Wenn die Ausfahrt plötzlich zu niedrig ist
Frau kann wegen Sanierungsarbeiten nicht aus einem Kemptener Parkhaus herausfahren
KEMPTEN Stellen Sie sich vor: Sie fahren mit Ihrem Auto ins Parkhaus und kommen nicht mehr heraus. Genau das ist einer Waltenhofenerin passiert. Als sie mit ihrem Kleintransporter das Parkhaus in der Kemptener Kronenstraße benutzte, wurde dieses gerade saniert – und dafür unter anderem an der Ausfahrt ein Querbalken verkleidet. Damit schrumpfte die lichte Höhe an dieser Stelle. Normalerweise stehen zwei Meter zur Verfügung, die Parkhausbetreiber gaben vorsichtshalber nur noch 1,90 Meter an, das Auto der Frau ist 1,99 Meter hoch. „Ich habe mich nicht mehr durchgetraut“, sagt die Waltenhofenerin. Sie musste das Fahrzeug drei Tage in der Parkgarage stehen lassen, bis die Verschalung wieder beseitigt war. Derweil fuhr sie mit dem Taxi.
Auch ohne Bauarbeiten wird Herbert Singer, Geschäftsführer der Sozialbau Kempten, immer wieder auf die Höhe und die Breite der Durchfahrten und Parkstreifen in dem InnenstadtParkhaus angesprochen. Darauf reagiert er eher verschnupft: „Ich kann das nicht mehr hören, machen Sie mal aus einem Ackergaul ein Rennpferd.“Mit diesem Spruch will er bildhaft zum Ausdruck bringen, dass man in die Jahre gekommene Parkhäuser nicht mit modernen vergleichen dürfe. „Mich ärgern diese nicht erfüllbaren Erwartungshaltungen.“
Die Garage in der Kronenstraße wurde 1968 gebaut und hat aus heutiger Sicht einige Fallstricke. Zahlreiche Stellplätze sind nur 2,30 Meter breit. Bei Abmaßen von knapp zwei Metern bei großen SUVs wird das Aussteigen für Insassen oft schwierig. Und selbst die Parkplätze mit einer Breite von 2,50 Meter sind für Fahrer nicht bequem, da in der betagten Garage viele Stützen stehen. In modernen Parkhäusern wie dem am Klinikum gibt es keine Stützen mehr. Dort reichen daher 2,50 Meter aus, sagt Singer.
Zum Ärger anderer Autofahrer belegen die Besitzer großer Pkw im
Parkhaus Kronenstraße oft gleich zwei Stellplätze. In anderen Städten, beispielsweise in Stuttgart, gibt es inzwischen sogar XXLParkplätze. „Dafür zahlt man aber auch mehr“, sagt Singer. In Kempten findet man ein solches Angebot nicht.
Schleifspuren zeugen in vielen Parkhäusern davon, dass manche Autofahrer mit den Höhen und Breiten nicht zurande kamen. Im Parkhaus Kronenstraße gibt es diese auch an abgehängten Deckenteilen, die manchen Parkplätzen einen Nischencharakter verleihen. Zwar ist Rückwärtseinparken in dem Parkhaus inzwischen verboten. Wenn es ein Autofahrer dennoch tut, kann er unangenehm überrascht werden: Die Abstandssensoren moderner Fahrzeuge sind in einer Höhe angebracht, die abgehängte Deckenteile nicht erfassen.
Das Alter des Parkhauses macht inzwischen alljährlich Reparaturarbeiten notwendig. Heuer musste auch ein Betonbalken über der Ausfahrt saniert werden. Normalerweise gibt es an dieser Stelle eine lichte Höhe von zwei Metern. Da der Balken verkleidet wurde, reduzierte sich das Durchfahrtsmaß. Und das wurde der Waltenhofenerin zum Verhängnis. Sie hat einen Verkaufsstand auf dem Kemptener Weihnachtsmarkt und stellt ihren Kleintransporter deshalb den gesamten Dezember in dem Parkhaus ab. Ihr Fahrzeug ist genau 1,99 Meter hoch. „Als ich von der reduzierten Höhe gehört habe, war für mich klar, da komm´ ich nicht raus.“Die Sozialbau hatte zwischenzeitlich Schilder an der Einfahrt angebracht und die Durchfahrtshöhe 1,90 Meter begrenzt.
Inzwischen ist die Sanierung weitgehend beendet und es gilt wieder eine offizielle Durchfahrtshöhe von zwei Metern. So unangenehm die Sache anfangs war, inzwischen kann die Waltenhofenerin darüber schmunzeln: „Da hätte man ja nur einen Schluckauf kriegen müssen und schon hätte es gebumst.“
Durchfahrtshöhen führen insgesamt selten zu Problemen, manchmal aber eben doch: In der Unterführung unter der Rottachstraße blieb 2018 ein Lkw hängen, sagt Marcus Hörmann, Leiter der Polizeiinspektion Kempten. Und die Bahnbrücke in Betzigau war davor für einen anderen Lastzug um 15 Zentimeter zu niedrig. Die Folge: 25 000 Euro Schaden. auf