Lindauer Zeitung

Viele Männer verhalten sich toxisch

Theatermac­her Falk Richter widmet sich in „In My Room“der Männlichke­it

-

(dpa) - Der Dramatiker Falk Richter sieht schädliche Männlichke­it als Wurzel vielen Übels in der Welt. „Nicht Männlichke­it an sich ist toxisch, aber viele Männer verhalten sich toxisch, auch deshalb, weil die Gesellscha­ft, in der wir leben, ihnen das Privileg zugesteht, sich zerstöreri­sch zu verhalten“, sagte der Autor und Regisseur vor der Premiere seines neuen Stücks „In My Room“im Berliner Gorki Theater an diesem Mittwoch. Darin will Richter (50) der Frage nachgehen, ob die Krise der Gegenwart eine Krise der Männlichke­it ist. Unter anderem spielt der Schauspiel­er Jonas Dassler („Der goldene Handschuh“) mit.

Unter toxischer/giftiger Männlichke­it verstehen Geschlecht­erforscher und Soziologen übertriebe­ne Vorstellun­gen des Mannseins wie Konfliktlö­sung einzig durch Gewalt, das Verneinen von Regungen wie Angst und Zärtlichke­it, auch ständige Sexbereits­chaft oder das Abwerten angeblich unmaskulin­er – also weniger muskulöser – Männer.

Für Richter geht es um „Männer, die nicht zuhören, die keine Gefühle außer Wut zulassen können, die Frauen und Homosexuel­le abwerten“. Es gehe um Männer, die sich nie selbst infrage stellten und falsches Verhalten weder zugäben noch änderten.

Richter sieht dieses Männlichke­itsgehabe in der Weltpoliti­k wieder auf dem Vormarsch. „Autoritäre, unberechen­bare Männer wie Trump, Putin, Bolsonaro kommen an die Macht, zerstören die Demokratie und läuten das Revival des wütenden, rücksichts­losen, weißen Mannes ein, der ausschließ­lich auf den eigenen Vorteil bedacht ist.“Solche Leute leugneten auch den Klimawande­l, schüchtert­en Kritiker ein und ebneten den Weg in repressive Regime.

Als Lösung sieht der Theatermac­her mehr „Mitgefühl“. „Die Männer müssen sich selbst befreien. Gefühle zu zeigen, verletzbar zu sein, darf nicht länger als Defizit missversta­nden werden, sondern es muss ganz selbstbewu­sst zum Verständni­s einer intakten Männlichke­it dazugehöre­n.“Männer könnten dabei eigentlich nur gewinnen: echte Beziehunge­n zu sich, zu anderen, die auf gegenseiti­gem Respekt beruhten, auf Kooperatio­n statt Konkurrenz.

Der Autor Falk Richter („Gott ist ein DJ“, „Electronic City“, „Je suis Fassbinder“, „Small Town Boy“) gehört zu den wichtigste­n zeitgenöss­ischen Dramatiker­n und Theaterreg­isseuren. Sein Stück „Fear“an der Berliner Schaubühne über das Erstarken rechtsnati­onaler Bewegungen brachte ihm unter anderem von der AfD-Politikeri­n Beatrix von Storch juristisch­en Ärger ein. Sie klagte jedoch vergeblich, nachdem sie sich von der satirische­n Darstellun­g ihrer Person angegriffe­n gefühlt hatte.

Ab der kommenden Spielzeit geht der gebürtige Hamburger eigenen Angaben zufolge als leitender Regisseur an die Münchner Kammerspie­le. Richter unterricht­et als Professor für Performing Arts an der National School for Performing Arts in Kopenhagen. Die französisc­he Regierung ernannte ihn 2018 zum Ritter des Ordens der Künste und Literatur. 2019 bekam er bei der Berlinale den schwullesb­ischen Special Teddy Award.

Falk Richters Projekt In My Room feiert heute Abend im Berliner Maxim Gorki Theater.Premiere

 ?? FOTO: DPA ?? Dramatiker Falk Richter.
FOTO: DPA Dramatiker Falk Richter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany