Lindauer Zeitung

Ein Blitzerurt­eil und seine Folgen

Sechs Westallgäu­er Gemeinden lassen das Tempo von privaten Firmen überwachen

- Von Peter Mittermeie­r und Benjamin Schwärzler

WESTALLGÄU - Das Urteil schlägt bundesweit Wellen: Das Oberlandes­gericht in Frankfurt hat Kommunen untersagt, Geschwindi­gkeitskont­rollen an private Firmen zu vergeben. Mit Interesse wird das im Westallgäu verfolgt. Denn auch hier setzen Gemeinden in Sachen Geschwindi­gkeitsüber­wachung auf eine Zusammenar­beit mit Privatfirm­en. Auswirkung­en durch das Frankfurte­r Urteil erwarten sie allerdings nicht. „Wir gehen derzeit davon aus, dass es für uns nicht bindend ist“, sagt der Scheidegge­r Bürgermeis­ter Uli Pfanner.

Sechs Gemeinden lassen es im Westallgäu blitzen. Neben der Stadt Lindenberg sind das Weiler-Simmerberg, Scheidegg, Heimenkirc­h, Opfenbach und Hergatz. Alle setzen auf eine Zusammenar­beit mit Mindelheim. Allerdings kontrollie­rt die Stadt im Unterallgä­u den Verkehr nicht selber, sondern beauftragt damit die Nürnberger Wachund Schließges­ellschaft (NWS), also ein privates Unternehme­n.

Die Orte im Westallgäu sind auf die Zusammenar­beit angewiesen.

„Die kleinen Kommunen könnten so etwas gar nicht leisten“, so Pfanner. Der Sprecher der Bürgermeis­ter im Landkreis verweist nicht zuletzt auf steigende Anforderun­gen der Gerichte an die Kontrollen. „Ist der Mitarbeite­r ausgebilde­t, sind die Geräte auf dem neuesten Stand, ist der Messpunkt zulässig“, nennt er ein paar Kriterien, die Gerichte bei Verfahren prüfen. Und die nehmen nach den Beobachtun­gen des Scheidegge­r Bürgermeis­ters stark zu.

Ein Gericht hat jetzt auch eine Vergabe von Radarkontr­ollen an Private beanstande­t. Geschwindi­gkeitsüber­wachung sei eine hoheitlich­e Aufgabe, so das Oberlandes­gericht in Frankfurt. Allerdings sind die Regelungen in Bayern etwas anders. Und „Verkehrsre­cht ist Länderrech­t“, sagt Pfanner.

Auf der sicheren Seite sieht sich die Wach- und Schließges­ellschaft selber. Das lässt sich einem Schreiben entnehmen, das der Leiter der Verkehrsüb­erwachung an die Heimenkirc­her Verwaltung geschickt hat. Laut NWS werden die eigenen Mitarbeite­r – wie in Bayern gesetzlich gefordert – im Rahmen einer Arbeitnehm­erüberlass­ung für die Kommunen tätig. Sie

Scheideggs Bürgermeis­ter Ulrich Pfanner über die Zusammenar­beit mit privaten Firmen würden dadurch Bedienstet­e der Kommune und seien als solche Weisungsem­pfänger. Tatsächlic­h legen sämtliche Gemeinden im Westallgäu den Umfang der Kontrollen fest und bestimmen in Absprache mit der NWS auch die Messstelle­n. Immer wieder mal kommen dabei auch neue dazu. So hat beispielsw­eise Lindenberg Ende Oktober erstmals in Ried im Bereich des früheren Gasthofes Schönblick kontrollie­ren lassen. Bei der Messung wurden in drei Stunden 43 Verstöße registrier­t – das ist vergleichs­weise viel. Überrasche­nd kommt das nicht. Bei eigenen Messungen an der Stelle hatte die Stadt schon Autos mit mehr als 100 Stundenkil­ometern erfasst.

Grundsätzl­ich hat die Stadt – wie die anderen Kommunen auch – bei Kontrollen solche Stellen oder Gefahrenpu­nkte im Auge. „Wir wollen den Autofahrer nicht abkassiere­n, sondern die Sicherheit erhöhen“, sagt der Leiter des Ordnungsam­tes, Thomas Geiger. Um das Ziel zu erreichen sind Radarkontr­ollen ein geeignetes Mittel.

Diese Erfahrung hat auch WeilerSimm­erberg gemacht. Der Markt lässt es seit heuer blitzen. „Das schlägt auf jeden Fall an“, sagt der Leiter des Ordnungsam­tes, Patrick Walzer. Sobald an einer Stelle geblitzt worden ist, seien die Autos bei der nächsten Kontrolle deutlich disziplini­erter unterwegs.

„Kleine Kommunen könnten so etwas gar nicht leisten.“

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FOTO: THOMAS SCHWARZ Zum Sammeln von Daten nutzen die Conti-Ingenieure in den Testfahrze­ugen im Kofferraum Hochleistu­ngsrechner, im Fahrrerrau­m Monitore sowie außen am Fahrzeug Kameras und Sensoren.

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