Votum für den Klimaschutz
Warum gerade „Klimahysterie“zum „Unwort des Jahres“gewählt wurde
(KNA) - Rückenwind für engagierte Klimaschützer: Sprachexperten haben den Ausdruck „Klimahysterie“als Unwort des Jahres 2019 gebrandmarkt. Mit der Formulierung würden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert, erklärte die Jury des Sprachwettbewerbs am Dienstag in Darmstadt. „Der Ausdruck pathologisiert pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose“, hieß es weiter.
Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel sei das Wort „Klimahysterie“zudem irreführend und stütze in unverantwortlicher Weise wissenschaftsfeindliche Tendenzen. Der Ausdruck sei 2019 „von vielen in Politik, Wirtschaft und Medien – von der ,FAZ‘ über Unternehmer bis hin insbesondere zu AfD-Politikern verwendet“worden.
Die „sprachkritische Aktion“will mit dem Unwort des Jahres auf „undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden öffentlichen Sprachgebrauch“aufmerksam machen. Für das Jahr 2019 gab es den Angaben zufolge 671 Einsendungen mit 397 verschiedenen Vorschlägen, von denen allerdings nur etwa 50 den Unwort-Kriterien der Jury entsprachen.
Die nach eigenen Angaben unabhängige und ehrenamtlich arbeitende Jury besteht aus vier Sprachwissenschaftlern, einem Journalisten und einem wechselnden externen Mitglied aus dem öffentlichen Kulturund Medienbetrieb. In diesem Jahr war dies der Kabarettist Urban Priol.
2018 war „Anti-Abschiebe-Industrie“das Unwort des Jahres, 2017 die Wendung „alternative Fakten“und 2016 der Begriff „Volksverräter“.
Die Jury kritisierte als weiteres Unwort im Jahr 2019 den Ausdruck „Umvolkung“. Dabei handele es sich um einen „Schlüsselbegriff einer rechtsextremen Verschwörungstheorie“, die behaupte, dass es einen geheimen Plan der „Eliten“gebe, die weiße Mehrheitsbevölkerung in Europa, Australien, Neuseeland und den USA durch muslimische Flüchtlinge und andere nicht-weiße Einwanderer auszutauschen. Diese Verschwörungstheorie sei „fester Bestandteil der Ideologie der AfD“, so die Jury.
Die Sprachexperten kritisierten zudem die Formulierung „Ethikmauer“. Sie stehe exemplarisch für Ausdrücke, „die jede moralisch-ethische Argumentation als ein Zeichen naiver Fortschrittsverweigerung diskreditieren“. Der Ausdruck wurde demnach in einem Kommentar der Zeitung „Die Welt“am 1. August 2019 verwendet.
Der Text bezog sich auf japanische Forschungen zur Züchtung menschlicher Organe in Tieren zu therapeutischen Zwecken. Der Autor des Kommentars argumentierte, man könne sich bei dieser Forschung, die zum Wohl des Menschen sei, „nicht hinter einer Ethikmauer verstecken“.
Die Jury kürt als Unwort nicht zwangsläufig den Ausdruck, der von Bürgern am häufigsten vorgeschlagen wurde. „Klimahysterie“wurde neunmal eingesandt, „Umvolkung“zweimal und „Ethikmauer“einmal. Zu den häufigsten Einsendungen zählten: Verschissmus (22 Mal), Deals (16), Umweltsau (16), Alte weiße Männer (13), Verschmutzungsrechte (11), Klimaleugner (11), LKW-Vorfall (10) und Flugscham (10).