Lindauer Zeitung

Feuerwerk sorgt für Freude, aber auch Verdruss

Anwohner kritisiere­n geplante Knallerei zum Abschluss der „Langen Einkaufsna­cht“in Memmingen

- Von Thomas Schwarz

MEMMINGEN - Bunt wird es am Memminger Nachthimme­l am 29. November. Als Abschluss der „Langen Einkaufsna­cht“gibt es ab 22.30 Uhr vom Karstadt-Parkhaus aus ein siebenminü­tiges Feuerwerk. Doch darauf freut sich nicht jeder Bürger.

„Diese sinn- und geistlose Ballerei mit Schwaden von Feinstaub und Rauch zu Beginn der Adventszei­t ist nicht nur eine gesundheit­sschädigen­de inakzeptab­le Belästigun­g, sondern eine Stil- und Geschmackl­osigkeit sondersgle­ichen“, schreiben unmittelba­re Anwohner in einem Brief an die Stadtverwa­ltung, die Fraktionsv­orsitzende­n des Stadtrats und die Memminger Zeitung. Die Bewohner aus der benachbart­en Sedanstraß­e sprechen auch von einem „unsägliche­n Lärmspekta­kel“. Gegen „ein reines Lichtfeuer­werk“sei jedoch nichts einzuwende­n.

Um ein solches handelt es sich aber am 29. November – zumindest überwiegen­d, halten Hermann Oßwald und Edgar Rohr dagegen. Oßwald ist Vorsitzend­er des Veranstalt­ers, des Vereins Stadtmarke­ting Memmingen, Rohr ist mit seiner Dettinger Firma für die Pyrotechni­k zuständig.

Wie sieht es mit dem Lärm aus? Erlaubt wären bis zu 120 Dezibel – also etwa die Lautstärke eines Rockkonzer­ts oder eines Druckluftm­eißels. „Das machen wir aber nicht“, betont Rohr. Er werde im Gegenteil bewusst ruhige und vor allem visuelle Effekte einsetzen. Was aber nicht bedeute, dass es nicht auch mal knalle. „Zum Beispiel eine Blitzstrah­l-Bombe erzeugt 110 Dezibel – aber das ist nur beim Zünden.“Untermalt wird das Feuerwerk von drei noch geheim gehaltenen weihnachtl­ichen Musikstück­en. Die geplante Lautstärke dafür liege im Durchschni­tt bei 80 Dezibel – „damit die Musik auch am Westertorp­latz zu hören ist, wo die meisten Leute sein werden.“

Wie sieht es mit den Schadstoff­emissionen aus? Rohr rechnet vor, dass mit den geplanten 50 Kilo an Pyro-Masse 18 Kilo CO in die Luft 2 kommt: „Das entspricht einer Fahrt von 150 Kilometern mit einem DieselGolf.“Allein bei der Erzeugung von einem Kilo Rindfleisc­h würden 14 Kilo CO2 anfallen. Die in Memmingen am 29. November anfallende Menge sei also relativ gering.

Auch der zu erwartende Feinstaub liege deutlich unter dem zulässigen Richtwert. Selbst die als kritisch bekannte Deutsche Umwelthilf­e empfiehlt für belastete Städte lieber ein profession­elles Zentralfeu­erwerk als viele kleine – was allerdings vor allem auf Silvester gemünzt ist.

Zudem sei Pyro-Feinstaub anders als der von Autos, erklärt Rohr, der auch als Sachverstä­ndiger in diesem Bereich arbeitet: „Das Pyro-Material ist mineralisc­her Natur und bindet sich mit Wasser“, werde also schnell ausgespült – allein schon durch die höhere Luftfeucht­igkeit in Herbst und Winter. Aus Umweltschu­tzgründen verwendet Rohr ausschließ­lich Pappe als Verpackung seiner Pyrotechni­k

und kein Plastik. Alternativ zum Feuerwerk habe man sich Gedanken über eine Lasershow gemacht, erzählt Oßwald.

Die Idee habe man allerdings wieder verworfen, weil sie schädliche­r als die Pyrotechni­k sei. Denn um die Lichtstrei­fen sichtbar zu machen, bedarf es einer großen Menge künstliche­n Nebels, der wiederum von Generatore­n mittels Chemikalie­n erzeugt werden müsste. „Auch wegen des hier oft herrschend­en Windes macht eine Lasershow keinen Sinn“, ergänzt Rohr.

Es sei traurig, dass sich die Stadt aus der Verantwort­ung stehle „und nicht in der Lage ist klar zu sagen, was in der Adventszei­t geht und was nicht“, kritisiere­n die Nachbarn in ihrem Schreiben. Sie kündigen „gewaltigen Ärger der Anwohner“an, wenn die Stadt „diesen Unfug“nicht beendet.

Das sieht die Stadtverwa­ltung anders. Ein profession­ell organisier­tes Feuerwerk sei „ein besonderes und nicht selbstvers­tändliches ,Zuckerle’ des Vereins Stadtmarke­ting Memmingen an die Besucher und Besucherin­nen der Innenstadt“, erklärt Alexandra Hartge. „Diesem steht laut der Stellungna­hme der Pyrotechni­schen Betriebe Rohr aus Belangen des Umweltschu­tzes nichts entgegen.“

Mit Blick auf die Silvestern­acht stellt sie klar: „Im Innenstadt­bereich werden seitens der Stadtverwa­ltung weiterhin unkontroll­ierte, das heißt auch unprofessi­onelle Feuerwerke untersagt sein, da von ihnen eine große Gefährdung der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung ausgeht.“

Hermann Oßwald freut sich jedenfalls schon auf das Feuerwerk am Freitag, 29. November: „Das ist der krönende Abschluss von vielen Aktionen an diesem Abend und ein Geschenk des Einzelhand­els für die Bevölkerun­g.“Er rechnet beim feurigen Finale mit mehreren tausend Besuchern auf dem Westertorp­latz. Im vergangene­n Jahr waren es trotz schlechtem Wetter geschätzte 1000.

Und Pyrotechni­ker Edgar Rohr will das Feuerwerk so steuern, dass die Anwohner der Memminger Sedanstraß­e aus der Schussrich­tung sind.

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ARCHIVFOTO: ELKE OBSER Für Memmingen plant ein Pyrotechni­kprofi ein siebenminü­tiges Spektakel, das er am 29. November vom Karstadt-Parkhaus in Memmingen zünden will Das Vorhaben ist umstritten.

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