Frankreich steht still
Deutschland unterstützt Stiftung AuschwitzBirkenau künftig mit 60 Millionen Euro
Ein Generalstreik hat Frankreich am Donnerstag weitgehend lahmgelegt. Aufgrund der Protestkundgebungen ging es sogar auf den ChampsÉlysées beschaulich zu. Man konnte vor dem Triumphbogen mit dem Hund Gassi gehen (Foto: dpa). An den Protesten gegen die Rentenreform der Regierung von Präsident Emmanuel Macron beteiligten sich mehr als 285 000 Menschen in rund 40 Städten. In mehreren Orten kam es auch zu Ausschreitungen.
WARSCHAU Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in ihren bisher 14 Amtsjahren das Nachbarland Polen immer wieder besucht. Nur in einem Ort war sie bislang noch nicht: Oswiecim mit dem ehemaligen nazideutschen Konzentrations und Vernichtungslager AuschwitzBirkenau. Sie nahm an keiner der jährlichen Gedenkfeiern zur Befreiung des KZs am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee teil.
Doch wenn sie am Freitag nach Auschwitz kommt – auf Einladung der Stiftung AuschwitzBirkenau – wird sie es nicht mit leeren Händen tun. Bund und Länder wollen das bisherige Stammkapital der Stiftung um jeweils 30 Millionen Euro aufstocken. Merkel wird dies am heutigen Freitag in der sogenannten „Sauna“, einer Baracke im ehemaligen NSVernichtungslager Birkenau, verkünden. Die „Sauna“war keine Gaskammer, sondern diente als große Duschanlage für die neu in AuschwitzBirkenau eintreffenden Juden aus ganz Europa. Das Gebäude wurde in den letzten Jahren instandgesetzt und ist seither für Besucher zugänglich.
„Als wir vor zehn Jahren die Stiftung AuschwitzBirkenau gründeten, gingen wir davon aus, dass das angestrebte 120 MillionenEuro Stammkapital genügend Zinsen abwerfen würde, um damit die jährlichen Instandhaltungskosten begleichen zu können“, erklärt Stiftungs und GedenkstättenDirektor Piotr Cywinski. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der polnische Staat die Kosten für alle ehemaligen deutschen NSLagerGedenkstätten auf polnischem Boden allein getragen. „Doch dann kam die Finanzkrise und die Erträge sanken“, so Cywinski weiter. „Von allen Regierungen, die unsere Stiftung unterstützen, reagierte die deutsche als erste auf unseren Bericht und bot 60 Millionen Euro zur Erhöhung des Stammkapitals an.“
Man habe vereinbart, dass die Kanzlerin zum zehnjährigen Bestehen der Stiftung anreisen und in AuschwitzBirkenau die Erhöhung des deutschen Anteils am Stammkapital auf 120 Millionen Euro bekannt geben werde. Insgesamt wird das Stammkapital damit zunächst auf 180 Millionen Euro steigen.
Begleitet wird die Kanzlerin von Polens Premier Mateusz Morawiecki und dem AuschwitzÜberlebenden Bogdan Bartnikowski, der als Zwölfjähriger während des Warschauer Aufstandes im August 1944 in dieses SSLager deportiert wurde. Ronald Lauder, der Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses, wird aus New York anreisen, um der Kanzlerin die Arbeit der Konservatoren in Auschwitz vorzustellen. Auch Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, wird Merkel auf ihrem Gang durch das Tor mit der berüchtigten Aufschrift „Arbeit macht frei“ins sogenannte Stammlager Auschwitz I und später ins drei Kilometer entfernt liegende ehemalige Vernichtungslager AuschwitzIIBirkenau begleiten. Im Stammlager wird die Kanzlerin mit einer Schweigeminute Tausender Nichtjuden gedenken, die hier erschossen wurden. Insgesamt starben hier rund 100 000 Menschen, darunter rund 70 000 bis 80 000 Polen.
Im ehemaligen NSVernichtungslager AuschwitzBirkenau wird die Kanzlerin den Gleisen durch das breite Tor bis zur Rampe folgen, in der „Sauna“eine Rede halten und später am großen Mahnmal zwischen den beiden großen GaskammerRuinen einen Kranz niederlegen für die über eine Million europäischer Juden, die hier ermordet wurden.
90 Prozent der polnischen Juden
Auch wenn AuschwitzBirkenau heute weltweit als Symbol für die Shoah angesehen wird, so sind die meisten polnischen Juden doch nicht hier, sondern in den drei Lagern der sogenannten „Aktion Reinhard“weiter östlich ermordet wurden: Treblinka bei Warschau, Sobibor und Belzec bei Lublin. Auch das ehemalige deutsche Konzentrations und Vernichtungslager Majdanek, das ebenfalls bei Lublin liegt, gehört teilweise dazu. Insgesamt ermordeten die Deutschen über 90 Prozent aller damals in Polen lebenden Juden – über drei Millionen von einst 3,5 Millionen Menschen jüdischen Glaubens.
Vor Merkel haben in Auschwitz auch die Kanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl den Opfern der NaziOkkupation in Polen gedacht.