Ein Blitzerurteil und seine Folgen
Sechs Westallgäuer Gemeinden lassen das Tempo von privaten Firmen überwachen
WESTALLGÄU - Das Urteil schlägt bundesweit Wellen: Das Oberlandesgericht in Frankfurt hat Kommunen untersagt, Geschwindigkeitskontrollen an private Firmen zu vergeben. Mit Interesse wird das im Westallgäu verfolgt. Denn auch hier setzen Gemeinden in Sachen Geschwindigkeitsüberwachung auf eine Zusammenarbeit mit Privatfirmen. Auswirkungen durch das Frankfurter Urteil erwarten sie allerdings nicht. „Wir gehen derzeit davon aus, dass es für uns nicht bindend ist“, sagt der Scheidegger Bürgermeister Uli Pfanner.
Sechs Gemeinden lassen es im Westallgäu blitzen. Neben der Stadt Lindenberg sind das Weiler-Simmerberg, Scheidegg, Heimenkirch, Opfenbach und Hergatz. Alle setzen auf eine Zusammenarbeit mit Mindelheim. Allerdings kontrolliert die Stadt im Unterallgäu den Verkehr nicht selber, sondern beauftragt damit die Nürnberger Wachund Schließgesellschaft (NWS), also ein privates Unternehmen.
Die Orte im Westallgäu sind auf die Zusammenarbeit angewiesen.
„Die kleinen Kommunen könnten so etwas gar nicht leisten“, so Pfanner. Der Sprecher der Bürgermeister im Landkreis verweist nicht zuletzt auf steigende Anforderungen der Gerichte an die Kontrollen. „Ist der Mitarbeiter ausgebildet, sind die Geräte auf dem neuesten Stand, ist der Messpunkt zulässig“, nennt er ein paar Kriterien, die Gerichte bei Verfahren prüfen. Und die nehmen nach den Beobachtungen des Scheidegger Bürgermeisters stark zu.
Ein Gericht hat jetzt auch eine Vergabe von Radarkontrollen an Private beanstandet. Geschwindigkeitsüberwachung sei eine hoheitliche Aufgabe, so das Oberlandesgericht in Frankfurt. Allerdings sind die Regelungen in Bayern etwas anders. Und „Verkehrsrecht ist Länderrecht“, sagt Pfanner.
Auf der sicheren Seite sieht sich die Wach- und Schließgesellschaft selber. Das lässt sich einem Schreiben entnehmen, das der Leiter der Verkehrsüberwachung an die Heimenkircher Verwaltung geschickt hat. Laut NWS werden die eigenen Mitarbeiter – wie in Bayern gesetzlich gefordert – im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung für die Kommunen tätig. Sie
Scheideggs Bürgermeister Ulrich Pfanner über die Zusammenarbeit mit privaten Firmen würden dadurch Bedienstete der Kommune und seien als solche Weisungsempfänger. Tatsächlich legen sämtliche Gemeinden im Westallgäu den Umfang der Kontrollen fest und bestimmen in Absprache mit der NWS auch die Messstellen. Immer wieder mal kommen dabei auch neue dazu. So hat beispielsweise Lindenberg Ende Oktober erstmals in Ried im Bereich des früheren Gasthofes Schönblick kontrollieren lassen. Bei der Messung wurden in drei Stunden 43 Verstöße registriert – das ist vergleichsweise viel. Überraschend kommt das nicht. Bei eigenen Messungen an der Stelle hatte die Stadt schon Autos mit mehr als 100 Stundenkilometern erfasst.
Grundsätzlich hat die Stadt – wie die anderen Kommunen auch – bei Kontrollen solche Stellen oder Gefahrenpunkte im Auge. „Wir wollen den Autofahrer nicht abkassieren, sondern die Sicherheit erhöhen“, sagt der Leiter des Ordnungsamtes, Thomas Geiger. Um das Ziel zu erreichen sind Radarkontrollen ein geeignetes Mittel.
Diese Erfahrung hat auch WeilerSimmerberg gemacht. Der Markt lässt es seit heuer blitzen. „Das schlägt auf jeden Fall an“, sagt der Leiter des Ordnungsamtes, Patrick Walzer. Sobald an einer Stelle geblitzt worden ist, seien die Autos bei der nächsten Kontrolle deutlich disziplinierter unterwegs.
„Kleine Kommunen könnten so etwas gar nicht leisten.“