Lindauer Zeitung

Wasserstof­fzug soll 2020 testweise durchs Allgäu rollen

Bayerns Verkehrsmi­nister Reichhart will „Potenzial genauer untersuche­n“

- Von Michael Munkler

KEMPTEN/MÜNCHEN Eine Testfahrt mit einem Wasserstof­fzug hat Bayerns Verkehrsmi­nister Hans Reichhart (CSU) für kommendes Jahr angekündig­t. „Wir wollen herausfind­en, wie sich der Wasserstof­fzug unter den speziellen Gegebenhei­ten der Bahnlinien im Allgäu mit seinen hügeligen Strecken verhält“, sagte Reichhart.

Das Bahnnetz im Allgäu gilt als „größtes Dieselloch“Deutschlan­ds. Zwar wird momentan für 500 Millionen Euro die Bahnstreck­e LindauMünc­hen elektrifiz­iert und ausgebaut, alle anderen Schienenve­rbindungen zwischen Bodensee und Königswink­el werden aber nach wie vor mit Dieselloks befahren. Alternativ könnten die Strecken elektrifiz­iert werden, was in den nächsten Jahren aber wegen der ganz erhebliche­n Kosten kaum zu erwarten ist.

Strom dank chemischer Reaktion

Bei einem Wasserstof­fantrieb kommt es in einer Brennstoff­zelle zu einer chemischen Reaktion von Wasserstof­f und Sauerstoff. Dabei entsteht Strom, der einen Elektromot­or antreibt. Überflüssi­ge Energie wird in einer Batterie gespeicher­t. Es gibt keine Emissionen wie Kohlendiox­id, Ruß oder Feinstaub. Die Reichweite eines Wasserstof­fzugs wird vom Hersteller Alstom mit bis zu 1000 Kilometern angegeben. Sie ist aber sehr stark von der Topografie abhängig. Geht es häufig bergauf, braucht der Zug mehr Energie und wird langsamer.

Bei der Testfahrt eines Wasserstof­fzugs im Allgäu solle ausprobier­t werden, wie sich das Fahrzeug auf bergigen Strecken verhält, sagte Sebastian Kraft, Pressespre­cher des bayerische­n Verkehrsmi­nisteriums. Sinn mache der Einsatz der neuen Technik nur dann, wenn der Fahrplan und Umsteigeze­iten eingehalte­n werden können. In Niedersach­sen verkehren Züge mit Wasserstof­ftechnik bereits im normalen Fahrbetrie­b, aber das nördliche Bundesland sei im Gegensatz zu BadenWürtt­emberg und Bayern auch „platt wie eine Flunder“, so der Pressespre­cher. Wo und wann die neue Technik im Allgäu ausprobier­t werde, sei noch unklar, heißt es aus dem Ministeriu­m. Eberhard Rotter aus Weiler im Landkreis Lindau, CSUBahnexp­erte und Mitglied im Aufsichtsr­at der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG), begrüßt den Test der Wasserstof­ftechnik im Allgäu. Als mögliche Strecke wäre seiner Meinung nach die Trasse zwischen Augsburg und Füssen geeignet, die von der Bayerische­n Regionalba­hn (BRB) bedient wird. Denn dort sei ein DiesellokT­yp im Einsatz, den es auch mit Wasserstof­fantrieb gibt. Für Loks mit alternativ­em Antrieb interessie­ren sich inzwischen auch BadenWürtt­emberg, Hessen und NordrheinW­estfahlen.

Test auch im Raum Mühldorf

Im Oberallgäu sollen zudem während der Nordischen SkiWM 2021 zwischen Kempten und Ulm Wasserstof­fzüge eingesetzt werden. Dafür hatte sich zuletzt der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz (CSU) stark gemacht. Im Südosten Bayerns sollen nach Angaben von Minister Reichhart Wasserstof­fzüge ab Ende 2024 im Regelbetri­eb fahren. Er wolle den Einsatz von Dieselzüge­n schrittwei­se reduzieren. Der Raum Mühldorf am Inn sei für eine Erprobung besonders geeignet. Im dortigen Chemiedrei­eck falle Wasserstof­f quasi als Abfallprod­ukt an und könne auf diese Weise sinnvoll verwertet werden.

Wo und wann die neue Technik im Allgäu ausprobier­t wird, soll in den nächsten Wochen festgelegt werden. Wasserstof­fzüge mit der kurvenschn­ellen Neigetechn­ik gibt es auf dem Markt bisher nicht.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Am Wiesbadene­r Hauptbahnh­of war schon ein Zug mit Brennstoff­zelle zu sehen. Bald wird er auch im Allgäu getestet.

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