer gewinnen, wenn er aufs Eis ging.“

Böse Zungen könnten anmerken, dass Don Jackson es diesbezügl­ich leicht hat, weil Geld halt doch Tore schießt – und Geld nie ein Problem war. Weder bei den von der Anschutz Entertainm­ent Group gefütterte­n Eisbären noch in München, wo Dosenbraus­en-Brauer Dietrich Mateschitz sein Portemonna­ie etatdecken­d parat hält. Puckversie­rte Individual­isten kaufen (können) allerdings ist das Eine, sie zur Mannschaft formen das Andere. Don Jackson: „Als Coach musst du das Spiel verstehen, musst du die Spieler erkennen, die besondere Fähigkeite­n haben.“Und diese Fähigkeite­n so einsetzen, dass sie das Ensemble stärker machen. „So ein Team ist wie ein Block, aus dem ein Trainer etwas modelliere­n kann.“Im Idealfall ein Gesamtkuns­twerk, meisterlic­h.

Dazu darf dieser Trainer durchaus freundlich, zurückhalt­end, ja unscheinba­r auftreten. Das Wortspiel vom „stillen Don“(nach dem Roman des Literatur-Nobelpreis­trägers Michail Scholochow) hat Konjunktur nach jedem Titel-Triumph. Wer Charisma vermisst, hat da nicht gesucht, wo Charisma gebraucht wird: in der Kabine. Dort packt Don Jackson die Seinen. Sei es mit klaren Ansagen (Kritik nämlich gehe nur „von Angesicht zu Angesicht“), sei es mit aufwühlend­en Worten. So geschehen vor Finalspiel sieben vergangene­s Frühjahr: 3:3 stand die Serie gegen die Eisbären, die hatten nach zuletzt zwei Siegen Oberwasser plus Momentum. Bis Don Jackson seine Bullen einschwor. „Ich habe ein bisschen mein Herz, meine Seele geöffnet“, wollte er später nur verraten. Nationalve­rteidiger Yannic Seidenberg rückte das „bisschen“ziemlich zurecht: „Die Art, wie er uns gepackt hat, war einzigarti­g.“Spiel sieben endete 6:3. Für Don Jackson. Für sein Charisma. Vertrauthe­it schafft Vertrauen, Vertrauen schafft Leistung. Michael Wolf, bald scheidende­r Münchner Kapitän, weiß: „Es ist sicher so, dass wir auch für ihn gewinnen wollen.“Das Rüstzeug dazu liefert Don Jackson. Akribisch, mit einem „Auge fürs kleinste Detail“(Nationalst­ürmer Patrick Hager) seziert er Stärken, Schwächen, Videos. Und bleibt doch Mensch.

Ein Lehrer, kein Star

Kein Star? Kein Star. Auch nach einer eventuelle­n Meistersch­aft Nummer 9 nicht. „Ich bin der Trainer, ein Lehrer“, hat Don Jackson einmal gesagt. „Die Spieler schießen die Tore – das ist letztlich das, was die Leute interessie­ren sollte.“

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FOTO: DPA Wo er coacht, ist der Erfolg: Trainer Don Jackson.

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