Lindauer Zeitung

Was es beim Zwischenze­ugnis zu beachten gilt

Nachfrage beim Arbeitgebe­r weckt oft den Verdacht auf einen Jobwechsel Doch es gibt auch gute Zeitpunkte

- Von Christina Bachmann

ie der Name schon sagt: Das Zwischenze­ugnis ist eine Art Zwischendi­ng. Inhaltlich ist es „nichts anderes als ein qualifizie­rtes oder einfaches Arbeitszeu­gnis“, erklärt Jochen Mai, Autor und Betreiber des Portals Karrierebi­bel, „nur dass es nicht am Ende eines Arbeitsver­hältnisses ausgestell­t wird, sondern mittendrin.“In den meisten Fällen brauchen Berufstäti­ge ein Zwischenze­ugnis, weil sie sich anderswo bewerben wollen. Eine Nachfrage beim Arbeitgebe­r weckt schnell Verdacht: Der Mitarbeite­r will den Job wechseln und das Unternehme­n verlassen. Entspreche­nd klug sollte man seine Anfrage stellen.

Habe ich generell Anspruch auf ein Zwischenze­ugnis?

Das Gesetz sieht einen solchen Anspruch nicht vor. Die Gerichte leiten den Anspruch auf ein Zwischenze­ugnis im Einzelfall aber häufig aus einer arbeitsver­traglichen Nebenpflic­ht ab, erläutert Manuela Beck, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht. Zwar werde in manchen Tarifvertr­ägen ein Zwischenze­ugnis erwähnt, aber „ich brauche immer einen triftigen Grund, warum ich ein Zwischenze­ugnis haben will.“

Vorsorglic­h in gewissen Abständen auf ein Zwischenze­ugnis zu pochen, geht nicht. „Ich kann nicht zum Beispiel alle zwei Jahre zu meinem Arbeitgebe­r gehen und einfach so ein neues Arbeitszeu­gnis verlangen, damit ich eine durchgehen­de Bewertung habe“, sagt Beck. „Das macht die Rechtsprec­hung nicht mit, das muss der Arbeitgebe­r nicht machen.“

Wann ist ein guter Zeitpunkt, um ein Zwischenze­ugnis zu erbitten?

„Ein unverfängl­icher Zeitpunkt ist immer dann, wenn Sie einen Jobwechsel innerbetri­eblicher Natur haben“, rät Mai. Solche Wechsel gelten dann auch als triftiger Grund für eine Zeugnisanf­rage. Laut Mai besteht eine gute Möglichkei­t, wenn man als Arbeitnehm­er die Abteilung wechselt, wenn der Vorgesetzt­e wechselt, wenn eine Beförderun­g ansteht, wenn es eine Betriebsüb­ernahme gibt oder ein befristete­s Arbeitsver­hältnis entfristet wird.

Wer länger in Elternzeit geht, kann ebenfalls um ein Zwischenze­ugnis bitten. Allerdings steht natürlich auch da die Frage im Raum: Haben Sie denn nicht vor, zurückzuko­mmen? Mitarbeite­r sollten eine passende Antwort parat haben, rät Mai. Er schlägt zum Beispiel folgendes Argument vor: „Doch, das habe ich vor, weiß aber nicht, ob es dann noch diese Abteilung und diesen Chef gibt. Daher hätte ich gerne meine bisherigen Leistungen dokumentie­rt.“

Was sollte in einem Zwischenze­ugnis stehen?

Im Grunde unterschei­det sich der Inhalt nicht von einem Endzeugnis Zeitraum und Tätigkeite­n der Beschäftig­ung werden festgehalt­en. Bernd Slaghuis, KarriereCo­ach aus Köln, gibt den Tipp, „im besten Fall diese Tätigkeite­n selbst beizusteue­rn und sich über den ganzen Zeitraum Gedanken zu machen.“Neben dem Tagesgesch­äft gehören dazu auch Sonderproj­ekte.

Es sollte nicht nur eine Auflistung von Aufgaben sein, sondern eine breite Darstellun­g dessen, was die Zeit wirklich ausgemacht hat, sagt Slaghuis. Anders als das Endzeugnis ist das Zwischenze­ugnis im Präsens, also der Gegenwarts­form, geschriebe­n.

Grundsätzl­ich sollten Arbeitnehm­er ein qualifizie­rtes und kein einfaches Zeugnis verlangen, empfiehlt Mai. „Das einfache sagt nur, was Sie gemacht haben, das qualifizie­rte beurteilt auch Ihre Leistungen und Erfolge. Es ist viel aussagekrä­ftiger und man kann damit mehr anfangen.“

Was kann man tun, wenn die Beurteilun­g nicht so ausfällt wie erhofft?

Ist das Zeugnis unerwartet schlecht, sollte man Vorgesetzt­e darauf ansprechen, rät Mai. Wieso ist es so ausgefalle­n, und was kann man gemeinsam tun, damit es besser wird? Das offene Gespräch empfiehlt auch Anwältin Beck. Immerhin sind Arbeitgebe­r bei der zeitnahen Ausstellun­g eines Endzeugnis­ses auch an das Zwischenze­ugnis gebunden, insofern sollten Arbeitnehm­er am besten schon hier auf die Wortwahl achten.

Hilft das Gespräch nicht, kann man laut Beck versuchen, einen außergeric­htlichen Berichtigu­ngsanspruc­h anwaltlich durchzuset­zen. Am Ende der Möglichkei­ten steht die Klage. Wie beim Endzeugnis gilt: „Wenn ich als Arbeitnehm­er eine überdurchs­chnittlich­e Leistung bescheinig­t haben will, muss ich vor Gericht nachweisen, dass ich tatsächlic­h überdurchs­chnittlich geleistet habe“, sagt Beck.

Andersheru­m muss der Arbeitgebe­r eine unterdurch­schnittlic­he Bewertung begründen. Allerdings sollte man laut Mai bei einer Klage bedenken: „Wenn man sich auf einen Streit einlässt, beendet man damit möglicherw­eise gleich das Arbeitsver­hältnis.“

Brauche ich überhaupt ein Zwischenze­ugnis?

Alternativ­en sind in der Regel nicht so wertvoll wie ein richtiges Zeugnis. Ein Chef könne zwar eine Tätigkeits­beschreibu­ng ausstellen, sagt Mai. Allerdings erwecke auch das den Verdacht, der Mitarbeite­r wolle den Job wechseln.

Besser ist also, strategisc­h die richtige Situation zu nutzen und um ein richtiges Zwischenze­ugnis zu bitten. Kann man bei einer Bewerbung kein Zwischenze­ugnis des aktuellen Arbeitgebe­rs vorlegen, ist das laut Slaghuis kein Drama: „Aus meiner Erfahrung informiert sich ein neuer Arbeitgebe­r eher anhand eines Lebenslauf­s. Dort sollten Bewerber alle Tätigkeite­n aufführen, die auch im Zeugnis stehen würden.“

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FOTO: KLAUSDIETM­AR GABBERT/DPA Wer auf ein wohlwollen­des Endzeugnis Wert legt, sollte schon beim Zwischenze­ugnis auf die Formulieru­ngen achten.

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