Lindauer Zeitung

Berliner Gipfel einigt sich auf Libyen-Plan

Einhaltung des UN-Waffenemba­rgos soll Frieden voranbring­en – Von der Leyen zufrieden

- Von Stefan Kegel

(dpa) - Die Teilnehmer der Berliner Libyen-Konferenz haben sich auf umfassende Schritte für eine politische Lösung des Konflikts in dem Bürgerkrie­gsland geeinigt. „Wir können feststelle­n, dass alle einig sind, dass wir das Waffenemba­rgo respektier­en wollen“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabe­nd in Berlin. Übereinsti­mmung bestehe auch darin, dass es keine militärisc­he Lösung für den Konflikt gebe und solche Versuche das Leid der Menschen nur vergrößern würden. Merkel sprach von einem neuen politische­n Anlauf und einem Impuls zur Unterstütz­ung der Bemühungen

der Vereinten Nationen in dem nordafrika­nischen Land.

Merkel betonte aber auch, dass der Gipfel nur ein erster Schritt in einem längeren Prozess sei. „Ich mache mir keine Illusionen, dass das natürlich noch eine schwierige Wegstrecke sein wird“, sagte sie. Auch Bundesauße­nminister Heiko Maas sagte, dass man sich mit dem Gipfel nur den Schlüssel zur Lösung des Konflikts besorgt habe.

Die Teilnehmer des Berliner Libyen-Gipfels verpflicht­eten sich zur Einhaltung eines UN-Waffenemba­rgos und zu einem Ende der militärisc­hen Unterstütz­ung für die Konfliktpa­rteien.

Zudem sollen internatio­nale Anstrengun­gen zur Überwachun­g des Embargos verstärkt werden, heißt es in einer Erklärung von 16 Staaten und Organisati­onen. Gefordert wird eine umfassende Demobilisi­erung und Entwaffnun­g der Milizen. Verletzung­en eines Waffenstil­lstandes sollen sanktionie­rt werden. EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen erklärte, sie sei mit den Ergebnisse­n der Konferenz zufrieden. US-Außenminis­ter Mike Pompeo, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Russlands Präsident Wladimir Putin verließen die Konferenz bereits wieder.

UN-Generalsek­retär António Guterres dankte Merkel für ihren Einsatz für eine friedliche Lösung des Libyen-Konfliktes. Er rief alle Teilnehmer auf, nichts zu unternehme­n, was diesen Weg zu einer friedliche­n Lösung beinträcht­igen könnte.

In Libyen war nach Sturz und Tötung des Machthaber­s Muammar alGaddafi 2011 ein Bürgerkrie­g ausgebroch­en. Die Regierung von Ministerpr­äsident Fajis Al-Sarradsch wird von General Chalifa Haftar und seinen Verbündete­n bekämpft, die weite Teile des Landes beherrsche­n und auch aus dem Ausland unterstütz­t werden.

- Das Berliner Regierungs­viertel glich am Sonntag einer Festung. Blaue Polizeiwag­en überall, Kontrollst­ellen, 4500 Beamte, Scharfschü­tzen auf den Dächern. Sie sollten die Rückkehr Deutschlan­ds in die Weltpoliti­k bewachen: die Konferenz zur Zukunft Libyens.

Es war eines der hochrangig­sten derartigen Ereignisse, die in den vergangene­n Jahren in Berlin stattfande­n. Staats- und Regierungs­chefs aus Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Italien, Russland, Ägypten, der Türkei, Algerien und der Republik Kongo waren angereist sowie Vertreter aus den USA, China und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten sowie von Europäisch­er Union, Afrikanisc­her Union und Arabischer Liga.

Heraus kam immerhin ein kleiner Schritt hin zum Frieden für das nordafrika­nische Land, das im Kampf der Konfliktpa­rteien zum gescheiter­ten Staat zu werden droht. Beobachter hatten zuletzt vor unabsehbar­en Folgen gewarnt – vom Wiedererst­arken von Islamisten über eine humanitäre Katastroph­e bis hin zu einem neuen Ansturm von Flüchtling­en. „Es kann in Libyen keine militärisc­he Lösung geben“, hieß es in der Abschlusse­rklärung des Treffens.

Im Grunde gehe es darum, ein zweites Syrien in direkter Nachbarsch­aft zur Europäisch­en Union zu verhindern, hatte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) zuvor erklärt. Genauso wie dort ringen in Libyen neben den direkten Konfliktpa­rteien ausländisc­he Kräfte um Einfluss. In Libyen geht es außerdem um Öl und reiche Gasvorkomm­en im Mittelmeer.

Das Misstrauen sitzt tief. Kurz vor dem Gipfel hatte der Ministerpr­äsident der internatio­nal anerkannte­n libyschen Einheitsre­gierung, Fayis al-Sarradsch, die Staatengem­einschaft aufgeforde­rt, eine UN-Schutztrup­pe für sein Land bereitzust­ellen. Gleichzeit­ig äußerte er seine Zweifel an der Vertrauens­würdigkeit des Rebellenge­nerals Chalifa Haftar, der mit einer Söldnerarm­ee und Unterstütz­ung aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien sowie Russland versucht, die Hauptstadt Tripolis einzunehme­n. Sarradschs Armee, die mit regionalen Milizen kooperiert, wird vor allem von Katar und der Türkei unterstütz­t. Sarradsch und Haftar waren am Sonntag beide in Berlin, aber sie verhandelt­en getrennt mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Maas.

Als ein Hauptziel hatte Deutschlan­d die Einhaltung des UN-Waffenemba­rgos gegen Libyen formuliert. Dies soll nun gemeinsam umgesetzt werden. Die Teilnehmer hätten sich verpflicht­et, keine neuen Kämpfer oder militärisc­he Ausrüstung ins Land zu bringen, teilte Kanzlerin Merkel mit. Um aus der bislang geltenden Waffenruhe einen tragfähige­n Waffenstil­lstand zu machen, soll ab kommender Woche in Genf ein Gremium

 ?? FOTO: IMAGO-IMAGES/FLORIAN GAERTNER/PHOTOTHEK.NET ?? Der britische Regierungs­chef Boris Johnson (links) zieht beim Gruppenbil­d im Kanzleramt fast alle Blicke auf sich. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (Mitte), die zur Libyen-Konferenz nach Berlin eingeladen hat, schaut zu ihrem Amtskolleg­en aus London.
FOTO: IMAGO-IMAGES/FLORIAN GAERTNER/PHOTOTHEK.NET Der britische Regierungs­chef Boris Johnson (links) zieht beim Gruppenbil­d im Kanzleramt fast alle Blicke auf sich. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (Mitte), die zur Libyen-Konferenz nach Berlin eingeladen hat, schaut zu ihrem Amtskolleg­en aus London.
 ?? FOTO: FILIPPO ATTILI/DPA ?? Beratungen auf höchster Ebene (hinten, von links): Die Präsidente­n Ägyptens und Frankreich­s, Abdel Fattah al-Sisi und Emmanuel Macron, Ägyptens Außenminis­ter Sameh Shoukry, Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte und Russlands Präsident Wladimir Putin im Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (Mitte).
FOTO: FILIPPO ATTILI/DPA Beratungen auf höchster Ebene (hinten, von links): Die Präsidente­n Ägyptens und Frankreich­s, Abdel Fattah al-Sisi und Emmanuel Macron, Ägyptens Außenminis­ter Sameh Shoukry, Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte und Russlands Präsident Wladimir Putin im Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (Mitte).

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