Grüner Beton
CEO Jan Jenisch erklärt beim Rheintaler Wirtschaftsforum, wie sein Zementkonzern nachhaltiger werden soll
- Sie müssen sich jetzt warm anziehen, die Chefs der großen Konzerne. Denn die Klimabewegung Fridays for Future hat sie im Visier. Was das heißt, hat Joe Kaeser, Chef des Technologiekonzerns Siemens, in der vergangenen Woche eindrücklich erfahren. Mit massiven Protesten wandte sich Fridays for Future gegen das Vorhaben von Siemens, eine Zugsignalanlage für ein umstrittenes Kohleprojekt in Australien zu liefern. 2019 habe man sich auf die Politik konzentriert, „dieses Jahr wollen wir uns deutlich mehr auf wirtschaftliche Akteure fokussieren“, warnte die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer dann auch am Donnerstag im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten. Der Einfluss der grünen Lobby wächst. Die Unternehmen in Deutschland und darüber hinaus bekommen das zu spüren und ihre Chefs müssen reagieren.
Einer dieser Chefs ist Jan Jenisch. Seit 2017 leitet Jenisch den größten Zementhersteller der Welt – das Schweizer Unternehmen Lafarge Holcim aus Zug beschäftigt 75 000 Menschen, macht einen Jahresumsatz von rund 27 Milliarden Euro. Und: Es gehört zu den größten Treibhausgasverursachern an der Schweizer Börse. Lafarge Holcim emittiere mehr als viermal so viel CO2 wie die ganze Schweiz, schreibt die Schweizer „Handelszeitung“.
Jenisch macht dann auch keinen Hehl daraus, dass seine Firma das Thema Umwelt in den vergangenen Jahren zu wenig ernst genommen habe. „Wir müssen uns als Firma verändern, kritisch hinterfragen und unsere Aktivitäten beim Thema Nachhaltigkeit wesentlich beschleunigen“, sagte er beim Rheintaler Wirtschaftsforum am vergangenen Freitag. Zumal die Nachfrage nach Baustoffen angesichts des Bevölkerungswachstums immer mehr zunehme.
Jenisch ist mit seinem Vorhaben nicht allein. Immer mehr Unternehmen verpflichten sich dem Thema Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität. Ola Källenius beispielsweise kündigte gleich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als neuer Chef des Autobauers Daimler an, dass die Produktion der gesamten Pkw-Neuwagen-Flotte in Europa bis 2022 CO2-neutral sein solle. Volkmar Denner, Chef des Industriekonzerns Bosch, will bereits ab diesem Jahr die 400 Bosch-Standorte klimaneutral betreiben. Natürlich machen die Unternehmen dies auch aus Marketinggründen. Kritiker sehen in solchen Versprechen oftmals reines Greenwashing. Dennoch: Unterm Strich tut sich etwas.
Jan Jenisch von Lafarge Holcim gab beim Rheintaler Wirtschaftsforum Einblick, was genau sich in seinem Konzern tun soll. Seit 1990 habe man die CO2-Emissionen bereits um 25 Prozent reduziert, durch eine Modernisierung aller Produktionsanlagen weltweit. Ein Investitionspaket von 160 Millionen Franken (umgerechnet: 149 Millionen Euro) sei nun nochmals dafür vorgesehen, um die Werke in Europa weiter zu modernisieren und den CO2-Ausstoß in den nächsten zwei Jahren um weitere 15 Prozent zu senken, so Jenisch.
Im vergangenen Jahr habe der Konzern außerdem elf Millionen Tonnen Müll und Abfall verbrannt, und daraus Energie gewonnen. Gleichzeitig wolle man ausgestoßenes CO2 einfangen und in Treibstoff umwandeln. Lafarge Holcim habe auch einen neuen Zementtyp entwickelt, in den feingemahlenes Material von rückgebauten Bauwerken zu 20 Prozent einfließe. Es habe einige Zeit gebraucht, bis das Thema bei jedem im Konzern angekommen sei, sagte Jenisch. Aber nun solle Nachhaltigkeit nicht nur Bestandteil der Unternehmensstrategie sein, sondern erste Priorität haben. Dazu sei extra die
Position „Chief Sustainability Officer“, also eine Führungsposition für das Thema Nachhaltigkeit, geschaffen worden. „Nachhaltigkeit funktioniert nur mit neuen Innovationen“, ist sich Jenisch sicher. Dass er diese Sätze vergessen könnte, ist unwahrscheinlich. Schließlich hat sich die Fridays-for-Future-Bewegung vorgenommen, Unternehmen an das Thema Nachhaltigkeit zu erinnern. Und wenn sich in dieser Woche Manager und Politiker beim Weltwirtschaftsforum in Davos treffen,- werden sie nicht unter sich sein. Vertreter von Fridays for Future werden ebenfalls anreisen.