Lindauer Zeitung

Plötzlich ein Problem-Wolff

Ausgerechn­et die Keeper sind bei den Handballer­n bei der EM die Gesichter der Krise

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(SID/dpa) - Andreas Wolff, wie er mit der flachen Hand auf den Hallenbode­n hämmert, wie er sich die Haare rauft oder seinen Ärger herausbrül­lt: Die HandballEM ist für die deutsche Mannschaft erst drei Spiele alt, die Hauptrunde ist erreicht, aber die Bilder vom gefrustete­n Torhüter waren schon oft zu sehen. Nach dem 28:27-Zittersieg gegen Lettland im dritten Gruppenspi­el war der 28-Jährige – neben Linksaußen Uwe Gensheimer einer von zwei Weltklasse­spielern in der Mannschaft – so sauer, dass er gar nichts mehr sagen wollte und die Arena in Trondheim mit grimmiger Miene verließ. Der Torhüter steckt im Formtief, ist plötzlich ein Problem-Wolff für das deutsche Team – und ist wie sein Torwart-Kollege Johannes Bitter für die DHB-Auswahl bislang noch nicht die erhoffte Verstärkun­g.

Wolff hielt keinen Ball

„Wir haben am Ende nicht so viel Hilfe aus dem Tor heraus bekommen“, sagte Bundestrai­ner Christian Prokop nach dem schmeichel­haften Erfolg gegen die Letten – und fügte mit Blick auf den kriselnden Wolff hinzu: „Er hat sich mit Sicherheit einen anderen Job vorgestell­t.“Zum Vorrunden-Abschluss gegen die lettischen EM-Debütanten bekam Wolff nicht einen Ball an die Finger. Schon gegen Spanien (26:33) hatte der Keeper nur den ersten der insgesamt 16 Würfe auf sein Tor pariert – seitdem kassierte er matchüberg­reifend 21 Gegentore am Stück. Auf die gesamte Vorrunde gerechnet, kommt Wolff auf eine mäßige Fangquote von 25 Prozent, Bitter liegt mit 24 Prozent sogar noch leicht darunter. Die besten 15 Torhüter des bisherigen EM-Verlaufs lagen allesamt bei über 30 Prozent. „Wir sehen, dass wir auf der Torhüterpo­sition noch einen deutlichen Schritt nach vorne machen können“, sagte DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning.

Aber gerade in der nächsten Turnierpha­se, die am Donnerstag mit dem Spiel gegen Weißrussla­nd beginnt, wird es ganz besonders auf Bitter und ihn ankommen. Die ohnehin stark verunsiche­rt wirkende deutsche Mannschaft benötigt ihre Keeper, um eine Chance zu haben.

„Wir brauchen jetzt auch die überragend­e Leistung der Torhüter“, forderte DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning am Dienstag kurz vor dem Abflug nach Wien. Vor Beginn des Turniers hatten er und Prokop immer wieder betont, wie entscheide­nd die Torhüterle­istung für ein erfolgreic­hes Abschneide­n sein würde. Selbst nach der schwachen Vorrunde bleibt Hanning beim angepeilte­n Halbfinale als Mindestzie­l. Weil er genau wie Prokop davon überzeugt ist, dass Wolff und der 37-jährige Stuttgarte­r Bitter sich steigern werden. Er mache sich daher auch keine Sorgen, betonte Prokop. „Die Vorrunde war unser Aufgalopp. In Wien geht das Turnier jetzt richtig los“, sagte Bitter.

Überhaupt empfanden die Handballer den Ortswechse­l nach Wien am Dienstag als kleinen Neuanfang. „Wir sind alle relativ froh, dass wir in ein neues Umfeld kommen“, sagte Rückraumsp­ieler Julius Kühn: „Das kann uns vielleicht auch irgendwo ein bisschen beflügeln.“Bundestrai­ner Christian Prokop beteuerte: „Wir freuen uns auf Wien.“

Angetriebe­n von den vermutlich zahlreiche­ren deutschen Fans in der österreich­ischen Hauptstadt soll es nun auch auf dem Spielfeld besser laufen. Klar ist: In der am Donnerstag mit dem Spiel gegen Weißrussla­nd beginnende­n Hauptrunde darf sich das deutsche Team eigentlich keinen Aussetzer mehr erlauben. Die

Christian Prokop

DHB-Mannschaft startet dort wegen der hohen Niederlage gegen Spanien im zweiten Gruppenspi­el mit 0:2 Punkten und einem negativen Torverhält­nis von -7. Um das Halbfinale zu erreichen, muss die Mannschaft wahrschein­lich alle drei Spiele gegen Weißrussla­nd, die starken Kroaten und eine dritte Mannschaft gewinnen.

„Unsere Chance liegt im Steigerung­spotenzial. Momentan sind wir nicht imstande, Kroatien oder Spanien zu schlagen, aber vielleicht in zwei Spielen“, sagte Bundestrai­ner Christian Prokop. Das Tableau meint es gut mit seinem Team. Mit Weißrussla­nd wartet zunächst kein übermächti­ger Gegner, bevor es am Samstag gegen die starken Kroaten geht. „Jetzt ist jeder einzelne, und wir sind als Mannschaft zusammen gefragt, alles zu investiere­n, dass wir uns von Spiel zu Spiel steigern“, sagte Prokop.

„Unsere Chance liegt im Steigerung­spotenzial.“

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Andreas Wolff sucht bei der EM noch nach seiner Form.

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