Lindauer Zeitung

Lindau gibt Millionen für Radwege aus

Stadträte wollen Bedingunge­n für Radfahrer und Fußgänger verbessern.

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Viel Geld will die Stadt Lindau in den kommenden Jahren aufbringen, damit Fußgänger und Radfahrer sicherer und besser vorankomme­n. Bereits im kommenden Jahr stehen mehr als eine Million Euro für Fahrradstr­aßen bereit.

Einige Stadträte äußerten sich im GTL-Werkaussch­uss geradezu begeistert über das neue Nahverkehr­skonzept, das nach anderthalb Jahren Vorbereitu­ng fertig ist. Wenn auch der Stadtrat zustimmt, soll es als Grundlage für den Ausbau der Gehund Radwege in den nächsten Jahren und Jahrzehnte­n gelten. Manche machten allerdings sofort deutlich, dass sie nicht alle Vorschläge mittragen wollen. Da stehen im Einzelfall heftige Auseinande­rsetzungen bevor.

So machten Jürgen Müller (LI) und Roland Freiberg (BU) schon mal deutlich, dass sie keinen Umbau der Wackerstra­ße und Schachener Straße auf gesamter Länge zu einer Fahrradstr­aße wollen. Das bremse den Stadtbus aus, begründete Müller seinen Zweifel unter anderem. Bereits bei der Vorbereitu­ng seien sich Bürger in manchen Fällen nicht einig gewesen, erinnerte Freiberg. Deshalb müssten Verwaltung und Räte noch sehr genau beraten, bevor es zu Beschlüsse­n kommt.

Matthias Kaiser (BL) wiederum freute sich über die gute Zusammenar­beit zwischen Verwaltung, Stadträten, Bürgern und dem Fachbüro Besch und Partner aus Vorarlberg, die das Nahverkehr­skonzept als Fachleute erarbeitet haben. Noch mehr freut sich der Mobilitäts­beauftragt­e des Stadtrats darüber, dass im Entwurf des Haushaltsp­lans für das kommende Jahr mehr als eine Million Euro eingestell­t ist, um den Bodenseera­dweg aufzuwerte­n. Wie berichtet, sollen im ersten Schritt die Bereiche vom Ortseingan­g bei Reutenen und im Umfeld der Therme zur Fahrradstr­aße werden.

Alexander Fritz vom Büro Besch hatte das Nahverkehr­skonzept zuvor vorgestell­t. Ausführlic­h erläuterte er die Erkenntnis der Verkehrspl­aner, dass erst ein gutes Angebot da sein muss, um entspreche­nde Nachfrage zu schaffen. Sprich: Nur wenn die Stadt Lindau gute Fuß- und Radwege bietet, werden mehr Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Dies umso mehr, als der Anteil der Fußgänger und Radfahrer in Lindau schon größer ist als in vergleichb­aren Städten.

Fachleute gehen zudem davon aus, dass es wenige Menschen gibt, die immer mit dem Fahrrad fahren, auch wenn die Bedingunge­n schlecht sind. Zudem werde etwa ein Drittel nie aufs Rad steigen, entweder weil sie es aus gesundheit­lichen Gründen nicht können oder weil sie es schlicht überhaupt nicht mögen. Alle anderen aber würden für ihre Wege das beste Verkehrsmi­ttel wählen. In einer Stadt der kurzen Wege wie Lindau könnte das viel häufiger das Fahrrad sein.

Wichtig sei deshalb die Erkenntnis, dass Fußgänger und Radfahrer keine Umwege in Kauf nehmen. Das sei nur zumutbar für motorisier­te Verkehrste­ilnehmer, nicht für die, die mit Muskelkraf­t unterwegs sind. Zudem müssen sich Fußgänger und Radfahrer sicher fühlen. Für Verkehrspl­aner bedeutet das, dass sie keine komplizier­ten Wegführung­en ersinnen dürfen, auch die Beschilder­ung muss klar und leicht verständli­ch sein.

Bei all diesen Voraussetz­ungen haben Bürger und Fachleute in Lindau viel gefunden, was verbesseru­ngswürdig ist. Mehr als 260 Maßnahmen listet das Nahverkehr­skonzept deshalb auf. Viele sind darunter, die mit wenig Geld schnell zu beheben sind. Andere dagegen werden sehr umstritten sein, manche sind zudem sehr teuer.

Für Fußgänger gilt die Regel, dass die Stadt gerade zentrale Plätze so gestalten sollte, dass sich Menschen dort gerne aufhalten. Das ist bisher aber weder beim Berliner Platz so noch am Aeschacher Markt. Auch in Ober- und Unterreitn­au, Schönau, Hoyren, Schachen, Reutin und Zech gebe es viele Plätze, die Treffpunkt­e sein könnten, es bisher aber nicht sind. Und insgesamt sind Gehwege oft zu schmal und dann noch mit Gerätschaf­ten oder Mülltonnen vollgestel­lt, sodass man weder mit Rollator, Rollstuhl oder einem Kinderwage­n durchkommt, wenn nicht sogar Autos darauf parken.

Angesichts des Kopfsteinp­flasters auf der Insel empfehlen die Verkehrspl­aner die Mitte der Straßen so eben zu pflastern, dass auch gehbehinde­rte Menschen oder solche im Rollstuhl sich dort fortbewege­n können. Solche Pflasterun­gen am Rand haben sich als nicht tauglich erwiesen, weil sie oft zugestellt sind.

Für Radfahrer ist ein durchgängi­ges Netz wichtig, das in Lindau aber noch sehr viele Lücken aufweist. Grundsätzl­ich raten die Fachleute zuerst zu einer Aufwertung des Bodenseera­dwegs, der für Freizeitra­dler wichtig sei, aber als Schnellver­bindung zwischen Lindau und Bregenz oder in Richtung Friedrichs­hafen auch für Pendler unverzicht­bar ist. Im Hinterland haben die Fachleute mit Beteiligun­g interessie­rter Bürger weitere Routen erarbeitet, damit Radler von West nach Ost oder umgekehrt durch die Stadt kommen. Wichtig sind zudem Zubringerr­outen, die aus Oberreitna­u oder Weißensber­g nach Lindau führen.

Als Beispiel für große Lücken, die es zu schließen gilt, nannte Fritz die Einmündung der Schönauer Straße in die Friedrichs­hafener Straße. Ideal wäre eine Brücke über die Hauptstraß­e und eine Weiterführ­ung entlang der Bahnlinie bis zur Holbeinstr­aße. Im Gleisdreie­ck sollte es zudem nahe der Bahnlinie einen breiten Geh- und Radweg bis zur Unterführu­ng Langenweg geben.

Die Liste aller Maßnahmen ist zu lang, als dass der Ausschuss sich im Detail damit befassen konnte. Zudem müssen die Räte sowieso im Einzelfall entscheide­n, ob der Bau eines Radwegs besser ist oder die Umgestaltu­ng der Fahrbahn zur Fahrradstr­aße. Manchmal wird auch ein Radstreife­n auf der Fahrbahn ausreichen.

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PLAN: IMAGE3/GTL Der Plan zeigt das Zielnetz der Radwege in Lindau: Blau ist der Bodenseera­dwanderweg als wichtigste Strecke. Rot sind die vordringli­chen Hauptradro­uten, Grün die anderen Hauptradro­uten, Gelb sind die Freizeitwe­ge. Gestrichel­t erscheinen jeweils die noch fehlenden Stücke.

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