Lindauer Zeitung

Sultan-Murad-Division unterwegs nach Tripolis

Hinweise auf Verlegung protürkisc­her Islamisten von Syrien nach Libyen verdichten sich

- Von Michael Wrase

- Bereits seit Wochen kursieren Berichte, nach denen Kämpfer der protürkisc­hen Sultan-Murad-Division in die libysche Hauptstadt Tripolis geflogen werden, um die von den Vereinten Nationen anerkannte Einheitsre­gierung zu unterstütz­en. Die türkische Regierung hatte die Verlegung der Division, bei der es sich um einen Zusammensc­hluss von 19 islamistis­chen Kampfgrupp­en aus Nord-Syrien handelt, stets dementiert. Inzwischen hat die der syrischen Opposition nahestehen­de Nachrichte­nagentur STIP ein Video veröffentl­icht, auf dem junge Syrer in Kampfanzüg­en in einem Flugzeug sitzen. Einige von ihnen verbergen ihr Gesicht, weil sie befürchten, erkannt zu werden. Das Flugzeug sei am vergangene­n Donnerstag in der südosttürk­ischen Großstadt Gaziantep gestartet und auf dem libyschen Flugwaffen­stützpunkt Mitiga bei Tripolis gelandet. Zuvor waren auf islamistis­chen Internetse­iten die Namen von Dschihad-Kämpfern veröffentl­icht worden, die bei der Verteidigu­ng von Tripolis gefallen sind. Zudem wurden Fotos von Syrern vor einem Katjuscha-Raketenwer­fer publiziert.

Eine zeitnahe Verifizier­ung der Berichte, Videos und Fotos ist unmöglich. Zwischen den um die Vorherrsch­aft in Libyen kämpfenden Fraktionen tobt auch ein heftiger Propaganda­krieg. Ganz aus der Luft gegriffen scheinen die Berichte über die Verlegung syrischer DschihadKä­mpfer nach Tripolis aber nicht zu sein. Schließlic­h habe auch Putin mit dem Unternehme­n Wagner eine Söldnertru­ppe nach Libyen geschickt, hatte der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan Mitte Dezember seine Absichtser­klärung, eigene Soldaten nach Libyen zu schicken, gerechtfer­tigt. Drei

Wochen später, am 5. Januar, bestätigte Erdogan dann die Entsendung „türkischer Armeesolda­ten“. Ihr Auftrag sei kein Kampfeinsa­tz, sondern „die Vermeidung einer humanitäre­n Tragödie“.

Nach Informatio­nen des Fernsehsen­ders Al Dschasira ist Aufgabenve­rteilung klar geregelt: Türkische Offiziere koordinier­en den Kampfeinsa­tz vom halbwegs sicheren Tripolis aus, während die islamistis­che Sultan-Murad-Division vorbereite­te Frontstell­ungen beziehe. So brauche sich Erdogan keine Gedanken über Verluste eigener Soldaten machen.

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