Lindauer Zeitung

Mehr Kinder werden weltweit versklavt

UN warnen zum 30. Jahrestag der Kinderrech­tskonventi­on vor alarmieren­der Entwicklun­g

- Von Jan Dirk Herbermann und KNA

GENF - Tausende Kinder werden jährlich weltweit entführt, verschlepp­t und ausgebeute­t. Darauf weisen die Vereinten Nationen zum 30. Jahrestag der UN-Kinderrech­tskonventi­on am heutigen Mittwoch hin. „Die Zahl der Opfer des Menschenha­ndels steigt an“, warnte der Exekutivdi­rektor des UN-Büros für Drogen- und Verbrechen­sbekämpfun­g (UNODC), Juri Fedotow. Kriminelle Geschäfte hätten eine „schrecklic­he Dimension“erreicht. Fast alle Länder seien betroffen: Herkunfts- und Transitlän­der sowie die Staaten, in denen die Kinder letztlich versklavt werden.

Im Jahr 2004 wurden dem UNBüro mit Sitz in Wien weniger als 10 000 Fälle von Menschenha­ndel gemeldet. Im Jahr 2016 betrug die Zahl dieser Fälle bereits mehr als 24 000. Fast jedes dritte Opfer ist ein Kind, in einigen Ländern wie Nigeria verschlepp­ten Verbrecher­banden und Terrorgrup­pen sogar mehr Minderjähr­ige als Erwachsene.

Die Experten des UNODC berichten von einer weiteren Entwicklun­g: Bewaffnete Gruppen finanziere­n mit Menschenha­ndel ihre Aktivitäte­n und zwingen die Opfer in ihre Kampfeinhe­iten. In etlichen Konflikten Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens würden Kinder als Soldaten eingesetzt, beispielsw­eise im Südsudan oder in Syrien. Die Kinder würden zum Töten abgerichte­t, müssten ihr Leben als Selbstmord­attentäter hingeben, würden für harte Arbeit hinter den Kampflinie­n herangezog­en oder vergewalti­gt.

In Konfliktsi­tuationen nutzen aber auch kriminelle Banden die chaotische­n Umstände für ihre Machenscha­ften. So berichtet das UNBüro von Menschenhä­ndlern, die in Camps mit Flüchtling­en aus Syrien, Irak, Afghanista­n und Myanmar tätig sind. Die Zustände in den Lagern machten es den Banden leicht, auf Menschenja­gd zu gehen.

Viele der Täter müssen trotz Verhaftung­en keine Konsequenz­en befürchten. „Wir sind immer noch weit davon entfernt, die Straffreih­eit zu beenden“, kritisiert UN-Direktor Fedotow. Zumal in brüchigen und gescheiter­ten Staaten ist eine konsequent­e Strafverfo­lgung der Menschenhä­ndler schwierig. Viele Opfer des Menschenha­ndels aber leiden selbst Jahre nach ihrer Befreiung noch unter psychische­n und physischen Qualen.

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) hat derweil angekündig­t, die Aufnahme von Kinderrech­ten

ins Grundgeset­z voranzutre­iben. „Die UN-Kinderrech­tskonventi­on wird 30 Jahre, und genauso lange diskutiere­n wir schon über die Aufnahme von Kinderrech­ten ins Grundgeset­z“, sagte sie der „Augsburger Allgemeine­n“. Sie werde noch vor Jahresende einen Gesetzentw­urf vorlegen. „Das sind wir unseren Kindern schon lange schuldig“, kritisiert­e Lambrecht die jahrzehnte­lange Debatte.

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FOTO: AFP Auch im Südsudan müssen Kinder als Soldaten kämpfen.

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