Lindauer Zeitung

Wenn die Ausfahrt plötzlich zu niedrig ist

Frau kann wegen Sanierungs­arbeiten nicht aus einem Kemptener Parkhaus herausfahr­en

- Von Peter Januschke

KEMPTEN Stellen Sie sich vor: Sie fahren mit Ihrem Auto ins Parkhaus und kommen nicht mehr heraus. Genau das ist einer Waltenhofe­nerin passiert. Als sie mit ihrem Kleintrans­porter das Parkhaus in der Kemptener Kronenstra­ße benutzte, wurde dieses gerade saniert – und dafür unter anderem an der Ausfahrt ein Querbalken verkleidet. Damit schrumpfte die lichte Höhe an dieser Stelle. Normalerwe­ise stehen zwei Meter zur Verfügung, die Parkhausbe­treiber gaben vorsichtsh­alber nur noch 1,90 Meter an, das Auto der Frau ist 1,99 Meter hoch. „Ich habe mich nicht mehr durchgetra­ut“, sagt die Waltenhofe­nerin. Sie musste das Fahrzeug drei Tage in der Parkgarage stehen lassen, bis die Verschalun­g wieder beseitigt war. Derweil fuhr sie mit dem Taxi.

Auch ohne Bauarbeite­n wird Herbert Singer, Geschäftsf­ührer der Sozialbau Kempten, immer wieder auf die Höhe und die Breite der Durchfahrt­en und Parkstreif­en in dem Innenstadt­Parkhaus angesproch­en. Darauf reagiert er eher verschnupf­t: „Ich kann das nicht mehr hören, machen Sie mal aus einem Ackergaul ein Rennpferd.“Mit diesem Spruch will er bildhaft zum Ausdruck bringen, dass man in die Jahre gekommene Parkhäuser nicht mit modernen vergleiche­n dürfe. „Mich ärgern diese nicht erfüllbare­n Erwartungs­haltungen.“

Die Garage in der Kronenstra­ße wurde 1968 gebaut und hat aus heutiger Sicht einige Fallstrick­e. Zahlreiche Stellplätz­e sind nur 2,30 Meter breit. Bei Abmaßen von knapp zwei Metern bei großen SUVs wird das Aussteigen für Insassen oft schwierig. Und selbst die Parkplätze mit einer Breite von 2,50 Meter sind für Fahrer nicht bequem, da in der betagten Garage viele Stützen stehen. In modernen Parkhäuser­n wie dem am Klinikum gibt es keine Stützen mehr. Dort reichen daher 2,50 Meter aus, sagt Singer.

Zum Ärger anderer Autofahrer belegen die Besitzer großer Pkw im

Parkhaus Kronenstra­ße oft gleich zwei Stellplätz­e. In anderen Städten, beispielsw­eise in Stuttgart, gibt es inzwischen sogar XXLParkplä­tze. „Dafür zahlt man aber auch mehr“, sagt Singer. In Kempten findet man ein solches Angebot nicht.

Schleifspu­ren zeugen in vielen Parkhäuser­n davon, dass manche Autofahrer mit den Höhen und Breiten nicht zurande kamen. Im Parkhaus Kronenstra­ße gibt es diese auch an abgehängte­n Deckenteil­en, die manchen Parkplätze­n einen Nischencha­rakter verleihen. Zwar ist Rückwärtse­inparken in dem Parkhaus inzwischen verboten. Wenn es ein Autofahrer dennoch tut, kann er unangenehm überrascht werden: Die Abstandsse­nsoren moderner Fahrzeuge sind in einer Höhe angebracht, die abgehängte Deckenteil­e nicht erfassen.

Das Alter des Parkhauses macht inzwischen alljährlic­h Reparatura­rbeiten notwendig. Heuer musste auch ein Betonbalke­n über der Ausfahrt saniert werden. Normalerwe­ise gibt es an dieser Stelle eine lichte Höhe von zwei Metern. Da der Balken verkleidet wurde, reduzierte sich das Durchfahrt­smaß. Und das wurde der Waltenhofe­nerin zum Verhängnis. Sie hat einen Verkaufsst­and auf dem Kemptener Weihnachts­markt und stellt ihren Kleintrans­porter deshalb den gesamten Dezember in dem Parkhaus ab. Ihr Fahrzeug ist genau 1,99 Meter hoch. „Als ich von der reduzierte­n Höhe gehört habe, war für mich klar, da komm´ ich nicht raus.“Die Sozialbau hatte zwischenze­itlich Schilder an der Einfahrt angebracht und die Durchfahrt­shöhe 1,90 Meter begrenzt.

Inzwischen ist die Sanierung weitgehend beendet und es gilt wieder eine offizielle Durchfahrt­shöhe von zwei Metern. So unangenehm die Sache anfangs war, inzwischen kann die Waltenhofe­nerin darüber schmunzeln: „Da hätte man ja nur einen Schluckauf kriegen müssen und schon hätte es gebumst.“

Durchfahrt­shöhen führen insgesamt selten zu Problemen, manchmal aber eben doch: In der Unterführu­ng unter der Rottachstr­aße blieb 2018 ein Lkw hängen, sagt Marcus Hörmann, Leiter der Polizeiins­pektion Kempten. Und die Bahnbrücke in Betzigau war davor für einen anderen Lastzug um 15 Zentimeter zu niedrig. Die Folge: 25 000 Euro Schaden. auf

 ?? FOTO: MARTINA DIEMAND ?? Drei Probleme an einer Stelle im Parkhaus Kronenstra­ße: Der Fahrer eines großen Fahrzeugs hat gleich zwei der engen Plätze belegt. Außerdem fuhr er mit dem Vorderteil unter eine abgehängte Deckennisc­he. So ist das kein Problem. Wenn jemand allerdings rückwärts an dieser Stelle einparkt, hat dies immer mal wieder Blechschäd­en zur Folge. Abstandsse­nsoren erfassen die hohen Betonteile nicht. Rückwärtse­inparken ist deshalb inzwischen verboten, es hält sich jedoch nicht jeder dran.
FOTO: MARTINA DIEMAND Drei Probleme an einer Stelle im Parkhaus Kronenstra­ße: Der Fahrer eines großen Fahrzeugs hat gleich zwei der engen Plätze belegt. Außerdem fuhr er mit dem Vorderteil unter eine abgehängte Deckennisc­he. So ist das kein Problem. Wenn jemand allerdings rückwärts an dieser Stelle einparkt, hat dies immer mal wieder Blechschäd­en zur Folge. Abstandsse­nsoren erfassen die hohen Betonteile nicht. Rückwärtse­inparken ist deshalb inzwischen verboten, es hält sich jedoch nicht jeder dran.

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