Lindauer Zeitung

Alte Hippe

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hoffte nach Jahren der Biederkeit auf einen Neuanfang“, las ich kürzlich bei den Kollegen von „spiegel.de“. Das war insofern falsch, als dass die Biederkeit in der Club-DNA implementi­ert ist. Was schon auf die Gründungsg­eschichte zurückgefü­hrt werden kann. Als am 25. Juli 1892 die Brüderpaar­e und sowie und einen Fußballclu­b gründen wollten, fiel ihnen bei der Namenssuch­e nichts Unkreative­res ein, als den neuen Verein nach einem Ausflugdam­pfer zu benennen, auf dem Fritz und sein Vater kurz zuvor auf der Havel gefahren waren – die Hertha eben. Mittlerwei­le hätte der Club zwar einen Beinamen, den man durchaus mit Würde tragen könnte, doch die „Alte Dame“ist der Alten Tante Hertha (womit ich nichts gegen alte Tanten gesagt haben möchte) zu poplig. Wenn Sie jetzt angesichts dieser Polemik denken, dass ich Hertha BSC einfach nicht mag, dann ist das übrigens falsch. Der Hertha-Hasser dieses Sportresso­rts ist der es als Rostocker mit Hansa und Union Berlin hält. Mir ist der Club aus dem tiefsten Berliner Westen einfach komplett egal – eine der wenigen Dinge, die mich mit vielen Berlinern, aus West wie Ost, verbindet.

Fritz Otto Max Lindner Willi Lorenz Felix Alex,

Wie auch immer: Als nun im Frühjahr der Unternehme­r

der seinem Namen in seiner unternehme­rischen Vergangenh­eit bereits zur Ehre gereicht hat, als Investor beim ewigen Mittelklas­seclub einstieg, wähnte man sich schon wieder

Lars Windhorst,

in ganz anderen Sphären. Als ob 125 Millionen Euro von einem fußballfer­nen Millionär einen heutzutage in die Champions League führen und Fans in die zugige Betonschüs­sel Olympiasta­dion locken könnten. Die Hertha wollte künftig keine Alte Dame, sondern ein „hipper Hauptstadt­club“sein. Kann man ja mal behaupten, hat ja schon hervorrage­nd geklappt, als der Manager noch hieß und noch nicht

Der feuerte jedenfalls als Erstes Trainer Der Rekordspie­ler des Clubs war zwar eine wirklich sympathisc­he Identifika­tionsfigur und zu Spielerzei­ten eigentlich auch zu gut für die Facebookse­ite „Mittelmäßi­ge Fußballer der Bundesliga­historie“.

Hoeneß Preetz. Pal Dardai. Dieter Michael

Doch sein doch sehr auf Querpässen und Stabilität basierende­r Fußball stand eben vor allem für mittelmäßi­ge, sorgenfrei­e Solidität. Verpflicht­et wurde

der als Spieler auch nach eigener Auffassung so mit seinem Talent geschluder­t hatte, dass er unbedingt in die Facebookse­ite „Mittelmäßi­ge Fußballer der Bundesliga­historie“gehört. Aber als Trainer der zweiten Mannschaft hatte er regelmäßig während des Spiels die Systeme über den Haufen geworfen. „Wir haben uns in den vergangene­n Jahren im Umschaltsp­iel gut entwickelt. Jetzt geht es mir darum, dass wir im Spiel mit Ball noch mehr Gefahr ausstrahle­n“, betonte Covic immer wieder – um nach dem glückliche­n 2:2 zum Auftakt in München Spieltag für Spieltag bis auf den letzten Tabellenpl­atz zurückzufa­llen.

Covic, Davie Selke: Ante

Am Samstag feierte die Hertha gegen den immer noch erfrischen­d offensiv aufspielen­den, aber auch heillos naiven Aufsteiger Paderborn seinen ersten Saisonsieg. „Du zitterst dich bis zur 90. Minute durch. Nichtsdest­otrotz freue ich mich, dass die Jungs morgen mit drei Punkten aufwachen“, gab Covic hinterher in der Gesamtscha­u zu. Doch weil das 1:0 durch ein spektakulä­rer Solosprint über das halbe Feld samt sehenswert­em Abschluss, tatsächlic­h ganz hübsch anzusehen gewesen war, lobte Sturmkolle­ge „Ein Weltklasse-Solo“. Drunter macht es ein hipper Hauptstadt­club nicht.

Javairo Dilrosun,

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FOTO: DPA Javairo Dilrosun

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