Auf einmal ist E10 so teuer wie Super
Eine Quote für geringere CO2-Emissionen macht Biokraftstoffe derzeit kostspieliger
- Der Biokraftstoff E10 ist derzeit ungewohnt teuer. Die Preise für die Benzinsorte sind seit Jahresbeginn an vielen Tankstellen auf den gleichen Wert wie für Super (E5) geklettert. Paradoxerweise reagieren Anbieter so auf eine Quote des Gesetzgebers, die CO2-Emissionen senken und den Verkauf von Biokraftstoffen fördern soll. Das sogenannte Bundesemissionsschutzgesetz gilt bereits seit 2015. Bis zum vergangenen Jahr war darin eine Treibhausgasminderung von vier Prozent Pflicht. Ab diesem Jahr hat sich die festgeschriebene Quote auf sechs Prozent erhöht. Das bedeutet konkret: „Tankstellen müssen mehr Biokraftstoff vertreiben, um das geforderte Ziel zu erreichen“, erklärt Frank Brühning vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Denn dieser führe im Gegensatz zu fossilen Energieträgern wie Benzin und Diesel zu reduziertem CO2-Ausstoß. So entgehen Anbieter Strafzahlungen an den Staat. Pro 100 Liter fossilem Brennstoff müssen sie jetzt sechs Liter Biokraftstoff in ihren Einkaufslisten nachweisen.
Dabei hätten sich die Hersteller von Bioethanol zum Jahresanfang eigentlich einen besseren Verkauf ihres Bioethanols an Tankstellen in Deutschland erhofft, sagt der Verbandssprecher. Ganz so einfach ist es aber nicht. Durch eine stärkere Nachfrage des Kraftstoffs in EU-Ländern sowie in den USA sei die Nachfrage und damit auch der Preis, vor allem während des vergangenen Jahres, stark gestiegen. Dazu komme nun die beschriebene Quotenerhöhung, die beides weiter in die Höhe treibt. Dass der Preis über das Jahr hinweg so bleibe, könne sich Brühning nicht vorstellen.
Viele Abnehmer von Bioethanol warten auf einen günstigeren Zeitpunkt für den Einkauf. „Der Kraftstoff ist ohnehin teurer in der Produktion als Benzin“, erklärt ein Sprecher vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV). Der für gewöhnlich günstigere Verkauf diene dazu, Kunden für den Biokraftstoff zu werben und gehe zulasten der Mineralölgesellschaften.
Der Verkauf von Bioethanol kann über eine höhere Beimischung zum Benzin gesteigert werden. „Die Sorten
E5 und E10 dürfen bis zu fünf beziehungsweise zehn Prozent mit Bioethanol angereichert werden“, erklärt ein Experte aus der Mineralölindustrie. Wer bisher weniger beigemischt habe, könne so die neue Quote erfüllen.
Der Preisdruck sei soweit gestiegen, dass viele Tankstellen auf den bisher durchschnittlich üblichen Preisabstand von zwei Cent verzichten, so auch Aral: „Durch höhere Beimischung von Biokomponenten verteuern sich die Einstandspreise bei Kraftstoffen. Dies führt aktuell auch zu einem veränderten Preisgefüge bei E5 und E10“, schreibt Unternehmenssprecher Detlef Brandenburg. Im Gegensatz dazu behält Shell den Preisabstand bei, wohl um E10 weiterhin zu einem attraktiveren Preis anzubieten und so mehr Biokraftstoff abzusetzen.
Nach Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) betrug der E10-Anteil am Benzinabsatz zuletzt – von Januar bis Oktober 2019 – rund 13 Prozent, der von E5 dementsprechend 87 Prozent.
Wie die Tankstellen es schaffen, dieses Jahr mehr Biokraftstoff zu verkaufen als im vergangenen, ist derzeit noch offen. Brühning fasst die Ideen des VDB zusammen: „Entweder es muss neue genormte Mischungen geben – die Benzinmischungen E20, E85, B30 und die Biodiesel B30 und B100 sind derzeit im Gespräch.“Oder die Minerölindustrie müsse auf andere Biokraftstoffe zurückgreifen. Dafür käme etwa Altfette, wie Frittierfett infrage.