Lindauer Zeitung

Chancen nicht entgehen lassen

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

Warum sollte jemand ein Unternehme­n aufbauen in einem Staat, der nicht einmal eine durchgängi­ge Stromverso­rgung sicherstel­len kann? In dem die Einarbeitu­ng junger Arbeitskrä­fte ohne jede Vorbildung buchstäbli­ch bei null anfangen muss? Hinderniss­e für Investitio­nen in Afrika gibt es wahrlich genug, die größte aber ist die Korruption. Sie ist in vielen – nicht allen – Staaten Afrikas Teil des täglichen Lebens und hemmt die wirtschaft­liche Entwicklun­g immens.

Es gibt positive Gegenbeisp­iele wie Ruanda, dort wird Investoren der rote Teppich ausgerollt. Die weniger gute Nachricht ist, dass wirtschaft­licher Fortschrit­t nicht notwendige­rweise mit einer Demokratis­ierung der Gesellscha­ft einhergeht. Ruandas Führung nimmt sich China oder Singapur zum Vorbild, nicht die westlichen Demokratie­n. Beim von Deutschlan­d angestoßen­en „Compact with Africa“macht Ruanda mit; Präsident Paul Kagame, dessen politische Gegner in der Heimat schon mal bei dubiosen Verkehrsun­fällen ums Leben kommen, ist bei Angela Merkel ein gern gesehener Gast. Investitio­nen deutscher Unternehme­n im autoritär regierten China werden schließlic­h als wünschensw­ert angesehen – warum sollte also bei einem Land wie Ruanda mit anderem Maßstab gemessen werden?

Die Patenschaf­ten, die Deutschlan­d mit interessie­rten afrikanisc­hen Regierunge­n eingeht, können ein Anreiz für Reformen sein. Der eigentlich­e Antrieb muss aber aus den Staaten selber kommen. Ohnehin ist Deutschlan­d in Afrika ein zwar nicht unwesentli­cher Akteur, aber doch von untergeord­neter Bedeutung. Gerade im Vergleich mit China, das ganz andere Beträge in den Kontinent pumpt – und zwar sicher nicht aus Nächstenli­ebe, sondern weil es sich Gewinn verspricht. Die Chinesen haben längst verstanden, was in Deutschlan­d Entwicklun­gsminister Gerd Müller als Erkenntnis mühsam an den Mann zu bringen versucht: Dass es allen Hinderniss­en zum Trotz sträflich für die deutsche Wirtschaft wäre, sich die Chancen eines Kontinents mit wachsender Bevölkerun­g und hohem Investitio­nsbedarf entgehen zu lassen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany