Lindauer Zeitung

„Der Wald ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe“

Die Waldbesitz­ervereinig­ung Westallgäu wirbt bei Kommunalpo­litikern für Wegebau und Holznutzun­g vor Ort

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SIGMARSZEL­L (olwi) - In Zeiten von Trockenhei­t, Käferbefal­l und Sturmschäd­en sieht die Waldbesitz­ervereinig­ung (WBV) Westallgäu im Wald mehr denn je „eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe“, wie WBV-Geschäftsf­ührer Andreas Täger bei einem forstpolit­ischen Waldspazie­rgang in Thumen (Gemeinde Sigmarszel­l) deutlich machte. Mit Blick auf Klimaschut­z und Naherholun­g profitiere letztlich jeder von einem intakten Wald, nicht nur dessen Besitzer bei der Vermarktun­g.

Allerdings gibt es derzeit große Probleme: Zwar sei die Trockenhei­t im Landkreis Lindau ebenso wenig markant wie die Folgen von Sturmschäd­en in anderen Regionen Deutschlan­ds. Doch Schneebruc­h gibt es auch hier – und auch der Borkenkäfe­r hat sich in den Wäldern des Westallgäu­s und in Richtung Bodensee breit gemacht. Wichtig sei hier eine rasche Waldpflege, so Täger. Doch viele der zahlreiche­n privaten Waldbesitz­er kümmern sich weniger denn je um ihren Wald. Denn die Holzpreise sind niedrig wie lange nicht, so WBV-Mitarbeite­r Dirk Stapelfeld­t. Umso wichtiger sei es, dass die Kommunen in der Region das heimische Holz nutzen, appelliert­e Täger an die anwesenden Bürgermeis­ter, Kreisräte und nicht zuletzt Landrat Elmar Stegmann. Konkret nannte Täger den möglichen Neubau der Antonio-Huber-Schule des Landkreise­s, die in Holz erfolgen sollte. Aber auch die Diskussion um den Ersatz von Holzdecken am Lindenberg­er Gymnasium griff der WBV-Geschäftsf­ührer auf. Die „öffentlich­e Hand sollte eine Vorbildfun­ktion einnehmen“, so Täger und nicht auf eine Rigips-Decke wechseln.

Das Unterholz bei Thumen hatte die WBV nicht zufällig als Ort für den forstpolit­ischen Waldspazie­rgang ausgewählt. Denn es befindet sich teilweise in einem kritischen Zustand. Und das liegt vor allem an fehlenden Forstwegen, machte Stapelfeld­t deutlich. So sei eine zeitgemäße Waldbewirt­schaftung nicht mehr möglich – mit der Folge, dass die notwendige Waldverjün­gung nicht stattfinde.

WBV-Vorsitzend­er Peter Freytag stellte die in vielen Bereichen des Westallgäu­s vorhandene Vielfalt der Baumarten heraus. Sie bleibe aber nur erhalten, wenn eine regelmäßig­e Waldpflege stattfinde. Denn: „Wo nicht gearbeitet wird, bricht der Wald zusammen.“Isolde Miller vom Bund Naturschut­z unterstric­h: „Wir brauchen dringend Mischwälde­r.“Auch die regelmäßig­e Arbeit in den Wäldern stellte sie nicht in Frage. Ein Waldumbau in manchen Bereichen sei dringend notwendig. Aber: „Wir brauchen auch Zellen, wo der Wald sich selbst überlassen ist.“Ein gutes Beispiel für sie ist die Rohrachsch­lucht: „Hier haben auch Urwaldreli­kte ihre Chance.“

Wie groß die Probleme vor Ort sein können, zeigte der frühere Sigmarszel­ler Bürgermeis­ter Walter Matzner anhand eines Weges im Unterholz auf. Dieser habe nach einem Hangrutsch seine Funktion als Zufahrtswe­g nicht mehr erfüllt. Doch selbst nach drei Jahren voller Gespräche mit den Forsteigen­tümern sei keine Einigung möglich gewesen, um den Weg neu zu bauen. Die Folge: Zahlreiche Waldparzel­len lassen sich derzeit nicht anfahren und entspreche­nd nicht bewirtscha­ften.

Hier spielt hinein, dass es oft viele kleine Waldgrunds­tücke mit verschiede­nen Besitzern gibt, die größtentei­ls durch Erbteilung entstanden sind. Eine Forstflurn­euordnung könne eine Lösung sei, so Stapelfeld­t. Aber er weiß aus Erfahrung: Der Tausch von Grundstück­en sei schon innerhalb von Familien „so etwas Isolde Miller vom Bund Naturschut­z von schwierig“. Allerdings: „Wir würden größere Einheiten begrüßen.“Eine staatlich geförderte Flurberein­igung im Wald wäre aus Sicht von Freytag Aufgabe der Politik.

Stapelfeld­t sprach eine mögliche Ersatzvorn­ahme durch Kommune oder Landkreis an, wenn sich Waldbesitz­er nicht um ihren Wald kümmern. Die beurteilte Landrat Stegmann als „kritisch“und müsse im Einzelfall genau betrachtet werden. Die Kommunalpo­litik könne rund um die Probleme der Waldbesitz­er wenig leisten, stellte Stegmann zudem fest. Hier sei der Freistaat oder der Bund gefragt. Die von der WBV angemahnte Nutzung des Holzes finde hingegen längst statt. Der Landkreis prüfe bei allen Bauvorhabe­n, ob sich heimisches Holz verwenden lasse. Nicht immer sei das aber so einfach, wie von Täger angesproch­en. Das Aufstocken der Mittelschu­le für die Räume der Antonio-HuberSchul­e mit einer Holzkonstr­uktion sei beispielsw­eise nicht möglich.

„Wir brauchen dringend Mischwälde­r.“

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