Hergensweilers Mitte verändert sich
Zeitverschwendung oder Schutz des Ortscharakters? – Nach eineinhalb Jahren Veränderungssperre liegt der geänderte Bebauungsplan aus
- Im denkmalgeschützten Landhaus Sonne im Zentrum Hergensweilers können künftig Wohnungen entstehen. Die Änderung des Bebauungsplanes, der die maximale Anzahl der Wohnungen auf 20 beschränkt, liegt aktuell im Rathaus der Verwaltungsgemeinschaft Sigmarszell zur Einsicht und Stellungnahme aus. Die dazugehörigen Parkplätze sollen entlang der Dorfstraße und, aller Voraussicht nach in Form eines Parkdecks, auch auf dem bisherigen Dorfplatz angelegt werden.
Im April 2018 hatte der Gemeinderat eine Änderung des Bebauungsplanes zusammen mit dem Erlass einer Veränderungssperre für das betreffende Gebiet beschlossen, nachdem befürchtet wurde, dass die seinerzeit geplanten 26 neuen Wohnungen zusammen mit den dazugehörigen 52 Stellplätzen, den „Charakter der Dorfmitte zerstören“würden, wie Hergensweilers Bürgermeister Wolfgang Strohmaier erklärt. Bereits im August 2018 habe der Eigentümer aber eine veränderte Planung vorgelegt, „der der Gemeinderat positiv gegenüberstand“. Die neueste Planung, welcher der Gemeinderat im Dezember vergangenen Jahres zustimmte, ist, neben der geringeren Anzahl an Wohnungen, hinsichtlich des Denkmalschutzes jetzt auch bereits mit dem Landratsamt und dem Landesamt für Denkmalschutz abgestimmt.
Konkret seien in der Scheune zurzeit 15 Wohnungen geplant, erklärt Strohmaier auf Nachfrage der LZ. Diese Zahl könne sich aber auch noch ändern, da es sich nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handele. Insgesamt sind im neuen Bebauungsplanentwurf im gesamten Gebäude, in der Scheune und im Wohnhaus, bis zu 20 Wohnungen zulässig. Denn sollte es nicht möglich sein, den Gaststätten- und Hotelbetrieb wieder aufzunehmen, könnten insbesondere im bestehenden Wohngebäude weitere Wohnungen eingebaut werden.
Die Gründe für den Gemeinderat, den Aufstellungsbeschluss in dieser reduzierten Variante zu beschließen, lagen laut Stohmaier darin, dass die Eigentümer das Gebäude so sinnvoll nutzen können, während sich „die Auswirkungen des Gebäudes auf die Dorfmitte in noch hinnehmbaren Grenzen halten“. Allerdings muss sich die Gemeinde für Veranstaltungen
unter freiem Himmel trotzdem einen neuen Ort suchen, da der Dorfplatz samt Brunnen, den die Gemeinde bislang kostenfrei pachten konnte, voraussichtlich einem Parkdeck weichen muss. Dieses soll sich dann aber in die ländliche Umgebung Hergensweilers einfügen. Als Ausweichstandort hat das Gemeindeoberhaupt den Bereich rund um das Museum/Backhaus vorgesehen.
„Die eineinhalb Jahre Veränderungssperre waren für die Katz“, findet hingegen Strohmaiers Konkurrent um das Hergensweiler Bürgermeisteramt Johannes Schneider. Zwar stehe auch er „vollumfänglich hinter der Planung“, damit die Besitzer das Gebäude endlich sinnvoll nutzen können, aber die Verbesserung für die Allgemeinheit sei nicht eingetreten. Zum Zeitpunkt, als die Veränderungssperre in Kraft getreten ist, seien ohnehin nur noch 21 Wohnungen geplant gewesen. Außerdem habe der damals involvierte Investor Pläne gehabt, nach denen der Dorfplatz hätte erhalten bleiben können, und die ursprünglich geplanten Dachgauben seien am denkmalgeschützten Haus zudem schöner gewesen, als die jetzt geplanten Dachfenster mit Lichtfirst. „Eineinhalb Jahre und zehntausende Euro Planungskosten für die Besitzer später, ist es eine Wohnung weniger, und der Dorfplatz und die Gauben sind weg“, resümiert Schneider.
Wann der Umbau der Sonne dann tatsächlich konkret wird, und ob oder in welcher Form der Gaststättenund Hotelbetrieb fortgesetzt wird, steht allerdings ohnehin noch in den Sternen. Auf Nachfrage der Lindauer Zeitung bleibt Hauseigentümer Markus Vogler zurückhaltend. „Wir hatten in den vergangenen zwei Jahren schon so viele Planungen, die dann blockiert wurden, sodass wir jetzt nichts mehr planen, bevor wir die schriftliche Genehmigung in den Händen haben.“
Im Rahmen der Änderung des Bebauungsplans wird auch eine Nutzungsänderung der Fläche vom Dorfgebiet zu allgemeinem Wohngebiet debattiert. Dieser flexible Nutzungstyp würde zum einen Läden und Restaurants erlauben, gleichzeitig aber den ländlichen Charakter erhalten, wie Strohmaier bereits im vergangenen Dezember erklärte. Da in einem solchen Wohngebiet aber weniger Lärm erlaubt sei, müsse nun erst einmal geklärt werden, „dass die Änderung des Gebietscharakters keine negativen Auswirkungen, insbesondere auf den Betrieb des benachbarten Gasthofs Alte Post“hat, so Strohmaier.