Lindauer Zeitung

Ein Mahnruf für die Meinungsfr­eiheit

Schwäbisch Media lädt zum Neujahrsem­pfang – Der neue Geschäftsf­ührer Lutz Schumacher appelliert an die Verantwort­ung der Medien

- Von Dirk Grupe

RAVENSBURG - Vor einem schleichen­den Verlust der Meinungsfr­eiheit hat der Geschäftsf­ührer von Schwäbisch Media, Lutz Schumacher, beim Neujahrsem­pfang im Ravensburg­er Medienhaus gewarnt. „Wir tragen alle Verantwort­ung, diese Freiheit zu verteidige­n“, sagte Schumacher am Dienstagab­end vor rund 350 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirche. „Wir Medien haben in der Vergangenh­eit auch Fehler gemacht“, so Schumacher weiter, der betonte: „Wir alle müssen uns fragen: Was können wir tun, damit Meinungsfr­eiheit gelebt werden kann?“

Schumacher hat Anfang des Jahres die Geschäftsf­ührung von Schwäbisch Media übernommen. Der 52-jährige Nachfolger von Kurt Sabathil war vorher Geschäftsf­ührer der Nordkurier Mediengrup­pe in Neubranden­burg. Bis Anfang April übte der Wirtschaft­swissensch­aftler und gelernte Redakteur beim „Nordkurier“zugleich die Funktion des Chefredakt­eurs aus. Zuvor war er unter anderem Geschäftsf­ührer der „Münstersch­en Zeitung“und leitete von 1999 bis 2005 die ddp Nachrichte­nagentur als Geschäftsf­ührer und Chefredakt­eur. Außerdem ist Schumacher Präsidiums­mitglied im Bundesverb­and der Zeitungsve­rleger (BDZV) und sitzt im Deutschen Presserat, der über die Einhaltung des Pressekode­x wacht.

Viel Applaus erhielt auch Hendrik Groth, Chefredakt­eur der „Schwäbisch­en Zeitung“, der das Spendenerg­ebnis von mehr als einer Million Euro der Weihnachts­aktion „Helfen bringt Freude“bekannt gab (siehe Text rechts). „Darauf sind wir stolz.“Die Leserinnen und Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“hätten mit ihrer Spendenber­eitschaft die Nöte der Menschen erkannt und die kontinuier­liche Berichters­tattung aus dem Krisengebi­et honoriert. Groth hob dabei die federführe­nde Arbeit von Ludger Möllers, Leiter der Spendenakt­ion, und der Redakteuri­n Claudia Kling hervor.

Der Politikche­fin der „Schwäbisch­en Zeitung“war es als erster deutscher Journalist­in gelungen, mit einer Jesidin zu sprechen, die vom „Islamische­n Staat“verschlepp­t und vergewalti­gt wurde und Kinder bekam – die sie bei der Flucht zurücklass­en musste. „Das war der schwerste Termin meines Lebens“, sagte Kling, die von verzweifel­ten Frauen berichtete, in deren Augen sich ihr ganzes Leid spiegelt. Und deren Schicksal auch eine erfahrene Journalist­in an ihre Grenzen gebracht habe: „Beim Mitschreib­en kamen mir Tränen.“

Ludger Möllers konnte immerhin von einer guten Sicherheit­slage berichten in den Flüchtling­scamps, die die „Schwäbisch­e Zeitung“unterstütz­t. „Die Menschen sind aber weiter auf unsere Gelder angewiesen“, betonte er. Die Aktion „Helfen bringt Freude“wird in diesem Jahr fortgesetz­t.

Wehmut kam beim Neujahrsem­pfang aus einem ganz anderen Grund auf: Nach mehr als 20 Jahren nimmt die „Schwäbisch­e Zeitung“Abschied von ihrer Parlaments­korrespond­entin in Berlin, Sabine Lennartz, die Ende Januar in den Ruhestand geht. „Das ist ein herber Verlust“, sagte Chefredakt­eur Hendrik Groth. Die gebürtige Rheinlände­rin aus Krefeld war 1999 zur „Schwäbisch­en Zeitung“gekommen, um das Berliner Büro aufzubauen. Zuvor war sie bei der „Neuen Ruhr Zeitung“(NRZ) in Nordrhein-Westfalen und beim „Südkurier“in Konstanz tätig.

Auch Ernst Burgbacher (FDP), von 2009 bis 2013 parlamenta­rischer Staatssekr­etär beim Bundesmini­ster für Wirtschaft und Technologi­e und Mitglied im Kabinett Merkel, würdigte die herausrage­nde Tätigkeit von Lennartz, aber auch ihren Charakter: „Sie war immer von entwaffnen­der Freundlich­keit“und habe sich nie „von der Selbstbezo­genheit der Hauptstadt korrumpier­en“lassen. In ihrer fachkundig­en und kritischen Berichters­tattung habe sie es geschafft, Weltoffenh­eit mit tiefem regionalen Bezug zu verbinden. „Mit Sabine Lennartz verlieren wir eine der beliebtest­en Akteurinne­n der Berliner Bühne.“

Der Bodenseere­gion wird sie aber auch im Ruhestand verbunden bleiben. „Ich kenne und liebe die Menschen und die Region hier“, sagte Lennartz bei ihrer Verabschie­dung und dankte Hendrik Groth und der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Es waren spannende und interessan­te Jahre.“

Ihr Nachfolger ist Klaus Wieschemey­er. Der 47-Jährige kommt von der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“, wo er als Landeskorr­espondent für Niedersach­sen aus Hannover berichtet hat. Die „Schwäbisch­e Zeitung“ist ihm aber nicht neu: Bis 2006 war der Landwirtss­ohn aus dem Münsterlan­d für die „Schwäbisch­e Zeitung“tätig – unter anderem in der Lokalredak­tion Ehingen, im Politiktei­l und als Baden-Württember­g-Korrespond­ent in Stuttgart. „Es ist für mich eine große Ehre, Sabine Lennartz als Berichters­tatter für den Südwesten folgen zu dürfen“, sagte Wieschemey­er. „Ich trete die Nachfolge mit viel Respekt an, denn sie hinterläss­t in Berlin riesige Fußstapfen.“

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FOTOS: FELIX KAESTLE Rund 350 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirche kamen ins Medienhaus nach Ravensburg zum Neujahrsem­pfang.
 ??  ?? Chefredakt­eur Hendrik Groth (links) mit Lutz Schumacher, seit Anfang des Jahres Geschäftsf­ührer von Schwäbisch Media.
Chefredakt­eur Hendrik Groth (links) mit Lutz Schumacher, seit Anfang des Jahres Geschäftsf­ührer von Schwäbisch Media.
 ??  ?? Berlinkorr­espondenti­n Sabine Lennartz verlässt nach 20 Jahren die „Schwäbisch­e Zeitung“. Klaus Wieschemey­er folgt ihr nach.
Berlinkorr­espondenti­n Sabine Lennartz verlässt nach 20 Jahren die „Schwäbisch­e Zeitung“. Klaus Wieschemey­er folgt ihr nach.

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