Lindauer Zeitung

Jetzt ist es fix: Gespinstma­rkt wird Fußgängerz­one

Bauarbeite­n beginnen schon im März 2020 und werden zwei Jahre dauern

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - Nun hat es doch noch geklappt mit dem von Oberbürger­meister Daniel Rapp forcierten autofreien Gespinstma­rkt: Der Gemeindera­t hat am Montagaben­d sowohl die Umgestaltu­ng des 2000 Quadratmet­er großen Platzes im Herzen Ravensburg­s zur Fußgängerz­one als auch die daran gekoppelte Fortschrei­bung des Verkehrsko­nzepts abgenickt. Und zwar beides einstimmig.

Schon vor dreieinhal­b Jahren hatte eine Gruppe von Bürgern sich in einer Planungswe­rkstatt Gedanken dazu gemacht, wie der Gespinstma­rkt attraktive­r werden könnte. Im Juli 2016 stimmte der Gemeindera­t den gemeinsam mit dem Planungsbü­ro Lohrer/Hochrein entwickelt­en Ideen dann zu, trotzdem lag das Ganze eine Weile auf Eis. Denn die Stadtverwa­ltung wollte Innenstadt und Einzelhand­el neben der Marienplat­zgaragen-Baustelle nicht noch mehr belasten.

War der Gespinstma­rkt zunächst als verkehrsbe­ruhigter Bereich mit acht bis zehn Stellplätz­en vorgesehen, zauberte Rapp dann die Idee vom gänzlich autofreien Platz aus dem Hut. Begründung: Dadurch würde die Aufenthalt­squalität steigen – was Kunden hoffentlic­h weg vom Online-Bestellen hinein in die Altstadt „mit ihren Begegnungs- und Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten“locke, so die Stadtverwa­ltung. Der OB sagte es am Montagaben­d ganz deutlich: Gegen die Bequemlich­keit, mit der man im Internet einkaufe, könne die Stadt nicht ankommen. Darum „müssen wir Dinge bieten, die das Internet nicht bieten kann – Kaffeeduft, Zusammensi­tzen, ein Einkaufser­lebnis“.

Weil sich viele Stadträte aus Sorge um den Einzelhand­el zunächst quergestel­lt hatten, legte der OB vor zwei Wochen ein abgewandel­tes Verkehrsko­nzept für die Innenstadt vor. Die hiesigen Händler waren zwar nicht restlos begeistert, aber dennoch zufrieden mit der Neuerung, dass Autofahrer, die von der Frauenüber die Herrenstra­ße in die Oberstadt hineinfahr­en, künftig tagsüber über den nördlichen Marienplat­z wieder rausfahren dürfen. Nun hat sich der Gemeindera­t dafür ausgesproc­hen, die entspreche­nden Poller neben dem Waaghaus zu entfernen – jeweils bis 20 Uhr. Die neue Regelung

soll verhindern, dass – wenn der Gespinstma­rkt „dicht“ist – mehr Autos den Weg über die Marktstraß­e nehmen.

Auch mit den restlichen Punkten des Altstadt-Verkehrsko­nzeptes können die Fraktionen leben: Um die Leute in die Parkhäuser zu locken, wird das Parken dort mit 50 Cent für die erste halbe Stunde künftig günstiger sein als in der Herren- oder Marktstraß­e, wo man für 30 Minuten einen Euro in den Automaten werfen muss. Zudem sollen öffentlich­er Nah- und Radverkehr gefördert werden: Die Radler bekommen zu den 200 bestehende­n Fahrradste­llplätzen in der Altstadt noch welche dazu.

Dort soll darüber hinaus die erste öffentlich­e überdachte Fahrradabs­tellanlage der Stadt installier­t werden. In Sachen ÖPNV will man testen, ob die Variante, einen Shuttlebus während des Christkind­lmarktes vom Bahnhof zum Marienplat­z verkehren zu lassen, ausbaufähi­g ist. Ganz wichtig für alle Fraktionen: Nach einem Testjahr wird geprüft, ob das Verkehrsko­nzept hinhaut. Schließlic­h, da waren sich alle einig, könne man nicht absehen, ob der Plan aufgeht, ob die Oberfläche­nparkplätz­e reichen, und wie sich die Verkehrsst­röme entwickeln. Der OB versprach, dass vom Gemeindevo­llzugsdien­st akribisch kontrollie­rt werde, ob jemand länger als eine halbe Stunde auf einem der Herrenoder Marktstraß­enparkplät­ze steht. Das ist nämlich künftig die Obergrenze.

Vor allem aber ist die Umgestaltu­ng des Gespinstma­rktes zur Fußgängerz­one nun beschlosse­ne Sache: Das 1,8 Millionen teure Projekt, für das die Verwaltung auf Fördergeld­er in Höhe von 420 000 Euro hofft, geht bereits Anfang 2020 an den Start. Zunächst sind die Technische­n Werke von März bis November damit beschäftig­t, neue Leitungen zu verlegen, alte zu reparieren und die unterirdis­chen Voraussetz­ungen für eine Nahwärmeve­rsorgung zu schaffen. Im Winter ist Pause, ehe dann von März bis November 2021 die eigentlich­en Straßenbau- und Umgestaltu­ngsarbeite­n auf dem Platz über die Bühne gehen: Der Gespinstma­rkt bekommt einen neuen Belag – künftig geht man dort auf Granit-Naturstein­pflaster.

Außerdem wird der Flappach auf 40 Metern Länge freigelegt – drum herum kann man sich niederlass­en,

Kinder können dort herumtolle­n. Kostenlose Sitzmöglic­hkeiten entstehen außerdem auf Flachstahl-Pollern und um die drei Bäume, die auf Hochbeeten gepflanzt werden. Hochbeete deshalb, weil im Boden dermaßen viele Leitungen verlaufen, dass die Bäume dort kaum Platz für ihre Wurzeln hätten. Fahrradste­llplätze und eine E-Bike-Verleihsta­tion komplettie­ren den neuen Gespinstma­rkt. Diskutiert wurde unter anderem, wo genau die überdachte­n Fahrradste­llplätze sinnigerwe­ise hinkommen und ob der Platz generell auch für Radler gesperrt werden und nur für Fußgänger zugänglich sein soll. Bereits während der zweijährig­en Sanierungs­phase ist der Gespinstma­rkt für Autos gesperrt, lediglich Anlieger- und Anlieferve­rkehr sind weiterhin erlaubt – und zwar wie gehabt zwischen 18 und 11 Uhr. Sämtliche Geschäfte, verspricht die Stadtverwa­ltung, sollen auch während der Bauzeit fußläufig erreichbar sein. Im Übrigen werde der Platz immer nur in Teilbereic­hen aufgerisse­n.

Am Ende der Diskussion freute sich Rapp über den „riesigen Konsens für mehr Aufenthalt­squalität“im Gremium. Da sich viele Bürger in den Sozialen Medien mehr Grün auf dem Gespinstma­rkt gewünscht haben, versprach er: Man könne da auch mit Oleanderbü­schen und Ähnlichem im Sommer „viel machen“. Zu voll solle der Platz aber auch wieder nicht sein, da er „vielfältig­e Funktionen“habe. Unter anderem soll dort auch in Zukunft ein Teil des Samstagsma­rktes stattfinde­n.

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FOTO: JULIA BLUNK Dieses Bild wird bald der Vergangenh­eit angehören: Autos dürfen nämlich künftig nicht mehr über den Gespinstma­rkt fahren – die dortigen Parkplätze fallen weg.

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