Warten auf ein kleines Wunder
Wenn kein Wunder geschieht, dann hat die CDUden Weg der SPD vor sich. Eine ausgelaugte und ermüdete Partei sucht nach Hoffnung durch neues Führungspersonal. Wer sich erinnert, wie begeistert Annegret Kramp-Karrenbauer vor knapp zwei Jahren als neue Generalsekretärin gefeiert wurde, der ahnt, dass es nicht nur an der Vorsitzenden liegt, wenn der Laden nicht richtig läuft.
Die Konkurrenz von rechts wird stärker, das führt bei manchen Christdemokraten zur Sehnsucht, dem etwas Starkes entgegenzusetzen. Genau das ist in der Koalition mit der SPD schwierig bis unmöglich. Wirtschaft ist das Kernthema, bei dem der CDU große Kompetenz zuerkannt wird. Doch genau hier ächzt die Partei unter Kompromissen vom Mindestlohn bis zur Grundrente. Mit dem schwachen Auftreten von Wirtschaftsminister Altmaier hadern Wirtschaft und eigene Leute.
„Nur wer von sich selbst begeistert ist, kann andere begeistern“, mit diesem Schlüsselsatz putschte einst Oskar Lafontaine gegen SPD-Chef Rudolf Scharping. Jetzt ist es die CDU, die nicht mehr von sich selbst überzeugt ist. Denn Taktgeber in der GroKo ist nicht die stärkere Union, sondern der gemeinsame Kampf um das Überleben der SPD in der GroKo.
Viele in der CDU sehnen sich nach einem kraftvollen Wechsel. Es war 2003, als Friedrich Merz in Leipzig die Delegierten mit der Bierdeckelreform (drei Steuersätze für alle) und Angela Merkel mit den gleichen Kassenbeiträgen für alle die Delegierten von ihren Hockern rissen. Bekommen ist das den Christdemokraten nicht – Gerhard Schröder blieb Kanzler. Auch heute ist die Angst vor solchen Kraftakten im Land verbreitet. Die CDU kann nur Schritt für Schritt, vom Soli-Abbau bis zur Unternehmensteuerreform vorgehen. Sie gilt in der Regierung als Garant für Stabilität, das ist ihr größtes Pfund. Mit dem sollte sie wuchern, statt mit sich selbst zu hadern. Nur, wenn der Parteichefin das Kunststück gelingt, mit klaren Inhalten neue Hoffnungen zu unterfüttern, kann sie ihrer Partei ein unruhiges Jahr ersparen.