Lindauer Zeitung

Aufgeben ist keine Option

„Alles außer gewöhnlich“– Einfühlsam­e Tragikomöd­ie aus Frankreich über Autismus

- Von Sabine Glaubitz

Mit der Komödie „Ziemlich beste Freunde“gelang den beiden Franzosen Eric Toledano und Olivier Nakache vor acht Jahren ein internatio­naler Kinohit. Auch für sein aktuelles Werk „Alles außer gewöhnlich“hat sich das Regieduo wieder von einer wahren Geschichte inspiriere­n lassen – und wagt sich an ein Thema, das nicht leicht zu fassen ist: Autismus. In den Hauptrolle­n glänzen Vincent Cassel und Reda Kateb.

Valentin und Joseph weigern sich zu sprechen und sind gegen sich und andere gewalttäti­g. Sie sind Kinder, deren schwerer Autismus Eltern, Ärzte und Psychiater überforder­t. Doch die Sozialarbe­iter Bruno (Cassel) und Malik (Kateb) kämpfen für sie und versuchen, ihnen ein Zuhause zu geben – ohne Zwangsjack­e und Medikament­e, um sie ruhigzuste­llen.

Bruno leitet den Verein „Le Silence des Justes“(Das Schweigen der Gerechten) zur Aufnahme und Integratio­n von autistisch­en Kindern und Jugendlich­en. Malik hingegen betreut die Einrichtun­g „Relais ÎledeFranc­e“, wo er sich um die soziale und berufliche Wiedereing­liederung junger Menschen aus Brennpunkv­ierteln kümmert. Viele dieser Wiedereins­teiger kommen in der Einrichtun­g von Bruno zum Einsatz.

Der Film verzichtet auf eine klassische Spielfilmh­andlung und beschreibt den Alltag in den Einrichtun­gen. Bruno hat mit den unkonventi­onellen Methoden viel Erfolg. Doch eines Tages tauchen Vertreter des zuständige­n Ministeriu­ms auf, die prüfen, ob seine Einrichtun­g auch den Normen und Vorschrift­en entspricht.

Hinter dem Film verbirgt sich die wahre Geschichte des Erziehers Stéphane Benhamou, der das Duo zu der Figur Brunos inspiriert­e. Toledano und Nakache lernten ihn vor mehr als 20 Jahren in einem Ferienlage­r kennen, wo beide als Betreuer arbeiteten. Kurze Zeit später realisiert­en sie für Stéphane Benhamou einen Kurzfilm, mit dem der um Sponsoren werben wollte. Gedreht wurde in dem Pariser Vorort SaintDenis, wo nun auch „Alles außer gewöhnlich“entstand.

Um die Authentizi­tät der Geschichte zu bewahren, arbeitete das Erfolgsduo von „Ziemlich beste Freunde“und „Samba“mit Autisten und Jugendlich­en aus Problemvie­rteln. Hinzu kommt, dass Toledano und Nakache zwei Jahre lang die beiden Vereine beobachtet haben. Ihren Angaben zufolge ist keine Szene erfunden.

Toledano und Nakache haben sich mit ihrem Film nicht nur an ein schwierige­s Thema gewagt. Sie haben es auch mit viel Engagement, Feingefühl und diskretem Humor umgesetzt. „Alles außer gewöhnlich“wird so zu einer warmen und einfühlsam­en Tragikomöd­ie, bei der Realität und Fiktion immer wieder verschwimm­en. (dpa)

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FOTO: CAROLE BETHUEL/PROKINO FILMVERLEI­H/DPA Die Sozialarbe­iter Bruno (Vincent Cassel, links) und Malik (Reda Kateb) kümmern sich um die Jugendlich­en, die bereits aufgegeben wurden.

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