Lindauer Zeitung

Was alles Punk ist

„Klare Kante“gegen rechts: Tote Hosen erhalten den Julius-Hirsch-Preis des DFB

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FRANKFURT (dpa) - „Das hat mit Punk nichts mehr zu tun!“Mit dieser schönen Provokatio­n löste SängerKoll­ege Thees Uhlmann bei seiner Laudatio auf Campino und die Toten Hosen ein Raunen im Saal aus. Und weiter: „Jetzt bekommt ihr schon einen Preis vom DFB!“Die Toten Hosen als Fans jenes Verbandes, der auch für viele Anhänger der Düsseldorf­er Alt-Punker gut zum dauerhafte­n Feindbild taugt?

Die gesamte Band habe sich erst schütteln müssen, als sie die Nachricht erreichte, dass sie für ihr Lebensenga­gement gegen Rassismus, Antisemiti­smus und Diskrimini­erung den Julius-Hirsch-Ehrenpreis des DFB bekommen solle, verriet Campino dann auch. Aber: Den Pres nahmen sie gern entgegen. Der einstige jüdische Nationalsp­ieler Julius Hirsch war 1943 von den Nazis im KZ Auschwitz ermordet worden. „Wir finden es gut, dass der DFB es als seine Aufgabe sieht, klare Kante zu zeigen gegen Fremdenhas­s, Rassismus und Homophobie“, sagte Campino.

„Ich muss mir nicht selbst dafür auf die Schultern klopfen, mich seit fastt 40 Jahren gegen rechts einzusetze­n. Wir wollen mit unserer Anwesenhei­t auch helfen, den Fokus auf diesen Preis zu richten“, sagte der Frontmann der Toten Hosen, die einst ihren Lieblingsv­erein Fortuna Düsseldorf vor der Pleite retteten.

„Was wir zur Zeit beobachten, ist eine Radikalisi­erung im Netz. Dort präsentier­t sich die wirkliche Fratze der Hässlichke­it. Diese Menschen sind extrem gut organisier­t und zeigen offen, dass sie da sind“, sagte der 57-Jährige: „Rechtsextr­emes Gedankengu­t gab es schon immer. Durch das Internet sehen wir nun, wie tief es schon in unser gesellscha­ftliches Bewusstsei­n eingedrung­en ist“, warnte der Sänger. Auch im Fußball. Es gebe „immer noch zu viele Vereine, in denen Rechtsauße­n die Oberhand hat und alles andere wegzudrück­en versucht“.

Und so setzen Die Toten Hosen ihre „Band-DNA“, wie der Ex-TomteFront­mann und St.-Pauli-Fan Uhlmann das politische Wirken von Campino und Co. bezeichnet­e,

„gern“für den DFB ein – setzte aber auch ein eigenes Thema. Mit Blick auf die deutsche Vergangenh­eit sei es „immer auch ein sensibles Thema, wenn Nationalma­nnschaften gegeneinan­der antreten“, unterstric­h er. „Wir sollten Verständni­s dafür haben, dass es Menschen gibt, die darauf empfindlic­h reagieren, weil Deutschlan­d nun mal das bevölkerun­gsreichste Land in Europa ist und das vielen Respekt einflößt. Es ist eben nicht das putzige Liechtenst­ein, wo in jedem Hintergart­en eine Fahne hängt und es niemanden stört.“

Am Ende dieses emotionale­n Abends stellte sogar Thees Uhlmann fest: „Ich finde, das ist Punk.“

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FOTO: DPA Präsident trifft Alt-Punker: DFB-Präsident Fritz Keller (li.) und die Toten Hosen bei der Verleihung des Julius-Hirsch-Preises.

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